Hawker Tempest Mk. V

Revell 03851 - 1/32

Vorbild: Die Hawker Tempest war ein britisches Kampfflugzeug des Zweiten Weltkrieges. In niedrigen und mittleren Höhen war es eines der schnellsten propellergetriebenen Jagdflugzeuge des Krieges. Die Tempest war eine Weiterentwicklung der Hawker Typhoon. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit und Feuerkraft wurde sie vor allem gegen die deutsche Messerschmitt Me 262 und die V1 eingesetzt. Einer der berühmtesten alliierten Jagdflieger, der Franzose Pierre Closterman, erzielte einen Großteil seiner Erfolge mit diesem Modell. Den mit der Tempest ausgerüsteten Einheiten gelang der Abschuss von mindestens 20 deutschen Düsenjägern vom Typ Me 262 und mindestens einer Heinkel 162. Außerdem zerstörten sie fast 700 fliegende Bomben vom Typ V1, die auf London und andere alliierte Ziele abgeschossen worden waren. Sidney Camm, der Chefkonstrukteur von Hawker, verwarf bald die Bemühungen zur Verbesserung der Hawker Typhoon und ging an einen neuen Entwurf, der im Oktober 1941 fertig war. Dieser trug zuerst noch den Namen Typhoon Mk. II, wurde aber im Januar 1942 umbenannt, da im Zuge der Weiterentwicklung ein stark verändertes Flugzeug entstanden war. Die wichtigsten Neuerungen waren elliptische Tragflächen geringer Dicke.

Der Prototyp absolvierte am 2. September 1942 seinen Jungfernflug. Die RAF orderte sogleich 400 Tempest Mk. I, die mit dem Sabre-IV-Triebwerk ausgerüstet werden sollten. Da die Auslieferung sich aber immer wieder verzögerte - das erste Triebwerk wurde am 24. Februar 1943 ausgeliefert, die Serienfertigung hätte erst Mitte 1944 beginnen können - entschloss Camm sich, die Serienfertigung mit dem Sabre IIb anlaufen zu lassen. Dieser Typ erhielt den Namen Tempest Mk. V und wurde ab dem 21. Juni 1943 in Serie gefertigt. Die Serienfertigung der Tempest Mk. I wurde nie wieder angegangen. Es blieb bei nur einer gebauten Mk. I, die mit 750 km/h deutlich schneller war als die Mk. V. Parallel dazu sollte die Tempest Mk. II gefertigt werden. Sie besaß einen Motor Bristol Centaurus IV. Dieser hatte zwar mit 2000 PS eine geringere Leistung, war aber zuverlässiger und einfacher zu warten.

Ein Auftrag über 500 Stück wurde im September 1942 erteilt. Die Firma Hawker hatte jedoch keine Kapazitäten mehr frei. So wurde die Bestellung an die Gloster Aeroplane Company weitergereicht, bald aber storniert, da Gloster die Meteor zu entwickeln hatte. Die Fertigung wurde schließlich von der Bristol Aeroplane Company übernommen, die jedoch erst am 4. Oktober 1944 die erste Maschine auslieferte. Daher nahm die Mk. II nicht mehr an Kampfhandlungen teil, die Produktion ging nach Kriegsende zurück an Hawker. Die Mk.II wurde u. a. bei Staffeln der British Air Force of Occupation im besetzten Deutschland geflogen. Die für den Kriegseinsatz weitaus wichtigste Version war die Mk. V. Sie etablierte sich ab Sommer 1944 zum leistungsfähigsten alliierten Jäger und Jagdbomber in mittleren und niedrigen Höhen. Insgesamt wurden 1395 Tempest gebaut. (nach Wiki)

Bausatz: Hier handelt es sich um eine von Revells typischen Wiederauflagen eines Kits eines anderen Herstellers, diesmal von Special Hobby von 2016. Um eine "große" Tempest zu bauen konnte man, wenn man nicht den Vaku-Kit von ID Modells verwenden wollte, ab 2013 auf Pacific Coasts Mixed-Media-Kit zurückgreifen. Ab 2016 erlöste Special Hobby die Fans mit einem Voll-Spritzguss-Kit. Der Zubehör-Markt hat sofort reagiert und von CMK und Barracuda erschien viel Resin in Form von Rädern, Cockpit-Zubehör und sogar eine Pilotenfigur. Natürlich gibt es auch Fotogeätztes z.B. von Eduard und Masken von Montex und Eduard, so dass man sich beim Aufhübschen richtig austoben kann.

