Vorbild: Die Petljakow Pe-2 ist ein sowjetisches Mehrzweckflugzeug aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Der Ganzmetalltiefdecker besaß ein Doppelleitwerk, um dem Beobachter freies Schussfeld nach hinten zu ermöglichen, und ein einziehbares Heckspornfahrwerk. Die Kabine war nicht druckbelüftet. Von den Besatzungen erhielt das Flugzeug den inoffiziellen Namen „Peschka“, russisch für den Bauern im Schachspiel.
Wladimir Petljakow führte diesen Entwurf in Gefangenschaft im Konstruktionsbüro KB-29 aus, wohin er nach seiner Verhaftung im Zuge des Großen Terrors gebracht worden war. Das Flugzeug basiert auf dem Entwurf eines schweren, zweisitzigen Langstrecken- und Höhenjägers mit der Projektbezeichnung „Samoljot 100“ von 1938. Während der Projektierung des auch als WI-100 bezeichneten Typs erging 1940 die Forderung, das Modell zum dreisitzigen Höhenbomber umzuarbeiten, was kurz darauf nochmals zum Sturzbomber mit der Bezeichnung PB-100 umgeändert wurde. Hauptmerkmale im Gegensatz zur WI-100 waren die geänderte Kanzel und die verglaste Unterseite des Rumpfbugs.
Am 22. Dezember 1939 führte Pjotr Stefanowski den Erstflug durch. Die Produktion lief im Januar 1941 in den Moskauer Flugzeugwerken Nr. 22 und Nr. 39 an. Im September selben Jahres verfügten die sowjetischen Luftstreitkräfte bereits über 462 Pe-2, deren Zahl bis zum Jahresende trotz der Fabrikverlegungen nach Kasan und Irkutsk um weitere 1405 Exemplare vergrößert werden konnte. Insgesamt wurden 11.426 Maschinen hergestellt.
Mit dem Beginn des deutschen Angriffes auf die Sowjetunion stand die Pe-2 im Kriegseinsatz. Haupteinsatzaufgabe war die Unterstützung der Bodentruppen. Von deutschen Truppen erbeutete Pe-2 wurden von der Luftwaffe in Rechlin erprobt und als eine der modernsten sowjetischen Konstruktionen anerkannt. Auch die finnische Luftwaffe erhielt erbeutete Pe-2 und setzte sie im Kampf ein. Die robuste Zelle ließ es zu, dass die Maschine als Sturzkampfbomber verwendet werden konnte. Sie wurde ab 1944 zunehmend durch die Tupolew Tu-2 verdrängt. Die Pe-2 wurde auch in der Tschechoslowakei als B-32, in Polen sowie in Jugoslawien eingesetzt.
Das Muster wurde während des Serienbaus ständig modernisiert und als Aufklärer, Schlachtflugzeug, leichter Bomber und Nachtjäger eingesetzt. Nach Petljakows Tod im Januar 1942 übernahm zunächst A. I. Putilow, ab Juni 1943 dann Wladimir Mjassischtschew die Produktionsleitung und entwickelte weitere Versionen sowie auf der Pe-2 basierende Weiterentwicklungen. So entstand eine große Zahl von Varianten (etwa 20) sowie auch einige grundlegend vom Urmuster abweichende Weiterentwicklungen, die zum Teil erst nach dem Zweiten Weltkrieg den Truppendienst erreichten. Mit der Pe-2 wurden am 24. Juli 1947 durch Gawril Kondraschew erstmals in der Sowjetunion Versuche mit einem Katapultsitz durchgeführt. Noch 1949 waren Pe-2 als Übungsflugzeuge für die Schulung im Instrumentenflug in der Sowjetischen Besatzungszone im Einsatz.
