Vorbild: Der mittlere M4 Sherman ist der wohl bekannteste US-Panzer des Zweiten Weltkrieges und mit fast 50.000 Exemplaren der am häufigsten gebaute Panzer in den USA. Namensgeber war der General William Tecumseh Sherman, der im Sezessionskrieg auf Seiten der Nordstaaten kämpfte. Zuerst wurde der Panzer 1942 in Nordafrika eingesetzt. Seine Werte in Bewaffnung, Panzerung und Mobilität waren zwar nur durchschnittlich, jedoch konnte er schnell in Masse produziert und leicht instandgesetzt werden. Da er im Rahmen des Lend-Lease-Programms auch im Commonwealth, der Sowjetunion und anderen Staaten reichlich zum Einsatz kam, war er in der zweiten Kriegshälfte an allen damaligen Hauptfronten anzutreffen. Gegen die deutschen Panzer war er ab 1943 deutlich unterlegen und konnte diesen Nachteil oft nur durch Masse und unter hohen Verlusten wett machen. Im Pazifik hingegen war er den technisch weniger weit entwickelten japanischen Panzern überlegen, was ihn in Kombination mit seinem Gewicht von 30-38 Tonnen zu einem geeigneten Panzer für die dortigen amphibischen Operationen machte.
Vom Sherman gab es diverse Ausführungen verschiedenster Hersteller, was zu vielen Detailunterschieden führte. Der M4A1 besaß eine Wanne und einen Turm aus Gussstahl, ausgestattet mit einer 75 mm Kanone. Aus technischer Sicht ähnelte er noch sehr der Ausführung A4, inklusive seiner Schwächen - besonders der Brandempfindlichkeit der Munition bei einem Treffer. Von Februar 1942 bis Dezember 1943 wurden über 6200 Exemplare produziert. Ab Januar 1944 kam dann ein neuer Turm zum Einsatz. Dieser verfügte über Wassertanks, um entzündete Munition einfacher zu löschen. Die Kanone wurde gegen eine 76 mm M1A1 ersetzt. Später kamen die M1A1C und M1A2 mit Mündungsbremsen hinzu. Auch an der Wanne und Laufwerk wurden Änderungen vorgenommen. So kamen u. a. eine horizontale Federung (HVSS) und weitere Ketten zum Einsatz. Bis Dezember 1944 wurden 2171 Exemplare gebaut. Im Januar 1945 erfolgte die Umstellung auf HVSS mit 1255 Exemplaren bis Juli 1945.
Quellen:
Sherman - A History of the American Medium Tank von R. P. Hunnicutt, Presidio Press
Wikipedia.org EN (Artikel: M4 Sherman)
Bausatz: Revell bringt in 1/72 diesen optisch sehr ansprechenden Sherman-Bausatz heraus. Beim genaueren Hinsehen stellt man jedoch fest, dass es sich - entgegen der Deklarierung auf dem Bausatz - um keine Neuheit, sondern den 1994 erstmals unter Matchbox erschienenen Sherman handelt, den Revell alle paar Jahre mit neuen Decals auflegt. Doch zu diesen später mehr.
Der ausreichend stabile Faltkarton im neueren Revell-Design weist ein sehr schönes Deckelbild mit einem von Deutschen erbeuteten M4A1 auf. Bei dem Bausatz handelt es sich korrekterweise um einen M4A1(76)W, also eine spätere Ausführung. Auf drei olivgrüne Spritzlinge verteilt befinden sich 86 Teile. Hinzu kommen Bauanleitung und Decals. Die Abspritzung ist sauber und weist nur vereinzelt Fischhäute oder Unsauberkeiten der älteren Gussformen auf. Die Auswerfermarken befinden sich überwiegend auf den nichtsichtbaren Innenseiten, mit Ausnahme der Ketten. Die Detaillierung entspricht dem Stand der 90er Jahre: im Grunde solide, vereinzelt sind aber starke Vereinfachungen oder klobige Bauteile vorhanden.
Revell beginnt wie üblich mit der Wanne, welche aus mehreren Teilen zusammengeklebt wird. Es wird schon früh darauf hingewiesen, dass je nach Bemalungsvariante ein gelbbrauner oder dunkelgrüner Farbton verwendet werden sollte, um rechtzeitig später schwer erreichbare Stellen einzufärben. Die Laufrollenwagen sind vereinfacht dargestellt, werden aber später teilweise verdeckt. Auffälliger sind hingegen die recht groß geratenen Lauf- und Leitrollen. Immerhin sind sie durchbrochen. Die zweiteilige Wartungsluke am Wannenheck scheint ein Merkmal früherer M4A1 zu sein, an M4A1(76)W sieht das Heck anders aus. Als charakteristisches Merkmal der letzteren Ausführung sind die Kettenblenden und langen Schmutzabweiser an Front und Heck vorhanden. Beim Befestigen der Kettenblenden an den Abweisern bleibt ein auffälliger Spalt übrig, der gründlich verspachtelt werden sollte. Die Kette scheint eine T-48 zu sein. Da die Auswerfermarken hier an den Innenseiten direkt zwischen den Führungszähnen liegen, müssen diese aufwendig verspachtelt und geschliffen werden, wenn man ein sauberes Resultat erzielen möchte.
