Das Vorbild: Neben den damaligen westlichen Herstellern BAC in Großbritannien und SUD Aviation in Frankreich, die mit der Concorde ein Überschallflugzeug projektierten und den Papierfliegern von Lockheed und Boeing aus den USA zum gleichen Thema, befasste sich auch die damalige UdSSR mit einem Passagierflugzeug mit Überschallgeschwindigkeit.
Alexei Andrejewitsch Tupolew wurde wegen seiner Erfahrung mit Passagierflugzeugen und militärischen Überschallflugzeugen 1963 mit dieser Aufgabe betraut. Sicherlich in Konkurrenz zu den westlichen Projekten sollte es vor allem schnell gehen. Erfahrungen aus dem Tu-22-Programm standen zur Verfügung. Ab 1965 wurden dann drei Prototypen gebaut. Das Flugzeug mit der Kennung CCCP-68001 hob dann am 31.Dezember 1968 zum Erstflug ab. Knapp zwei Monate vor der Concorde.
Ab 1969 wurden dann ein Vorserienflugzeug und 15 Exemplare gebaut. Das letzte wurde allerdings nie fertig gestellt. Trotz aller Rekorde, erstes Passierflugzeug für Überschall, doppelte Schallgeschwindigkeit, erste Passagierflüge in dieser Geschwindigkeit (26.Mai 1976) – die Tu-144 wurde immer wieder überarbeitet, wurde letztlich fast schon ein kompletter Neuentwurf im Vergleich zum Prototyp.
Tatsächlich gab es auf der Route Moskau – Alma Ata von 1975 bis 1978 so etwas wie einen regelmäßigen Linieneinsatz, der aber nie an den regulären Einsatz der Concorde zwischen Paris bzw. London nach New York gleichkam. Gerüchten zufolge saß das gesamte Politbüro im Kreml zusammen und hielt die Luft an, bis sie über die erfolgreiche Landung informiert wurden.
Bis zum Unfall 1978, als die verbesserte Tu-144D abstürzte. Nach dem Prestigeabsturz während der Luftfahrtschau in Le Bourget 1973 mit der ersten Serien-Tu-144 ein weiterer Unfall. Danach wurden die Linienflüge eingestellt, letztlich wurde die Tu-144 ganz aufgeben.
Einen letzten glanzvollen Auftritt hatte eine für die NASA modifizierte Tu-144D, jetzt Tu-144LL, von 1995 bis 1998, als sie als Versuchsträger für zukünftige Luftfahrttechnik Verwendung fand. Viele Tu-144 wurden verschrottet, an Museen (wie Sinsheim in Deutschland) abgegeben oder sogar eingelagert.
Übrigens: Auch die Serien-Concorde unterschied sich am Ende etwas von ihren Prototypen, wenn auch nicht so gravierend wie bei der Tu-144. In den USA ist außer einem 1:1 Holzmodel von der B2707 und vielen bunten Bildern nichts übrig geblieben von der Überschallidee. Kommerziell wurden die Großraumflugzeuge die Gewinner im Luftverkehr. Da hatten dann die USA mit B747, L1011 und DC-10 klar die Nase vorn. Überschall brachte technisches Know-How, das später im Falle der Concorde dem Airbus den Erfolg brachte, aber keine vollen Kassen für die Concorde.
Kurze Modellgeschichte: Ein Modell von der Tu-144, im Maßstab 1/144, neben dem der Concorde im Regal – lange ein unerfüllter Traum. Schon früh brachte der VEB Plasticard aus der DDR eine Tu-144 im Maßstab 1/100 auf den Markt. Leider jedoch der Prototyp, der eine gänzlich unterschiedliche Struktur zur Serienvariante hatte.
Nitto aus Japan entwickelte ebenfalls ein Modell im Maßstab 1/132, aber eben auch den Prototyp. Academy kam dann mit der Passagier Tu-144 im Maßstab 1/350 raus, süß! Mitte der 2000er traute sich dann BRAZ Models an eine Resin-Ausgabe des Riesen im Maßstab 1/144. Die üblichen Resinprobleme und ein satter Preis verhinderten den großen Markterfolg.
Dann war es endlich soweit: ICM aus der Ukraine traute sich, warf sich in CAD-Schale und brachte in den Jahren 2011/2012 die Tu-144S und Tu-144D im Maßstab 1/144 auf den Markt. Revell vertreibt nun diesen Bausatz von ICM mit ordentlich gedruckten Decals und einem sehr moderatem Preis.
Bausatz: Die Teile sind super strukturiert, mit feinen, versenkten Gravuren versehen und sauber gespritzt. Es sind sehr viele Teile, umfangreiches Trockenanpassen mit Klebestreifen halte ich für unausweichlich.
Da ich die Tu-144 von ICM schon gebaut habe, weiß ich, dass die Passgenauigkeit sehr gut ist. Bis auf, zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht, die Unterseite der Tragfläche. Die Vorderkante ist mit der kompletten Wölbung nach unten an die Oberseite gegossen Die Unterseite soll eingepasst werden. Es entsteht eine sehr unsaubere Fuge auf ebener Fläche. Unterfüttern hilft. Bis auf diese Stelle passt alles super zusammen. Lässt sich, wenn man begriffen hat wie, sehr gut montieren.
Die Nase und die Entenflügel kann man wahlweise geklappt oder anliegend basteln, Fahrwerk ein- oder ausgefahren.
Uwe Damaschek, Berlin (Dezember 2013)