Siebel Si 204A und Lippisch DM 1

Master-X MX 4858.04 - Resin 1/48

Vorbild: Die Si 204 war ursprünglich als Passagierflugzeug für zwei Besatzungsmitglieder und acht Passagiere für die Deutsche Lufthansa vorgesehen. Die Entwicklung dieses Ganzmetallflugzeuges begann 1938 als Staatsauftrag bei der Firma Siebel in Halle in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Lufthansa. Nach dem Kriegsbeginn wurde der Entwicklungsschwerpunkt auf ein Blindflug-Schulflugzeug mit Vollsichtkanzel gelegt. Lediglich die ersten beiden Prototypen wurden als Reiseflugzeuge mit Stufenkanzel fertiggestellt. Der Erstflug der V1 fand vor September 1940, der der V2 vor Februar 1941 statt. Der dritte Prototyp wurde vom Reiseflugzeug zum Blindflug-Schulflugzeug mit Vollsichtkanzel umkonstruiert. Aufgrund dieser Arbeiten verzögerte sich der Erstflug erheblich (vermutlich bis Ende 1941).

Wegen der Auslastung der Siebel-Werke durch den Bau der Ju 88 wurden nur die 15 Prototypen in Halle fertiggestellt. Das Reiseflugzeug A-1 und die zugehörige Vorserie wurde bei SNCAN in Frankreich zwischen April 1942 und November 1943 produziert. Die Firma ČKD/BMM (Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik) im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren begann mit dem Bau der Vorserie D-0 (45 Flugzeuge) im Januar 1943. Die Serie D-1 lief im März 1943 bei Aero an, bei ČKD vermutlich im Juni 1943. Ab August 1943 lieferte auch SNCAN die ersten Flugzeuge der Serie D-1. Im Oktober 1944 startete Aero die Fertigung der Serie D-3, die sich durch Holztragflächen sowie Leitwerksteile aus Holz von der D-1 unterschied.

In Frankreich lief die Serie D-1 nach 53 gebauten Flugzeugen im August 1944 aufgrund der Kriegsereignisse aus, so dass insgesamt 168 Si 204 bei SNCAN gebaut wurden. BMM baute das Flugzeug bis Oktober 1944, um dann auf Ersatzteilfertigung umzuschalten. Geplant war, dass die D-1 bei Aero im März 1945 nach 486 gebauten Flugzeugen auslaufen sollte, während gleichzeitig die D-3 mit 30 Flugzeugen pro Monat weiterlaufen sollte. Die Produktion bei Aero endete aber vermutlich schon nach 541 gebauten Flugzeugen im Januar 1945. Damit sind 1216 Si 204 inklusive der Prototypen produziert worden.

Nach dem Kriegsende lief in der Tschechoslowakei die Produktion bei Aero nochmals an und wurde bis 1949 fortgesetzt. Von den beiden Schulversionen Aero C-3A und C-3B, der Passagierausführung C-103 sowie dem militärischen Transporter D-44 entstanden insgesamt 179 Maschinen. Version A wurde für das Navigatoren-, Version B für das Bombenwurftraining genutzt.

Die Verwendung der Si 204 D erfolgte vorwiegend bei den B- und C-Schulen sowie beim FlüG 1, dort eventuell als Taxiflugzeug für Besatzungen, die Flugzeuge an Kampfeinheiten überführt hatten. Der Einsatz auf den Blindflugschulen lässt sich nur vereinzelt, auf den Luftnachrichtenschulen gar nicht nachweisen. Die Si 204 A wurde häufig bei Verbindungsstaffeln und Flugbereitschaften eingesetzt, aber auch bei Schulen. Auch die Lufthansa flog mindestens vier Si 204: Die V1 D-AEFR wurde von März bis Mai 1941 bei der DLH Prag erprobt. Vom Frühjahr 1942 bis Frühjahr 1943 wurde die V2 D-ASGU im Liniendienst eingesetzt. Beim Kriegsende blieb eine Si 204 D mit dem Namen "Rhein" in Tempelhof stehen, eine weitere in Enns in Österreich.

