Vorbild: Der Pz.Kpfw. IV wurde während des 2. Weltkrieges aufgrund der leistungsfähigen Wanne immer wieder in neue Rollen gebracht und somit erheblich weiterentwickelt. Am 31.12.1942 teilte das Heereswaffenamt der Firma Krupp mit, dass die Wanne des Panzer IV zum besseren Schutz abgeschrägte Panzerplatten erhalten solle. Das daraus resultierende Gewicht machte breitere Ketten notwendig, um den Bodendruck zu mindern. Dadurch wurde das Gewicht nochmals erhöht, was zu erheblichen Problemen an der Wanne führte. Da am 17.02.1943 von Adolf Hitler gefordert wurde, dass die Produktionsrate des Panzer IV bis Oktober '43 verdoppelt werden sollte, musste die Industrie Kompromisse in Kauf nehmen. Die geplante Abschrägung der Wanne entfiel somit.
Da die Deutsche Luftwaffe 1943 die Lufthoheit endgültig verloren hatte und die Landstreitkräfte regelmäßig von Jagdbombern und Zerstörern angegriffen wurden, wurde ein vollgeschützter Flakpanzer immer notwendiger. Die bisherigen Konstruktionen waren meist nur improvisiert, mit zu schwachen Kanonen ausgestattet und an mindestens einer Seite offen. Die Idee war, einen U-Bootturm mit 3 cm Zwillingskanonen auf einer leicht modifizierten Pz.Kpfw. IV-Wanne zu installieren. Diese Variante wurde Anfang 1944 verworfen, da die Anforderungen an U-Boots- und Flakpanzertürme zu unterschiedlich sind. Im Mai wurde ein neuer Entwurf veröffentlicht: zum Einsatz kamen nun zwei 3 cm Maschinenkanonen 103/38 als Zwillingswaffe in einem kugelförmigen Turm. Bei den Deutschen Röhrenwerken, Skoda Königgrätz, Krupp, D.E.W. und später auch Ostbau wurde der Leichte Flakpanzer IV "Kugelblitz" wiederholt in Auftrag gegeben, jedoch wurden bis Kriegsende nur, je nach Quelle, zwei bis sechs Fahrzeuge fertig gestellt, von denen eines am 01.04.1945 im Thüringer Wald bei Spichra noch zum Einsatz kam und beschädigt wurde.
Quellen:
Panzer Tracts No. 20-1 Paper Panzers
Panzer Tracts No. 12-1 Flakpanzerkampfwagen IV
Wikipedia, Artikel Flakpanzer IV
Chronik der Gemeinde Mihla
Bausatz: OKB Grigorov hat eine Reihe von Panzerprojekten und Panzertürmen in 1:72 realisiert. Hierzu gehören auch der Pz.Kpfw. IV mit abgeschrägter Panzerung sowie der Kugelblitzturm. Obwohl die Wanne so nie gebaut wurde, lag der Schluss nahe, auch diese Kombination anzubieten.
In dem stabilen Faltkarton befinden sich sicher verpackt 93 graue Resin- und 30 Metallteile sowie die Bauanleitungen für Turm und Wanne. Die Resinteile überzeugen durch ihre scharfen, deutlichen Details und weisen keine Blasen auf. Fischhäute sind einige vorhanden, die sich aber leicht entfernen lassen. Längere, schmale Teile sind teilweise verzogen, was sich aber in einem heißen Wasserbad korrigieren lässt.
Der Turm wird auch als einzelner Bausatz unter der Artikelnummer B72008 angeboten. Er ist gut wiedergegeben und bleibt nach dem Befestigen beweglich. Leider sind die Luken geschlossen. Im Falle der Maschinenkanonen rate ich dazu, die Rohre durch Metallstäbe zu ersetzen, die Mündungsbremsen hingegen sind sehr fein wiedergegeben.
Die Wanne mit den Merkmalen der Ausführung J wurde wie beim originalen Kugelblitz an den Turm angepasst: der Drehkranz ist größer, ohne Ableitbleche und die Fahrer-/Funkerluken wurden versetzt. Die filigranen Details wissen hier gut zu gefallen, so etwa das BugMG oder der Antennensockel. Die Luken können offen dargestellt werden. Knifflig wird das Anbringen der Trittbleche aus Fotoätzteilen. Dafür sind diese maßstabsgetreu dünn und Beschädigungen lassen sich leichter darstellen.
Im Fahrwerksbereich werden die meisten Teile benötigt, da hier wirklich alles detailgetreu wiedergegeben ist. Selbst die zehn Endanschläge der Federung bestehen aus je einem zu faltenden Ätzteil und einem plastischen Resinteil. Die Ketten sind für OKB typisch: extrem fein gegossen.
Die Bauanleitung ist zweiteilig und erklärt den Turm sowie Teile der Wanne. Hier sollte man vorher genau nachgucken, was wohin gehört. Eine Bemalungsanleitung und Decals sind nicht enthalten, sind aber bei einem fiktiven Fahrzeug der späten Kriegsmonate auch nicht notwendig.
Fazit: Dieser Kugelblitz ist eine interessante Variante zum real eingesetzten Flakpanzer. OKB Grigorov hat hier einen gut durchdachten Bausatz herausgebracht, der in puncto Detaillierung in 1:72 kaum noch verbessert werden kann. Aufgrund der zahlreichen Resin- und Ätzteile ist der Bausatz ausschließlich für erfahrene Modellbauer geeignet.
Der Preis ist mit 40 € ziemlich hoch, aber berechtigt. Zu erhalten ist der Bausatz direkt über OKB Grigorov oder beim gut sortierten Modellbaufachhändler.
Philip Koch, Godern (Oktober 2020)