Das Original: Das X-Craft ist der wohl bekannteste Kleinst-U-Boot-Typ der Royal Navy. Die Entwicklungsarbeiten begannen bereits 1939, doch konnte die Einsatzerprobung erst im Herbst 1942 aufgenommen werden. Kurz darauf begann dann der Serienbau in drei getrennten Sektionen verteilt auf drei Werften. Die Endmontage fand bei Vickers-Armstrongs, die auch die Mittelsektion baute, statt.
Die Boote sollten bei Spezialunternehmungen eingesetzt werden können, in dem die vierköpfige Crew alles daran setzte, ihre beiden mit Zeitzündern versehenen 2032 kg schweren Minen, die wie seitliche Satteltanks außen am Boot befestigt waren, unbemerkt zum Ziel zu bringen und ebenso unbemerkt wieder zu verschwinden. Damit dies auch bei gut gesicherten Zielen, wie ankernden Kriegsschiffen und Schwimmdocks trotz ausgebrachter Netzsperren, gelingen konnte, war der vierte Mann an Bord ein Kampftaucher, der im Bedarfsfall durch eine Druckkammer unter Wasser aussteigen und solche Hindernisse aus dem Weg schaffen konnte.
20 Boote der X-Klasse wurden gebaut, von denen 12 für Einsatzzwecke vorgesehen waren. Sieben Boote gingen bei unterschiedlichen Einsätzen verloren, für die restlichen gab es nach Kriegsende keine Verwendung mehr, sodass sie bald ausser Dienst gestellt wurden. Die Weiterentwicklung des X-Craft wurde als XE-Craft bezeichnet und kam im Fermen Osten zum Einsatz.
Der bekannteste Einsatz der X-Crafts richtetet sich 1943 gegen die deutschen Großkampfsschiffe in Norwegen und führte trotz einiger Ausfälle und des Verlustes der beiden einzigen zum Zuge gekommenen Boote, X 6 und X 7, zu einem Erfolg, denn die mit vier Grundminen attackierte Tirpitz wurde so schwer beschädigt, dass sie für 6 Monate ausfiel. Eher unbekannt ist die Beteiligung von X-Crafts an der Invasion in der Normandie, wo X20 und X23 als "fahrende Fahrwassertonnen" der Flotte den Weg wiesen.
technische Daten: | |
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Länge: | 15,62 m |
Breite (ohne Minen): | 1,75 m |
Verdrängung, getaucht: | 30 t |
aufgetaucht: | 27 t |
Tiefgang: | 1,60 m |
Tauchtiefe: | 91,5 m |
Antrieb: | 1 x 42 PS Dieselmotor, 1 x 30 PS Elektromotor |
Geschwindigkeit: | 6,5 kn über Wasser, 5,5 kn unter Wasser |
Reichweite: | 1400 Seemeilen aufgetaucht, 82 sm getaucht |
Bewaffnung: | 2 x 2032 kg Amatex-Grundminen mit Zeitzünder |
Besatzung: | 4 Mann |
Das Modell: Eigentlich wollte Italeri schon 2013 einen Bausatz des X-Craft im Panzermaßstab 1:35, sogar mit Interieur, herausbringen, aber dieses Projekt schlief sang und klanglos ein. Nun schloss Merit die entstandene Erwartungslücke mit ihrem eigenen X-Craft-Bausatz, der allerdings kein Interieur aufweist. All zu viel zu bauen gibt es daher auch nicht, hätte Merit nicht noch hier und da kleine Hürden eingebaut, doch dazu später mehr.
Der Rumpf besteht wie üblich aus zwei Hälften, allerdings ist das Deck bereits Teil der Backbordrumpfhälfte, was ich so auch noch nicht gesehen haben. Dies ist eine positive Innovation, denn man hat nicht nur weniger zu kleben, sondern muss auch das Deck grossartig nicht einpassen.