Revells Kit erscheint in der gewohnten großen, etwas wabbeligen Schüttbox, das Deckelbild zeigt Roland Beamont nach dem Abschuss eines Me 109G Kanonenbootes, auf der Rückseite findet man eine magere sehr kurze Vorbildgeschichte. Der Kit ist Level 5 zugeordnet, der für "komplexe Bausätze für erfahrene Modellbauer" reserviert ist und "fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten" voraussetzt.

Etwas spartanisch in nur einer großen wiederverschließbaren Tüte verpackt, finden sich an sieben grauen und einem klaren Spritzrahmen 255 graue und 16 klare Teile. Die Klarteile sind glücklicherweise noch einmal in einer kleinen extra Tüte verpackt, um sie vor Schrammen zu schützen. Die Gießrahmen sind relativ dünn und die Angusszapfen schmal. Der Guss ist sauber, fast ohne Grat, die Auswerfermarkierungen sind an unauffälligen Stellen platziert. Dort, wo stärkere Strukturen auf der Rückseite nachgebildet sind, finden sich leichte Sinkstellen, die aber so dezent sind, dass man sie auch als Stressed Skin "verkaufen" kann. Die Oberflächen-Details bestehen aus sehr fein versenkten Gravuren und Myriaden von versenkten Nieten und Schraubverschlüssen sowie erhabenen Details. Das Ganze erscheint ein wenig wie eine gedopte Eduard-Tempest, obwohl diese natürlich erst später erschienen ist.

Der Bau beginnt wie zu erwarten mit dem Cockpit, dessen bereits strukturierte Seitenwände durch separate Gitterrohrrahmen belebt werden. Der Cockpitboden ist erfreulicherweise offen, der Sitz setzt sich aus sieben Teilen zusammen. Alle großen Cockpit-Elemente werden mit Heerscharen von kleinen Details "besät", was einerseits viel Arbeit bedeutet, aber auch die Bemalung erleichtert und sicher zur plastischen Wirkung des Endproduktes beiträgt. Trotzdem ist das Ganze hoffnungslos over-engeneered. Allein der Zusammenbau des Cockpits zieht sich über 24 der Baustufen hin. Für das Instrumentenbrett und für die Sitzgurte stehen wie erwähnt Decals bereit (aber auch der Zubehörmarkt!).

Weiter geht es mit der Rumpfnase. Eine Motornachbildung gibt es leider nicht, was bei einem Modell dieser Größe sicher nicht übertrieben gewesen wäre. Damit die Auspuffrohre am Ende montiert werden können, klebt man zunächst zwei Leisten von innen an die Cowlinghälften (sehr gut!). Der Kühler ist wieder ein Modell für sich und verbraucht allein 17 Teile, die im Laufe von 10 Baustufen verarbeitet werden!

Die Wände der Fahrwerksschächte bestehen pro Seite aus sechs Teilen, die durch insgesamt 13 Kleinteile weiter verfeinert werden. Das Fahrwerk ist wiederum ziemlich over-engeneered mit zahlreichen kleinen und kleinsten Teilen, die es alle vom Gießast zu trennen, zu versäubern und korrekt zu befestigen gilt. Dafür entschädigen einen die Fahrwerksklappen mit einem feinen Relief und ebenso feinen Gravuren. Für die beiden Decalvarianten liegen frühe große bzw. späte kleine Räder bei, beide abgeplattet, die zwar aus zwei Teilen bestehen, aber wegen der glatten Lauffläche problemlos versäubert werden können. Trotzdem sollte man vielleicht besser in Räder aus Resin investieren. Das Spornrad hat einen eigenen Schacht und bietet ebenfalls wieder viel Anlass zum Gebrauch von Lupenbrille und feinen Pinzetten.