Die Wannenoberseite gibt die runde Form der Gusswanne an der Front recht gut wieder, an den Seiten wirken sie mir aber noch etwas zu scharfkantig. Eine Gussstruktur ist nicht vorhanden, kann aber leicht mit Plastikkleber und einem Borstenpinsel erzielt werden. Die Fahrer- und Funkerluke können theoretisch geöffnet dargestellt werden, jedoch fehlen sämtliche Details an den Innenseiten. Scheinwerfer und BugMG sind stark vereinfacht. Erste sind zu klein, letzteres zu dick. Wer sich die Mühe machen möchte, kann diese aufbohren oder durch Teile anderer Bausätze ersetzen. Die weiteren Details an Front und Top Deck wie etwa Abschleppösen, Scheinwerferabdeckungen oder Werkzeuge fehlen leider gänzlich. Hier empfiehlt sich ein zusätzlicher Ätzteilbogen in Kombination mit Draht oder gezogenem Gussast.
Der Turm bietet ebenfalls die Möglichkeit, die Kommandanten- und Ladeschützenluke zu öffnen. Letztere muss dafür aber erst sauber zerteilt werden. Die Munitionsluke an der Turmseite bleibt dagegen verschlossen. Die Kanone weist eine viel zu breite Aufdickung an der Mündung auf, was ebenfalls für das ansonsten schwach detaillierte schwere MG gilt. In beiden Fällen rate ich zu Ersatzteilen vom Zubehörmarkt. Die Turmform selber weicht leider vom Original ab. Insbesondere die Frontpartie ist zu sehr in Richtung der Kanonenblende geneigt. Auch hier fehlen die Zurrösen und Gussstruktur.
Die Bauanleitung ist farbig gehalten und führt in 13 Schritten zum fertig gebauten Modell. Alle Schritte sind klar nachvollziehbar und weisen, wie bereits erwähnt, rechtzeitig auf die späteren Bemalungsvarianten hin.
Davon bietet Revell leider nur zwei an, welche in der Anleitung in Farbe abgebildet sind. Deklariert sind sie als:
Die Decals hierfür sind Revell-typisch sauber und versatzlos gedruckt.
Das erste Fahrzeug wurde durch die I./Pz.Rgt. 5, laut der Seite Beutepanzer.ru in Tunesien 1943, für das Waffenprüfamt erbeutet. Für mich sieht es so aus, als seien es zwei unterschiedliche Sherman, die so einen Schriftzug tragen: man beachte die unterschiedlichen Markierungen an den Türmen und Wannenseiten. Der deutsche Schriftzug liegt nur für eine Seite als Decal bei. Eine Hakenkreuzflagge hat Revell natürlich nicht beigelegt. In beiden Fällen handelt es sich aber um M4A1 mit dem frühen Turm und frühen Laufwerken (Kettentyp T-41, keine Kettenblenden und Schmutzabweiser am Heck sowie kurze, angewinkelte Abweiser oberhalb der Triebräder).
Das zweite Fahrzeug mit dem Spitznamen "Duke" ist immerhin ein M4A1(76)W mit T-48-Kette, besitzt aber ebenfalls keine Kettenblenden und nur die kurzen Schutzabweiser an der Front sowie keine Aufdickung an der Mündung des Rohres. Verglichen mit dem Original ist der Schriftzug Duke deutlich zu groß geraten und die Sterne am Turm dürften nicht existieren. Die Markierung an Front und Heck sind falsch. Es handelt sich um einen Panzer der 2. US.-Panzerdivision. Zudem fehlt das Zubehör am Heck nebst Markierungen.
Fazit: Wieder einmal bietet Revell einen Klassiker unter dem Prädikat "new" an. Dass dies lediglich den neu gestalteten Karton bezeichnet, ist leider nirgends ersichtlich und kann in Verbindung mit dem Bild eines M4A1 schnell zu Verwechslungen beim Käufer führen! Das Alter und die Fehler des Plastikbausatzes lassen sich hingegen nicht mehr verschleiern. Wer einen historisch korrekten M3A4(76)W bauen möchte, muss hier viel Arbeit und Geld investieren, um höheren Ansprüchen genüge zu werden. Immerhin ist er der einzige mir bekannte Bausatz mit Kettenblenden und langen Schmutzabweisern. Zudem bietet der Zubehörmarkt viele Nachrüstsätze in Form von Ätzteilen, Rohren, Kanone, etc. Die neuen Decals mit dem deutschen Schriftzug sind sehr attraktiv. Da es sich aber um eine andere Ausführung handelt, würde ich diesen mit einem anderen Bausatz kombinieren und den Revell-Bausatz einfach so bauen.
Der Schwierigkeitsgrad wird mittlerweile mit Level 4 ausgewiesen. Ich habe den Bausatz mit 13 gebaut und hatte damals keine Probleme. Aufgrund der niedrigen Anzahl an Bauteilen schätze ich ihn eher als Level 3 ein. Anfänger, die schon 1-2 Panzer gebaut haben, können sich hieran also bedenkenlos wagen.
Erhältlich ist der Sherman für etwa 12-15 € beim Spielwaren- oder Modellbaufachhändler.
Philip Koch, Godern (Mai 2021)