Die Bauteile weisen diverse versenkte "Löcher" auf, die beim Vorbild natürlich der Entlüftung der darunter liegenden Hohlräume dienten. Man sollte sich daher die nicht allzu große Mühe machen und die "Löcher" aufbohren. Sieht sicher besser aus. Auch unten am Bug befinden sich solche "Löcher". Diese sind aber eher oval, was natürlich mit der Entformbarkeit der Rumpfhälften zu tun hat. Hier ist es mit dem Bohren alleine nicht getan. Am besten füllt man die ovalen Löcher erst mit Sekundenkleber und bohrt sie dann neu.
Dies gilt auch für die Flossen der Kreuzruderanlage und deren Ruderblätter. Auch gibt es einiges zu bohren, wenn man denn möchte. Ich empfehle hierbei auch an den Innenseiten im Bereich der Bohrungen Material abzutragen. War ja schliesslich nur Blech und kein Panzerstahl. Darüber hinaus ist der Rumpf aber schnell gebaut. Ein paar Kleinteile hier und da, die Steuerstangen an die Ruder, die Ausfahr- bzw. Hochklappgeräte oben drauf und das wäre es fast schon, hätte Merit nicht noch ein paar Überraschungen eingebaut. So muss man sich mit dem Periskop befassen, denn was hat sich Merit bloß dabei gedacht? Das Bauteil sieht aus wie ein dicker Zahnstocher! Irgendwie ist bei der Bausatzentwicklung der Periskopkopf auf der Stecke geblieben. Mal sehen , wem das auffällt und wer da "gedrehte" Abhilfe schafft.
Ach ja, für die Ausfahrgeräte gibt es die Option diese auch eingefahren darzustellen.
Fehlen noch die Waffen des X-Craft. Die beiden seitlich am Rumpf aufgehängten 2032 kg Grundminen. Diese schmiegen sich ja geradezu an die Rumpfseiten an und wurden nach dem Einstellen der Zeitzünder abgeworfen, indem man im Rumpf an Rädern dreht und somit die Haltestreben löst.
Bei Merit müsste man gar nicht erst drehen, da die Streben gar keine Verbindung zum Rumpf und den Halteschrauben haben (Abb. 1)! Da hat irgendjemand so gar nicht nachgedacht. Das Problem lässt sich aber leicht beheben. Man muss nur die an den Minen anzuklebenden Halterungen so mit Rundmaterial verlängern, dass sie an die Schrauben in ihren Aussparungen heranreichen (Abb. 2) und diese dort ebenfalls festkleben. Wie genau das aussehen muss, ist nicht so eindeutig. In jedem Fall müssen auch an diesen Enden Halteklauen ergänzt werden. Dafür liefert Merit immerhin die Vorlage.
Der Bemalungsvorschlag ist recht simpel. 'Medium Gun Ship Grey' über alles und Gold für den Propeller und die Schäfte der Ausfahrgeräte. Na ja.
Meines Wissens waren die Propeller aus Stahl und nicht aus Gelbmetall und die Schäfte der Ausfahrgeräte waren sicher aus poliertem Stahl und selbst mit Ölschicht eher silbrig. Die Hauptaufgabe wird es aber sein, den monotonen, grauen Anstrich lebendig zu gestallten.
Der kleine Decalbogen liefert je ein White Ensign, flach ausgelegt und vom Wind bewegt. Leider gibt es keinen Flaggenmast, an dem man die Flagge befestigen könnte! Nun ja, ist jetzt auch keine große Hürde. Muss man halt mal wieder selber ran. Fotos im Internet zeigen einem wo der Mast hingehört.
Fazit: Das X-craft von Merit ist eine hochwillkommene Ergänzung zu Bausätzen wie dem Biber von Italeri oder dem Seehund von Bronco. Die Qualität der Bauteile ist gut und die aufgezählten Makos leicht zu beheben.
Die überschaubare Teilezahl verspricht einen flotten Baufortschritt selbst wenn man noch hier und da Verfeinerungen vornimmt.
Olaf Krabbenhöft, Hamburg (Oktober 2015)