Bausatz: Der neueste Spross der kleinen aber feinen 1/48er Reihe von Zvezda ist die Pe-2. Bisher gab es bereits Modelle von MPM und HiPM, die jedoch beide in Kleinserien-Technonogien erstellt wurden, mit entsprechenden Nachteilen für Baubarkeit und Produktgüte. Zvezdas Peschka kommt im stabilen Faltkarton mit zusätzlichem farbig bedrucktem Deckel daher. Das ist schon mal sehr modellbauerfreundlich und erlaubt den Bau in mehreren Phasen, d.h. man kann auch mal Alles in den Karton zurückpacken ohne gleich Teileverlust oder Bruch befürchten zu müssen. Die Spritzlinge sind in Tüten verpackt und so vor gegenseitiger Beschädigung geschützt. Diese sind allerdings nicht durchsichtig klar wie von den meisten Bausätzen gewohnt, sondern milchig-halbdurchsichtig, dafür aber auch nicht so „hart“ (ich hatte z.B. schon Klarteile mit stumpfen Stellen durch Reibung an der Folie).
Doch kommen wir zu den inneren Werten. Zvezda hat hier gegenüber den Vorgängerbausätzen noch einmal deutlich zugelegt. Die äußeren matten Oberflächen haben feine Nietreihen und versenkte Gravuren. Hier muss man schon aufpassen nicht alles mit den Lackschichten zuzukleistern. Auch innen kann der russische Bausatz punkten. Eine Vielzahl von fein gestalteten Teilen hilft bei der Detaillierung vom Cockpit bis zum Heck.Der linke Motor kann ohne Motorhauben gebaut werden und ist ebenfalls schön detailliert.
Grundsätzlich sieht Zvezda zwei Bauoptionen vor: im Flug (eingezogenes Fahrwerk) und im Stand. Doch es gibt auch viele kleine weitere Optionen. Höhen und Seitenruder sowie die Querruder liegen separat bei und können ausgelenkt dargestellt werden. Die Sturzflugbremsen nicht. Die Vorderkantensegmente der Außenflügel liegen als je ein Teil bei.
Nach meiner Ansicht hatte die Pe-2 keine Vorflügel, daher ist dies wohl nur eine Maßnahme zur Optimierung der Spritzgussformen (Stichwort Angüsse). Übrigens kann auch der Bombenschacht offen oder geschlossen dargestellt werden. Eine entsprechende Bewaffnung liegt bei, wie auch Bomben und Halterungen für die Flügelwurzel. Außerdem liegt eine dreiköpfige Besatzung bei, die recht ansprechend modelliert ist.
Die Klarteile gaben schon Anlass zu Kritik. Diese ließen sich nicht mit Future beschichten. Nach meiner Meinung ist dies auch nicht zwingen nötig. Das Problem liegt aber vielleicht auch nur daran, dass diese nicht gründlich gereinigt wurden. Auf meinen scheint ein leichter Fettfilm zu sein. Diesen sollte man mit lauwarmer Seifenlauge entfernen.
Die Bauanleitung ist recht gut gestaltet. Leider gibt es hier und da einen Bauschritt der etwas überfrachtet ist. Der Modellbauer sollte sich also frühzeitig entscheiden welche Optionen er wie bauen möchte. Noch spannender wird es bei Verwendung von Zubehörsätzen...
Schlussendlich bietet der Bausatz drei Bemalungsoptionen. Die Tarnschemen zu diesen werden durchaus kontrovers diskutiert. Mir liegen einfach nicht genug Vorbildfotos und -informationen vor, um in diese Diskussion einzusteigen. Mir scheinen die angebotenen Varianten aber durchaus plausibel.
Die Abziehbilder sind typisch Zvezda und somit eigentlich ganz gut. In der Vergangenheit hatte ich aber ab und zu Probleme bei der Verarbeitung… eigene Fehler sind da aber nicht ausgeschlossen.
Fazit: Ein weiterer toller Bausatz aus Russland, welches noch dazu recht erschwinglich ist. Bereits aus dem Kasten lässt ein erstklassiges Modell erstellen, wie die Bilder von Jean-Lucs Pe-2 unten zeigen (ein Baubericht dazu ist in Tamiya Mag France erschienen). Sehr empfehlenswert!
Steffen Arndt, Barsinghausen (Februar 2016)