Da die Tragflächenteile auch für Tempest II und VI herhalten müssen, gilt es die Öffnungen für die in den Flügelwurzeln untergebrachten Lüftereinläufe mit Einsätzen zu kaschieren. Während die Querruder und Landeklappen leider nicht getrennt dargestellt werden können, so hat der Kit wenigstens für Seiten- und Höhenleitwerk separate Klappen aufzuweisen.

Als Außenlasten haben wir zwei Zusatztanks an den für die Tempest typischen Trägern aus klarem Plexiglas und zwei Bomben, deren Leitwerke recht grazil gestaltet sind. Der Propeller setzt sich aus einer Spinnerrückplatte, vier einzelnen Blättern und dem Spinner zusammen. Die Auspuffrohre sind zweiteilig und dadurch am Ende hohl dargestellt. Das ist lobenswert, führt aber erfahrungsgemäß zu Versäuberungsorgien, da meist nicht alles so passt wie gewünscht.

Den Abschluss des Baus stellt die Montage der Haube dar, deren hinterer Teil ohne kleben beweglich einzuklicken sein soll. Damit kann man dann die ganze Mühe beim Bau des Cockpits wenigstens auch vorzeigen.

Bauanleitung/ Bemalung: Den Kit rundet eine Bauanleitung im neuen Revellstil ab, die in Farbe und auf Hochglanzpapier auf 32 Seiten Zusammenbau und Dekoration des Modells darlegt. Sie beginnt mit einem Teileplan und führt über 74 Baustufen zum fertigen Modell. Den Abschluss bilden farbige Vierseitenrisse für die leider nur zwei vorhandenen Bemalungsvarianten.

Der knapp A5-große Decalbogen ist "Printed in Italy" was man wohl als gutes Zeichen werten darf (Anm.: Das "C" hinter der Produktnummer steht dann in der Regel für Cartograf, "z" für Zanchetti.). Er ist sauber und randscharf in Hochglanz gedruckt und enthält neben Hoheitssymbolen und persönlichen Abzeichen auch die Wingwalks, die Anschnallgurte und Bänder für die Zusatztanks. Für das Instrumentenbrett gibt es recht überzeugend aussehende Instrumente teils in Gruppen und teils einzeln gedruckt. Für die Beamont-Maschine gibt es die Verstärkungsbleche für den hinteren Rumpf ebenfalls als Decals, was ich wenig glaubwürdig finde. Erfreulich sind andererseits die reichlich vorhandenen Wartungshinweise. Die Farbangaben sind wie immer nur für Revells eigenes Sortiment und erfordern wieder das Anmischen einzelner Töne.

Fazit: Nach einer langen Dürreperiode werden nunmehr Tempests in verschiedensten Maßstäben in die Verkaufsregale geweht. Dies ist ein schöner Bausatz mit einem gerüttelt Maß an Overengeneering. Ich hätte gern eine Motornachbildung gesehen, wie es schon einmal die alten 32er Revells hatten und separate Querruder und Landeklappen wären auch nicht zu verachten gewesen. So ein großes Modell ist erfahrungsgemäß nicht frei von Problemen mit der Passform und dies kombiniert mit der großen Zahl kleiner und kleinster Teile lassen dies einen Kit für Modellbauer mit etwas Erfahrung sein. Schade, dass es nur zwei Decalvarianten gibt, aber der Aftermarket schafft sicher Abhilfe. Insgesamt: Empfehlenswert!

Zu beziehen ist dieser Bausatz im gut sortierten Fachhandel, bei Revell direkt.

Utz Schißau (Berlin, Oktober 2020)

Literatur: