Messerschmitt Me 410

Matchbox PK113 Spritzguss - 1/72

Als der weltbekannte englische Modellauto-Hersteller in den frühen Siebzigern beschloss neben weiteren, für ihn ganz neuen, Spielzeugartikeln auch Modellbausätze anzubieten. Entstand den bisherigen Anbietern eine immense Konkurrenz, zumal die Fa. Lesney in diesem Marktsegment auf eine unheimlich breite Basis bauen konnte. Begriffen eigentlich nicht nur, die überwiegend jüngeren Käufer allein, seinerzeit Plastikbausätze bekanntlich doch generell als Teil der Spielwarenbranche. Was damals natürlich aber genauso auf den Vertrieb der Modelle zutraf, der sich dereinst hauptsächlich auf die Spielzeugläden konzentrierte. Es wundert daher in keinster Weise, dass Matchbox sofort eine riesige Beliebtheit am Markt erfuhr und daneben noch recht schnell eine Spitzenposition zu erklimmen schien. Tatsächlich war seine neuste Produktgruppe wahrlich ideal an die Belange der jugendlichen Kunden angepasst. Wohl Niemand verstand es besser attraktivere Schachteln (sogar noch mit einem Fensterchen auf der Rückseite) mitsamt so herrlich ästhetischen Deckelbildern zu entwerfen und diese dann vor allen Dingen noch mit absolut neuartigen, grandiosen, Gussrahmen zu befüllen. Allein schon die Plastikmischung war hier einmalig glänzend, d.h. eine makellose da spiegelglatte Oberfläche, dabei recht hart und zu 100% sauber ausgespritzt. Grat geschweige denn Material-Überhänge gab es hier einfach nicht! Und dazu der größte Pluspunkt überhaupt, (endlich) keine Nietenreihen-Rasterung mehr!!! Doch damit nicht genug. Alles war zudem noch, äußerst kindgerecht, in knalligen ja hippen Farben gegossen! Dabei jedoch als absolutes Highlight dann aber auch noch mit versenkten Gravuren versehen!!!

Welch anderer Mitbewerber konnte da noch mithalten? Die Kits hatten nicht allzu viele Teile und waren daher wirklich kinderleicht zu bauen. Der, zumindest meiner Meinung nach, nicht eben geistreiche Ausspruch vom shake and bake Kit traf somit wenn jemals überhaupt lediglich hier nahezu vollkommen zu.

Selbstverständlich war bei so einem unerreicht griffigen Produkt die Konkurrenz mehr als aufgeschreckt worden. Sie begann daher verzweifelt schnellstens deren Modellpalette zu modernisieren und die Kunden konnten sich somit um die Mitte der Siebziger an einem großen Boom erfreuen der wohl bis heute unerreicht blieb. Doch wie es sich zeigte, war es dazu bereits mehr als höchste Zeit! Denn spätestens ab Beginn der Achtziger erleidete unser Hobby bekanntlich einen brutalen Niedergang, von welchen es sich selbst bis heute nie ganz erholte. Doch auch Matchbox selbst hatte sich, wenn auch beinahe unbemerkt, übernommen! Man verleibte sich zuvor zwar noch AMT ein, wurde dann aber ausgerechnet aus Hong Kong heraus aufgekauft (sic!). Nun ja, zumindest da begann die unsägliche Globalisierung in Richtung China also bedeutend früher!

Kritisch betrachtet war die großartige Marktakzeptanz bei der Jugend jedoch aber mit einem doch teilweise erschreckend hohen Grad an Vereinfachungen in der Detailtreue erkauft worden. Welche sofort von den erfahreneren Modellbauern erkannt und lautstark bemängelt wurde. Somit hatte Lesney in den Hobby- bzw. Modellbaufachgeschäften einen schweren Stand! Da sich ja gerade dort typischerweise auch viele alten Hasen tummelten. Um dann in den ureigenen "Fachgesprächen" über diesen Newcomer in der Branche herzuziehen und sich dadurch natürlich letztlich, so auch stark zu allen Schülern bzw. Beginnern abzugrenzen, die ihre Kits damals ja meist nicht einmal bemalten und oft sogar noch zum Spielen hernahmen.

Matchbox war also in einem Patt. Das Unternehmen konnte seine attraktiven und populären Kits künftig nicht einfach hochwertiger gestalten, was sie zwangsläufig ja nur kostspieliger machen müsste. Man hätte dann schnellstens seine Hauptklientel verloren und sich auf einen schlimmen Konkurrenzkampf mit den gerade in recht zielstrebiger und oftmals leider auch snobistischer Weise den High-Tech-Bereich für sich beanspruchenden Zeitgenossen von "Tamigawa und Co" einlassen müssen.

Somit endete dann alles so schnell wie es gekommen war, den nach nur ca. 10 Jahren war es dann bereits Schluss mit Lustig innerhalb des weltbekannten Matchboxlabels. Nach dem starken Einschnitt kehrte dieser Markenname zwar kurz noch unter Revell's Ägide zurück doch neue Kits gab`s schon keine mehr. Obgleich es aber, bekanntlich, in Wirklichkeit ja selbst heute einige davon immer noch in Revell-Schachteln verpackt zu entdecken gäbe.

