Vorbild: Das Original in Form eines Lebenslaufs vollständig zu beschreiben würde bei der langen Lebensdauer dieses Schiffes den Rahmen einer Bausatzvorstellung sprengen, darum spare ich mir dies. Daher nur ein paar Eckdaten:
Bausatz: Leben wir nicht in "herrlichen" Modellbauzeiten? Was kommen da nicht für interessante Schiffe als Bausatz auf den Markt und nun auch noch eine "Schleswig Holstein"! Der Bausatz war ja schon länger angekündigt und anfänglich war immer von einem Modell im Bauzustand 1910 die Rede gewesen. Das änderte sich dann aber und nun haben wir ein Modell der "Schleswig-Holstein" im Zustand von 1935. Dabei wird es aber bestimmt nicht bleiben. Die Frage, die ich mir aber sofort stellte, lautete: "Was soll bitte schön eine Version 1935 ???" Das ist im Grunde eine "in-between" Version, oder besser gesagt eine "Westerplatte" Version, bloß ohne leichte Flak. Was soll das?
Der Rumpf ist hälftig geteilt erstellt worden. Eigentlich die optimale Wahl, wenn man Außenhautdetails wie Plattengänge, Wasserabweiser über den Bullaugen etc. darstellen möchte, doch leider Fehlanzeige! Die Rumpfhälften sind beinahe glatt wie ein "Babypopo". Allerdings gibt es die Darstellungen von Leitersprossen. Es ginge also, wenn man will, dennoch müssen wir die Wasserabweiser über den Bullaugen nun selber machen, was nicht so leicht geht, oder aber einfach damit leben, dass unser Modell in dieser Hinsicht etwas zu kurz gekommen ist. Wie für den auf der Schachtel angegebenen Zeitraum korrekt dargestellt fehlen am Bug die vier seitlichen Schwalbennester. Diese waren im Zuge des Umbaus von 1935 weggefallen. Lediglich die zwei Achterschwalbennester behielt man damals bei und die findet man auch am Modell. Die Hälften werden nach inzwischen bewährter Manier mit fünf Querspannten verbunden, was zu einer sehr stabilen Verbindung führt. Die Schlingerkiele, hälftig geteilte Wellenhosen, das Ruder, sowie ein Ätzteil, das die Mündungsklappe eines 1935 schon lange nicht mehr vorhandenen Bugtorpedorohrs darstellt, müssen am Unterwasserschiff noch montiert werden.
Das einteilige Hauptdeck wird zusammen mit den 15 cm Kasemattgeschützen eingebaut. Es ist sehr fein detailliert und weist diverse Aussparungen für die Doppelpoller etc. auf. Vor der Montage müssen noch einige vorgegebene Löcher gebohrt werden, aber das ist schnell erledigt.
Das Hauptbauteil der Aufbauten ist mittels gleitender Formen erstellt und weist feine Formnähte auf die aber schnell entfernt sind und auch entfernt werden sollten da sie, unter Farbe, sicher deutlich zu Tage treten werden. Auch hier fehlen leider die Wasserabweiser über den Bullaugen. Das dazugehörige Deck ist ebenso wie das Hauptdeck fein detailliert und verfügt über anmodellierte Bootsstützen, die ja sonst auch gerne mal mit Ätzteilen dargestellt werden, wie zum Beispiel bei der "Seydlitz" von Hobby Boss. Was jedoch fehlt, sind Schienen für den kleinen Wagen, mit dem die Zünder der Flakgranaten eingestellt wurden. Dieser kleine Wagen sollte natürlich immer hinter dem Verschluss stehen, war recht schwer und musste daher auf Schienen geführt werden. Diese waren daher ringförmig um die 8,8 cm Flakgeschütze angeordnet. Im Fall der "SX" enden die Schienen"ringe" jeweils an der Deckskante.
Fotoätzteile sind übrigens reichlich vorhanden. Natürlich Relings, Niedergänge, Stützen für Plattformen, Handläufe auf den Kranarmen, Antennen und, und, und. Aftermarket-Hersteller würden sicher noch die Bootsstützen etc. anbieten, aber ich finde, dass Trumpeter hier schon beinahe alles bietet, was man "in Ätz" haben möchte. Wirklich vermisse ich nur die Deckel für die Bullaugen an den Aufbauten, die man auf den vielen guten Fotos des Schiffes immer sehen kann. Hier muss dann wirklich der "Aftermarket" ran!
Die Bewaffnung entspricht dem auf der Schachtel angegeben Zeitraum. Die leichte Flak-Bewaffnung, die man teilweise auch in den Filmaufnahmen vom Beschuss der Danziger Westerplatte erkennen kann, war 1935 noch nicht an Bord. Sie kam erst im Januar 1936 und fehlt daher auch in diesem Bausatz. Es wird also mit allergrößter Wahrscheinlichkeit einen weiteren, dritten Bausatz geben, denn ich bin sicher, dass Trumpeter sich den Umsatz mit der Version der "SX", die mit Ihren Schüssen auf die Westerplatte den Zweiten Weltkrieg einläutete, nicht entgehen lassen wird. Die Mündungen der 28 cm Rohre sind dank gleitender Formen offen dargestellt. Die Mündungen der Mittelartillerie weisen immerhin wie eine kleine Vertiefung auf, sodass man hier leicht einen Minibohrer ansetzen kann um die Mündung aufzubohren. Sicher wird es aus Messing oder Alu gedreht Rohre geben, die in jedem Fall besser aussehen als die Plastikteile.
Die Türme sind ebenfalls sehr fein detailliert, besonders die Nieten auf den Turmdächern fallen sehr positiv auf.
Die Beiboot-Flottille ist ansprechend detailliert. Die Motorbarkasse, die Motorpinassen, sowie das kleine, offene Motorboot sind zweiteilig ausgeführt. Ein paar Ätzteile sollten hier sicher noch einiges mehr herausholen können. Anders als beispielsweise bei der "Seydlitz" von Hobby Boss, sind die Kutter einteilig ausgeführt. Es gibt also keine separaten Bauteile mit den Querduchten. Ein bisschen schade, finde ich.
Bemalung: Der Abziehbilderbogen umfasst beinahe alles, was man braucht. Erfreulicherweise gibt es die Wappenschilde für den Bug nicht nur als Ätzteil, sondern eben auch als farbiges Decal. Mit entsprechend viel Weichmacher müsste das auf dem Ätzteil ganz gut aussehen. Was auf Fotos der "Sophie-X" oftmals zu sehen ist, sind die Namensplaketten der beiden Türme. Der vordere Turm hieß "Pommern", der achtern "Scheer". Ein Decal dafür wäre natürlich begrüßenswert gewesen. Schade! Es fehlen leider auch die Tiefgangsskalen. Nochmal Schade!
Fazit: Trumpeters "Schleswig-Holstein" bietet viel Modellbauspaß, wenn man sich nicht weiter um die Frage "Warum eine Version 1935?", oder die genannten "Problemzonen" schert. Will man ein korrekteres Modell bauen, hat man jedoch einiges zu tun und manches davon wäre vermeidbar gewesen. Empfehlenswert.
Zu beziehen ist dieser Bausatz im gut sortierten Fachhandel oder für Händler bei glow2b.
Olaf Krabbenhöft, Hamburg (April 2019)