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Noch kein Golden Oldie - Dornier Do335 A-0

Revell/Monogram - 1:48

Die Do 335, wegen ihrer relativ weit hinten sitzenden Flügel auch „Pfeil“ oder „Ameisenbär“ genannt, zählt eindeutig zu den Ausnahmeentwicklungen der deutschen Luftfahrtindustrie während des zweiten Weltkrieges. Nicht nur ist sie mit 735 km/h eines der schnellsten Kolbenmotorflugzeuge aller Zeiten, sie ist auch eine Ausnahmeerscheinung in bezug auf die Tandemanordnung ihrer Propeller. Ihre Geschichte beginnt Ende der Dreißiger Jahre mit Versuchen an der Göppingen Gö-9, die im Auftrag Claude Dorniers von Ulrich Hutter, einem Segelflugzeugbauer, entwickelt wurde. Die kleine Maschine bewies die Machbarkeit eines Druckschraubenantriebes. Die Firma Dornier hatte außerdem bereits Erfahrungen mit wellengetriebenen Propellern bei den Do 18 und 26 Flugbooten. gesammelt.

Als 1943 endlich das Reichsluftfahrtministerium Interesse an dem revolutionären Entwurf zur Verwendung als Schnellbomber zeigte, entstand binnen neun Monaten der erste Prototyp, angetrieben von zwei DB 603 A, dem 13 weitere folgen sollten. Mit der V-5 wurde die geplante Bewaffnung von einer MK 103 (30mm) im Motor und zwei MG 151/15 in der Motorhaube getestet. Die V-14 wurde sogar noch mit zwei weiteren MK-103 in den Flügeln ausgerüstet und war damit die am schwersten bewaffnete Variante, die später als B-2 in Serie gehen sollte. Die V-9 stellte das Vorbild für die A-0 Serie dar. Als unbewaffneter Foto-Aufklärer sollte die A-4-Serie dienen. Die V-10 war die erste zweisitzige Variante, die später als A-6 Nachtjäger verwirklicht werden sollte. V-11 und V-12 waren die Prototypen für die ebenfalls zweisitzige Trainer-Variante A-10. Insgesamt wurden nur 38 Do 335 aller Baureihen einschließlich der Prototypen gebaut.

Obwohl die Nutzung als Bomber seit November 1944 nicht mehr geplant war, hatten alle Varianten bis auf die A-4 und die B-1 einen Bombenschacht. Weitere Merkmale der Konstruktion waren das Bugfahrwerk, der Druckluft-Schleudersitz und das im Fall eines Notausstieges samt Heckpropeller absprengbare Seitenleitwerk. Ob und wie viele Do 335 zum Fronteinsatz kamen ist umstritten, der französische Jagdflieger Pierre Closterman erwähnt jedenfalls eine Begegnung mit einem Ameisenbären.

Das Vorbild meines Modells war eine A-0 Vorserienmaschine, Werk-Nr. 240102, die im Mai 1945 in Oberpfaffenhofen von den Alliierten erbeutet wurde. Bei der Überführung nach Cherbourg flog diese den begleitenden P-51-Jägern mühelos davon und kam 45 Minuten eher als diese am Ziel an. Nach Restaurierung durch die Dornier-Werke wurde die „102“ bis 1989 im Deutschen Museum in München ausgestellt. Heute steht sie im National Air and Space Museum in Washington DC. Sie ist in RLM 81/83/76 gestrichen, was für 1945 durchaus zutreffen könnte, es gilt jedoch als sicher, dass Dornier diese Maschine noch mit dem alten Schema 70/71/76 versehen hatte.



Das Modell von Monogram hat rund 30 Jahre auf dem Buckel, und das sieht man ihm auch an: dunkelgrünes, relativ hartes Plastik mit sauberen erhabenen Oberflächendetails, einigem an Grat und Versatz, und schöne klare Kabinenteile. Highlights stellen die reliefartig dargestellten Motoren und die schönen Details im Cockpit und Bugradschacht sowie beweglich zu montierende Landeklappen dar. Man hat die Wahl, die ein- oder zweisitzige Variante zu bauen, für letztere liegen das zweite Cockpit, Antennen und der gewölbte Rumpfrücken als Extrateile bei. Da ich die A-0 „102“ bauen wollte, wanderten die Zusatzteile in die Grabbelkiste.