Die hier zu besprechende Me 410 war freilich ebenfalls ein signifikanter Matchboxkit doch möglicherweise der Beste des Unternehmens in 1/72 überhaupt! Außer einem völlig unzutreffenden Cockpit und den Rädern des Hauptfahrwerks sowie den dazugehörigen "Beinen", ohne durchbrochene Leerräume innerhalb der Spurgabeln, stimmte hier nämlich alles mehr als perfekt. Die Tragflächen waren hervorragend graviert, wenn auch typischerweise etwas zu tief und unnötig breit. Der Rumpf fiel schon etwas ab war aber glücklicherweise immer noch durchgehend versenkt graviert und nicht wie oftmals lediglich nur mit aufgesetzten Panellines gesegnet worden.

Somit entstand hier ein Super-Bausatz der selbst bis heute Maßstäbe setzt da seine Motorengondeln bis jetzt unerreicht authentisch nachgebildet wurden! Wohl hatte Frog bei der 410 generell gehörig vorgelegt aber seine übergroßen Nieten haben dabei dann letztendlich mehr geschadet als genutzt! Während man dort die BK 5, welche übrigens auch Lesney mitlieferte ,schlichtweg zu stark überdimensionierte! Diese passt in ihren Abmessungen bei Matchbox nämlich weit, weit besser zur Größe der Zelle des letzten deutschen Zerstörers.

Kein Wunder also, dass nicht nur der bekannte Rolf Blattner fand er müsse für seinen FineMolds-Kit unbedingt jene Cowlings hernehmen, um auf der sicheren Seite zu sein. Während aber Italeri unverschämterweise darauf bereits allein schon die Kinnbeulen übersah bzw. wegrationalisiert hatte (sic!). Ja und die überheblichen Japaner orientierten sich dann offensichtlich wohl immer noch an Lindberg (sic!). Der diesbezüglich alles etwas zu wuchtig dimensionierte und zu alledem noch die Lufteinlässe symmetrisch nach außen platzierte während sie am Originaltriebwerk ja immer linker Hand montiert waren also konkret mal innen und dann außen.

Natürlich gibt es, wie stets bei Matchbox, auch bei der Hornisse die obligatorischen Vereinfachungen etc. Ausgleichsgewichte an den Ruderflächen sucht man daher selbstverständlich vergeblich! Auch sind wie immer die Streben der Kanzel sehr stark herausragend abgegossen und sollten ordentlich abgeschliffen werden. Aber immerhin ist das Verstrebungsmuster hier stimmig und man kommt oh Wunder gar mit nur einem Teil aus! Die Mündungslöcher der zwei MG 151 im Bug etc. (bzw. auch weiterer Rohrwaffen, je nach konkret gewählter Unterbaureihe) wären dann ebenfalls leicht zu vervollständigen, finde ich. Ein neues Cockpit aufzubauen ist da schon etwas schwieriger während man authentischere Haupträder sicherlich im Restevorrat hätte bzw. hierzu bestimmt etwas im Zubehörangebot der Resin-Veredler-Manufakturen finden sollte. Die kargen Decaloptionen mit einer orangefarbenen Edelweiß Blütenmitte (sic!) wären absolut nichts Außergewöhnliches, insbesondere zumal beide noch von Hasegawa abgekupfert wurden, welcher damals bekanntlich noch sehr kleine Brötchen buk und speziell in diesem Falle froh sein musste mit Frog Formentausch betreiben dürfen zu können (sic!). Jedoch schämten sich danach weder Italeri und selbst die noblen FineMolds nicht, die eine Bemalungsoption ebenfalls nachzuäffen! Wobei allerdings der Pulkzerstörer mit der BK 5 ja sowieso aber leider fiktiv war. Sei's drum, die vielen englischen Autoren, die bis in die siebziger Jahre hinein glaubten die Führerschaft in der Fachliteratur auch über die EDLW gepachtet zu haben, hätten lieber mehr über die R.A.F schreiben sollen. Während der gute Nowarra oder Kens, oder in diesem Fall besser noch die Herren Petrick und Mankau bekanntlich leider aber kein profile-Zeichner waren! Egal, heute kann man sich schon eher die passenderen, d.h nunmehr also wirklich vorbilgetreuen, Decalsets besorgen. Und es tauchen, daneben glücklicherweise zudem, unabhängig davon mehr und mehr Fotos von originalen Maschinen auf.

Fazit: So haben wir beim abschließenden Fazit hier einen absolut legendären Bausatz vorliegen dessen Wiederauflage einem Unternehmen aus Bünde zweifelsfrei ein Umsatzplus bescheren würde. Dort müsste nur jemand nicht nur das Marketing sondern auch mal auf die Bedürfnisse der Modellbauer eingehen. So aber wird die Matchbox Me 410 im Netz zwangläufig nur immer teurer und rarer, glücklich also der wer noch eine hat.

N. (April 2020)