Vorbild: Das Schlachtflugzeug Halberstadt Cl.IV wurde von Karl Theis, dem Chefkonstrukteur der Halberstädter Flugzeugwerke, entworfen. Die Konstruktion sollte das sehr erfolgreiche taktische Kampfflugzeug Halberstadt. Cl.II ersetzen. Theis hatte persönlich die Einsatzerfahrungen von Cl.II Besatzungen eingeholt und in den Entwurf einfließen lassen. Die Entwurfsarbeiten begannen im Winter 1917/18.
Grundsätzlich basierte die Entwicklung auf der Halberstadt Cl.II: Der Konstrukteur änderte die Form des Rumpfes, kürzte und verstärkte ihn und sorgte für eine Stromlinienform und eine Vergrößerung des Besatzungsraums. Auch das Heck und das Leitwerk wurden überarbeitet, wodurch das Flugzeug manövrierfähiger wurde. Die Flügel blieben jedoch unverändert, allerdings wurde das Mittelstück vereinfacht und dessen Gewicht verringert. Aufgrund der Erfahrungen mit der Halberstadt Cl.IV und CL.II wurde die Halberstadt CLS I (1799/18) entworfen, um die leichten Cl-Typen zu ersetzen.
Die Halberstadt CL.VI erreichte die Frontschleusen im Frühsommer 1918. Bis Ende des Krieges waren 18 Schlachtstaffeln ganz oder teilweise mit dem Typ ausgestattet. Von 1300 bestellten Flugzeugen wurden etwa 840 gebaut. Davon waren 7 Produktionslose bei Halberstadt und zwei Lose bei LFG Roland (ca. 250) entstanden. Die bei Roland produzierten Maschinen hatten ein um 40cm verlängertes Heck, um den Horizontalflug zu stabilisieren. Der kurze Rumpf führte zu Vibrationen die das Zielen stark erschwerten. Leider war die Produktionsqualität bei Roland nur mäßig, weshalb die Änderungen nicht in die Gesamtserie einflossen. (Quelle: Bauanleitung)
Bausatz: Nach einigen Halberstadt CL.II Editionen war es folgerichtig, dass Mirage dem Vorbild folgte und eine Cl.IV herausgebracht hat. Der Bausatz enthält neben dem bereits bekannten Flügelspritzling und mehreren Gießrahmen für die Kleinteile einen komplett neuen Rahmen mit den Teilen für die Halberstadt Cl.IV. Im Bausatz gibt es auch einen kleinen Bogen mit Fotoätzteilen, die für Gurte, MG-Kühlmäntel und einige Details Verwendung finden. Ein Acetatfilm ist für die Instrumentierung und den Windschutz beigefügt.
Die Plastikteile sehen sehr gut aus, und der neue Spritzling ist nochmal besser als die Cl.II Rahmen. ABER da ich eine Cl.II seit geraumer Zeit im Bau habe, kann ich versichern, dass dies kein Wochenendprojekt ist. Wer Angst von Feilen, Skalpellen und Spachtelmasse hat, sollte lieber eine Tamiya 109 bauen.
Das Hauptmanko sind die recht dicken und sehr dicht an den Teilen sitzenden Angüsse. Hier sollte man zur PE-Säge (oder Rasierklingensäge) greifen. Danach muss man fast jedes Teil versäubern und die in das Teil ragenden Angüsse wegschnitzen. Andererseits ist der Modellbauer, der sich für WK1-Flugzeuge interessiert ohnehin leidensfähig - ich sag nur Verspannung-, so dass die vorgenannten Probleme sicherlich nur wenige abschrecken.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Karaya bereits vor ein paar Jahren eine Halberstadt Cl.IV in beiden Versionen herausgebracht hat. Obwohl ich den Bausatz bei erscheinen recht gut fand, muss ich im Vergleich sagen, dass der Mirage Kit deutlich weniger "Shortrun" ist als der Bausatz der polnischen Kollegen. Sehr gut sind allerdings der Resinmotor und die fotogeätzten und vorgelöteten MG-Kühlmäntel. Ich sehe da ein Kitbashing auf mich zukommen, zumal es mir eine Bemalungsvariante aus dem Karaya-Kit angetan hat.
Auf der Messe hatte ich bzw. wir (Jean-Luc und ich) auch ein langes Gespräch mit Piotr Mrozowski von Mirage und zur Halberstadt Cl.IV. Er wies auf einige Fehler im Karayakit hin. Natürlich "muss" er das, aber dass er ein Kenner der Materie ist, weist z.B. sein Beitrag zum kürzlich erschienenen Windsock-Heft "Halberstadt Cl.II at war" aus.
Die Bauanleitung meines Bausatzes hat ein farbiges Außenblatt (A3 = 4 Seiten A4) und zwei schwarzweiß Innenblätter (8 Seiten). Hier und da wirkt sie ein wenig unübersichtlich, vermutlich auch wegen der Farbangaben mit Nummern von Vallejo. Diese sind nirgendwo erklärt oder tabellarisch aufgeführt, so dass man sich erst mal selbst eine Übersetzungstabelle bauen muss. Möglicherweise handelt es sich bei meiner Anleitung auch um ein Vorabmuster, da ich den Bausatz direkt von der Messe mitgenommen habe.
Bemalungsvarianten: Die beiliegenden Abziehbilder erlauben die Darstellung von 4 Flugzeugen:
Zur Qualität der Decals lässt sich wenig sagen. Sie wirken sehr dünn und die Balkenkreuze sind nicht verdruckt. Die restlichen Markierungen sind alle einfarbig. Losenge liegt nicht bei und muss separat erworben werden! Die Art der Anbringung des Rautenstoffs ist aber beschrieben.
Fazit: Mirage konzentriert sich im Flugzeugbereich weiter auf den ersten Weltkrieg. Der neue Bausatz wirkt auf den ersten Blick gut detailliert, man muss aber mit einem größeren Aufwand für die Vorbereitung der Teile rechnen als bei einem Bausatz von Revell, Tamiya oder Hasegawa. Für erfahrenen Modellbauer empfehlenswert!
Steffen Arndt, Barsinghausen (März 2013)