Das Instrumentenbrett versah ich mit Instrumenten-Rückseiten aus Rundmaterial-Abschnitten, in die 0,4 mm-Draht eingeklebt wurde. Damit die Kabinenhaube sitzt, muss oben am Sitz etwas Material entfernt werden. Um den Rumpfrücken gut mit den Rumpfhälften zu verbinden, habe ich Sheetstreifen verwendet. Im hinteren Bereich sollte man, was ich versäumt habe, etwas dunkle Pappe o.ä. in die Kühlerausgänge kleben, um den „Durchblick“ zu verhindern. Die Propellerachsen müssen nach guter alter Manier mit einem heißen Messer o.ä. abgeflacht werden, um einen sicheren Sitz der Propeller zu gewähren. Alternativ kann man sie natürlich auch festkleben. Im Bereich des Flügel-Rumpf-Überganges klaffen millimeterbreite Spalten, die mit Sheetmaterial und Spachtel verschlossen werden müssen. Die Klappen habe ich fixiert.

Die vordere Motorhaube habe ich verfeinert, indem ich den Ladereingang von innen aufgebohrt und eine Stützstange angebracht habe (Stahldraht 0,4 mm). Die Verschlüsse wurden aus Stahldraht und Ätzteilresten nachgebaut und zum Schluss mit einem Fineliner mit Details versehen. Auch die hintere Motorhaube erhielt Verschlüsse und eine Stütze. Der Kotflügel des Bugfahrwerkes wurde mit dem Proxxon ausgedünnt und mit zwei Streben aus Draht versehen. Beide Motorhauben und die Fahrwerksklappen des Bugfahrwerkes wurden zur sicheren Fixierung mit Drahtstiften versehen, die in entsprechende Bohrungen im Rumpf passen, die Motorhauben wurden zwecks schadensfreiem Transport nur angesteckt.



Zur Detaillierung des Landescheinwerfers wurde die Öffnung im Flügel zunächst mit Sheetmaterial verkleidet, dann wurden zwei Scheinwerfer aus Evergreen-Röhrchen-Abschnitten mit ausgestanzter Baremetal-Foil samt Trägerpapier beklebt, mit Klarlack versiegelt und eingesetzt. Das Scheinwerferglas wurde mit dem Bausatzteil als Master neu gezogen und mit verdünntem Weißleim eingeklebt. Die Positionsleuchten wurden ausgefeilt, Klarmaterial eingeklebt, passend zugeschliffen und poliert.



Die Bemalung fand wie immer mit Gunze Aequous Colours und Aibrush (Badger 150) statt: Innenräume mit RLM 66 (10 ml H32 mit 1 ml H12), die Motoren mit verschiedenen Grautönen (RLM 02/H70, RLM 22/H77, RLM 63/H308), die Unterseiten mit RLM 76 (H417), die Oberseiten mit RLM 70/71 (H65/64). Dabei ist zu beachten, dass die „102“ im hinteren Bereich ab Vorderkante der hinteren Motorhaube ein inverses Tarnschema hatte, d.h. RLM 70 und 71 waren vertauscht. (Vielleicht wurde hier der hintere Rumpf von einem anderen Zulieferer als der vordere verwendet oder es wurde nach einem Bruch ein Hinterrumpf von einer anderen Maschine angebaut??) Die Positionsleuchten wurden mit Tamiya X27 Clear Red (backbord) bzw. X25 Clear Green (steuerbord) eingefärbt. Nach dem Überzug des Modells mit H30 klar glänzend und einer Woche Trocknungszeit wurde ein leichtes Washing mit Plaka-Brühe graubraun plus etwas Auto-Scheibenreiniger durchgeführt und nach Anbringung der Markierungen alles mit Seidenmatt-Klarlack versiegelt (10 ml H20 mit 1 ml H30).



Die Decals sind ein weniger erfreuliches Kapitel dieses Bausatzes, die sind matt, dick und haben einen breiten Rand. Und es ist keine leichte Aufgabe, die gebrochen-weißen Buchstaben aus dem cremefarbenen Untergrund auszuschneiden, weil man kaum den Rand erkennen kann. Um die Decals zum Anliegen zu überreden, musste ich zu Daco Red Weichmacher greifen, alles andere wurde schlicht „ignoriert“.

Die Maße der Do 335 werden recht genau eingehalten, an der Länge fehlen etwa 3 mm, an der Spannweite etwa 2,5 mm, was den Gesamteindruck aber nicht stört. Insgesamt habe ich mehr Zeit in diesen Bausatz investiert, als ich eigentlich vorhatte, da es doch einiges zu korrigieren bzw. ergänzen gab. Mit dem Ergebnis bin ich aber recht zufrieden. Wenn auch vielleicht die Detaillierung nicht mehr dem Stand der Zeit entspricht, so erhält man dennoch eine überzeugende Nachbildung dieses beeindruckenden Flugzeugs.

Utz Schißau (Berlin)

Literatur:

  1. Nowarra,H. J., Do 335 Aero Publishers, 1966
  2. http://cip.physik.uni-wuerzburg.de/~vernalek/Do335.html
  3. http://www.nasm.si.edu/research/aero/aircraft/dornier_do335.htm
  4. http://www.waffenhq.net/flugzeuge/do335.htm