Vorbild: Das Aufkommen der T-34- und KW-Panzer im Ostfeldzug 1941, zeigte den deutschen Streitkräften schnell auf, dass die Entwicklung besser gepanzerter und bewaffneter Panzer in den letzten Jahren stark vernachlässigt wurde. Um diesem Problem schnellstmöglich Herr zu werden, entschloss man sich Pak und Flak mit größeren Kalibern auf verfügbaren, tragfähigen Wannen mobil zu machen. Hierzu kamen in großer Stückzahl erbeutete Fahrzeuge und an der Front ausgediente Panzerwannen ohne die zu kleinen Türme in Frage, also vor allem Lorraine-Schlepper und die Panzerkampfwagen I, II und 38 (t).
Die auf Pz.Kpfw. II basierenden Panzerjäger wurden Marder II genannt. Es gab zwei verschiedene Versionen: die früheren, noch recht provisorischen Sd.Kfz. 132 mit russischen Beutekanonen 7,62 cm Pak 36 auf Wannen der Ausf. D und E sowie die späteren Sd.Kfz. 131 mit 7,5 cm Pak 40/2 auf Wannen der Ausf. F, vereinzelt auch C oder früherer. Die Panzerung betrug maximal 30 mm und der Aufbau blieb offen. Somit waren die Fahrzeuge sehr anfällig gegenüber Beschuss und Splitterwirkung. Die Sd.Kfz. 131 waren dazu noch sehr hoch, weswegen sie sehr auffällig im Gelände und schlecht zu tarnen waren. Vorteilhaft war hingegen die hohe Mobilität in Kombination mit einer starken Waffe, die selbst schwere sowjetische Panzer durchschlagen konnte.
Die Selbstfahrlafetten wurden zur Unterstützung der Panzertruppe eingesetzt und bewährten sich trotz ihrer Schwächen recht gut. Mit der Einstellung der Produktion der Pz.Kpfw. II-Wannen wurden diese Fahrzeuge allmählich aus der Nutzung genommen, wobei bis zum Kriegsende vereinzelt noch Marder II zum Einsatz kamen.
Quellen:
Motorbuch - Militärfahrzeuge Band 2 - Die Panzer-Kampfwagen I und II und ihre Abarten
de.Wikipedia.org (Artikel: Marder II)
Bausatz: Special Armour gibt es offen auf der eigenen Homepage zu: dieser Marder II-Bausatz ist keine Neuheit, denn es handelt sich um den 2011 erschienenen Bausatz vom schweizer Hersteller MK 72 (Modellbau Kuonen). Dieser wurde im Jahr darauf von der ModellFan als Modell des Jahres in der Kategorie "Militär-Kfz 1:72 und kleiner" prämiert, was für seine gute Qualität spricht. Leider ist die Firma MK 72 seit einigen Jahren nicht mehr aktiv und so ist es umso erfreulicher, dass dieser gelungene Bausatz nun von Special Armour wieder aufgelegt wird.
Im typischen Faltkarton mit einem neuen Cover sind zwei Spritzgussrahmen, die Decals und Bauanleitung enthalten. Die 83 Bauteile sind aus sandgelbem Plastik gespritzt. Der Guss ist sauber und weist keine Fischhäute und kaum Sinkstellen auf. Auswerfermarken sind überwiegend an nicht oder schwer sichtbaren Stellen, ein paar Nacharbeiten sind aber leider doch erforderlich. Die Detaillierung ist für diesen Maßstab gut und vor allem deutlich ausgeprägt. So sind die etwa die Trittbleche stärker hervorgehoben, um sie nach dem Bemalen noch gut zu erkennen.
Die Wanne wird aus mehreren Teilen zusammengebaut. Die Blattfedern sind bereits an den Wannenseiten angegossen, was einem den Bau erleichtert. Aufgrund der angesprochenen Auswerfermarken muss man hier beim Versäubern aber besonders auspassen. Die Laufwerksteile und insbesondere die Ketten sind maßstabsbedingt etwas breiter gespritzt, überzeugen aber trotzdem durch ihre Detaillierung. Die langen Kettensegmente sind so konstruiert, dass sie an Sollbruchstellen gebogen werden und auch etwas Überlänge aufweisen, um den Kettendurchhang zu ermöglichen.
Die Wannenoberseite und Aufbau sind ebenfalls gut gelungen. Die Transportsicherung der Kanone kann angebracht oder abgeklappt dargestellt werden. Die Kanone besteht leider aus zwei Teilen, um die Mündungsbremse hohl darzustellen. Wer es hier einfacher haben möchte, findet auf dem Zubehörmarkt auch ein gedrehtes Metallrohr. Der Schild der Pak und die Seitenwände sind spritzgussbedingt zu dick und benötigen etwas Nacharbeit mit den Auswerfermarken. Ich empfehle, diese Teile an den Kanten vorsichtig dünner zu schleifen, um den Eindruck dünner Wände zu erhalten. Die restlichen Teile wissen hingegen zu gefallen. Die meisten Werkzeuge werden nachträglich angeklebt, wodurch sie plastischer wirken und weggelassen oder anders positioniert werden können, was bei einer Bemalungsvariante sogar notwendig ist. Bemerkenswert ist auch der Auspufftopf mit bereits angegossenem Schutzgitter, welches für Plastik sehr plastisch wirkt. Wem diese Lösung trotzdem nicht gefallen sollte, kann sich z.B. den Hauler Ätzteilbogen kaufen, an dem das Gitter, aber auch Scharniere, Funkgerät und Schmutzabweiser/Trittbleche vorhanden sind.
Soweit zu den bekannten Teilen. Von Special Armour wurden die Bauanleitung und Decals neu erstellt. Die Anleitung ist übersichtlich und farblich gestaltet. Auf Optionen und kleinere Details wird genauer eingegangen. Die insgesamt drei Bemalungsoptionen sind ebenfalls neu, wobei das beliebte Fahrzeug "Kohlenklau" von Unteroffizier Helmut Kohlke, welches auf Originalbildern gut belegt ist, beibehalten wurde. MK 72 sah hier braune Punkte vor, Special Armour interpretiert sie als grüne Punkte. Alle im Bausatz enthaltenen Fahrzeuge besaßen zwei größere Kisten neben dem Erker und/oder auf dem Heck. Solche bietet Special Armour mitsamt 4 Helmen als extra Resinset an. Die Decals selber wurden von Eduard sauber und versatzfrei gedruckt.
Bemalungsvarianten:
Fazit: Der Bausatz wird zwar bald 10 Jahre alt, ist aber weiterhin auf der Höhe der Zeit. Es handelt sich in 1:72 immer noch um den besten Marder II. Daher ist es sehr erfreulich, dass Special Armour diesen Bausatz wieder anbietet.
Aufgrund der übersichtlichen Teileanzahl ist er auch für weniger erfahrene Modellbauer geeignet. Das Preis-/Leistungsverhältnis bei ~15 € ist daher sehr gut. Zu erhalten ist der Bausatz direkt über Special Hobby oder beim gut sortierten Modellbaufachhändler.
Philip Koch, Godern (November 2020)