Bausatz: Auf Basis des neuen Siebel 204D Bausatzes von Special Hobby bietet Master-X diesen Resinumbausatz an. Für die Siebel besteht dieser im Wesentlichen aus zwei neuen Rumpfschalen, einigen Cockpitteilen und Vakukanzeln sowie zwei Motorgondeln, die offen dargestellt werden können und zusammen mit den CMK Figuren sicher ein tolles Diorama ergeben. Diese Resinteile sind in einem grauen Gießkunststoff gegossen, der sich gut bearbeiten lässt… sozusagen "normales" Resin. Die Streben für den Mistelaufsatz sind anscheinend auch in diesem Material gegossen. Anders sieht es bei der Lippisch DM1 aus. Dieser Bausatz stammt aus dem Fundus von Master-X und ist in dem bekannten, sehr harten grünen Resin abgegossen. Hier ist eine Bearbeitung fast nur mit Industriewerkzeugen zu erreichen... oder mit viel Zeit und Druck.



Man darf nicht verkennen, das Master-X mehr oder weniger eine Garage-Production ist. Die Resinteile haben einige (wenige) Lufteinschlüsse und sind auch leicht verzogen .. was bei der sehr dünnen Materialstärke des Rumpfes nicht verwundert. Insbesondere an den Fenstern und in der Nase finden sich solche. Man muss also damit rechnen, dass beim Schleifen einige Blasen freigelegt werden. Ansonsten ist der Umbau der Siebel eher einfach. Die Motorgondeln kann man offen darstellen, muss dies aber nicht. Die Vakukanzel liegt zweimal bei und ist aus einem recht dicken Material, dass man sehr wahrscheinlich sägen kann. Ich hab das schon mit den Produkten von Rob Taurus gemacht und das erleichtert die Verarbeitung sehr. Zum abkleben gibt es in "Kabukitape" geplotterte Masken. Es liegen einige Fotoätzteile bei und natürlich auch Abziehbilder für die abgebildete Maschine.

Kommen wir zur Lippisch DM 1 hier haben wir ein völlig anderes Szenario. Das Gute vorweg: es gibt nur wenig Teile. Der Auftriebskörper besteht aus Ober und Unterseite für den Flügel und rechter und linker Seite für die Finne. Die Ränder sind unsauber, so dass ich nicht genau sagen kann, ob man von der Materialstärke noch etwas abnehmen muss oder nicht bzw. ob man diese unsaubere Ausformung überspachteln muss. Das Cockpit spartanisch zu nennen, wäre eine maßlose Übertreibung. Es gibt nur eine Bodenplatte und einen Sitz! In der Prinzipskizze sind noch Ruderpedale und ein Steuerknüppel angedeutet... diese hab ich aber nicht gefunden. Alle kleineren Teile sind in eine Haut eingegossen. Wie die Steuerflächen angebaut werden sollen ist ebenso unklar. Im Originalbausatz sind wohl noch Bodenabstandsstöcke (aka "Fahrwerk") enthalten. Diese fehlen hier. Das Positive hier sind die beiden Decalbögen mit Holzimmitat von Uschi von der Rosten für die äußere Dekoration der DM 1.

Die wirkliche Erprobung eines solchen Mistelgespanns ist nicht nachgewiesen. Auch zur DM 1 gibt es sehr wenig Material. Daher hat sich der Käufer dieses Umbausatzes ohnehin schon entschieden, ein "What if" zu bauen. Es ist also nicht verwerflich die DM 1 innen nach eigenem Gusto aufzuhübschen, oder mit dem Hohlraum zu leben. Die Kanzeln sind ebenfalls als Vakuteile beigefügt, allerdings nur einmal und ohne Masken.

Fazit: Sicher wird die Darstellung des Holzgleiters auf der getarnten Siebel ein richtiger Hingucker. Bis dahin ist es aber ein weiter weg. Insbesondere der Bau der DM 1 dürfte einige Zeit in Anspruck nehmen, auch wenn der Bausatz nur wenige Teile hat. Die Siebel Si 204A hingegen kann man in relativ kurzer Zeit aus dem Grundbausatz von Special Hobby und diesem Satz zusammenstellen. Um Aufwand zu sparen, könnte man auch auf die offene Darstellung der Motoren verzichten. Diese sind aber so schön gestaltet, dass dies schade wäre.

Steffen Arndt, Barsinghausen (Februar 2020)