Vorbild: Die Schleswig-Holstein war eines der wenigen Schiffe, das unter drei Flaggen in beiden Weltkriegen im Einsatz war. Traurige Berühmtheit erlangte sie durch den Beschuss der Westerplatte vor Danzig am 1. September 1939, welcher damit den Beginn des zweiten Weltkrieges kennzeichnet. Das Linienschiff lief 1906 als letztes von fünf Schiffen der Deutschland-Klasse vom Stapel und war eigentlich schon veraltet, da zur selben Zeit die sogenannte Dreadnought-Klasse von den Briten gebaut wurde. 1908 wurde sie dem II. Geschwader zugeteilt und in Kiel stationiert. Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs nahm die S.M.S. Schleswig-Holstein an mehreren Einsätzen teil, aber erst in der Skagerrakschlacht kam es zur ersten richtigen Feindberührung. Hier erhielt sie einen Treffer, und fiel aufgrund ihrer schwächeren Bewaffnung und Geschwindigkeit aus dem Hauptgefecht ein wenig zurück. Nach der Schlacht setzte man das Schiff nur noch für Sicherungsaufgaben ein, und baute nach und nach die schwere Artillerie aus. Im Mai 1917 wurde das Schiff außer Dienst gestellt, und diente bis zum Ende des Krieges als Wohnschiff für die 5. U-Boot-Flottille. Die Schleswig-Holstein musste nicht an die Siegermächte übergeben werden. Nach der Modernisierung wurde sie 1926 als Flottenflaggschiff in der neu geschaffenen Reichsmarine der Weimarer Republik in Dienst gestellt. 1933 wurde sie der deutschen Kriegsmarine zugeteilt, behielt aber ihren Status als Flottenflaggschiff. Nach dem unrühmlichen Überfall auf Polen nahm sie noch im Rahmen des Unternehmens Weserübung am Angriff auf Dänemark teil, bevor sie 1941 nur noch als Schulschiff diente. 1944 wurde sie für weitere Umbauten nach Gotenhafen verlegt und am 18. Dezember 1944 bei einem Bombenangriff so schwer beschädigt, das sie zum Teil versank. 1946 hob die sowjetische Marine das Schiff schleppten es nach Reval wo es als Zielschiff Borodino bis 1966 diente. Reste des Schiffs liegen immer noch vor der Insel Odinsholm.
Bausatz: Trumpeter liefert mit der Schleswig-Holstein (Baustand 1935) einen interessanten Bausatz eines Kriegsschiffes, das eine bewegte Geschichte hatte. Noch dieses Jahr kommt dieses Schiff auch als Variante von 1908 auf den Markt. Lassen wir uns also überraschen. Der Stülpkarton beinhaltet 16 Plastikbeutel mit 13 Spritzlingen und diversen Einzelteilen. Also über 470 Teile. Des Weiteren finden sich die Bauanleitung mit einem extra Farbblatt, Decals, eine Ankerkette sowie sechs Ätzteilplatinen im Karton. Die Plastikteile sind sauber gespritzt und weisen lediglich an später nicht sichtbaren Stellen Auswerfermarken auf.
Der Rumpf besteht aus zwei Hälften, welche beim Zusammenkleben zusätzlich mit einigen Querschotten stabilisiert werden. Dies ist bei einer Rumpflänge von 36,7cm durchaus sinnvoll (für sogenannte Nietenzähler. Der Rumpf ist 3mm zu lang). Leider ist der Rumpf sehr einfach gehalten. So fehlen z.B. Plattenstöße die man selber nachgravieren sollte, wenn man nicht einen völlig glatten Rumpf haben will. Auch die einzeln zusammenzusetzenden Wellenhosen werden wahrscheinlich zu einigen Spachtel- und Schleifarbeiten führen. Da der Rumpf als Vollrumpf ausgeführt ist (was Trumpeter anscheinend zurzeit wieder favorisiert), werden Waterline-Bauer sicher fluchen, ist doch heftiges Sägen angesagt. Dafür liegt auch ein Ständer bei.
Die restlichen Plastikteile sind recht gut detailliert, wie zum Beispiel die Rohre der SK 28, welche Mündungsbohrungen haben. Auch bei den vierzehn SK17 sind die Bohrungen zumindest als kleine Vertiefungen angedeutet.
Was leider überhaupt nicht gefällt sind die Beiboote. Hier hat man es sich wieder mal zu einfach gemacht. Die Sitzbänke sind fest an den Rumpf gespritzt. Das geht auch anders. Da wird man wohl oder übel tätig werden müssen.
Ein, zumindest für mich, Novum ist der Zusammenbau der Mittelinsel mit seinen vielen Aufbauten. Dieser Teil wird komplett separat gebaut, und am Ende auf das Deck geklebt. Ob das gut geht wage ich zu bezweifeln. Einmal nicht aufgepasst beim Ausrichten auf dem Deck, und Bruch ist vorprogrammiert.
Die mitgelieferten Ätzteile aus Messing decken eigentlich alles ab, was man zum weiteren Detaillieren benötigt, es sei den man will noch mehr in die Vollen gehen.
Bauanleitung/ Bemalung: Nun zur Bauanleitung. Auf 20 Schwarz/Weiß Seiten wird in 18 Schritten der Bau gezeigt. Leider gibt es keine Farbangaben für die einzelnen Teile, so dass man auf das zusätzliche DIN A3 Blatt angewiesen ist. Schade eigentlich. Die verwendeten Farben beziehen sich auf Mr. Hobby, Acrysion, Vallejo, Modelmaster, Tamiya und Humbrol. Die Decals sind sauber gedruckt und für die Deutsche Kriegsmarine ausgelegt.
Fazit: Bis auf einige Schwächen ein schöner Bausatz, der auch von nicht ganz so erfahrenen Modelbauern gemeistert werden kann (dann allerdings ist viel Geduld, und besondere Beachtung der Bauanleitung unabdingbar). Auf jeden Fall empfehlenswert für alle, die auch mal etwas außergewöhnliche Kriegsschiffe bauen wollen.
Zu beziehen ist dieser Bausatz im gut sortierten Fachhandel oder für Händler bei glow2b.
Jürgen Bellenbaum, Dallgow-Döberitz (Juni 2019)
Literatur:
Willi Schultz Linienschiff Schleswig-Holstein Koehler-Verlag |