Grumman F9F-8/P Cougar

Kitty Hawk KH80127 - 1/48

Endlich, seit Jahrzehnten überfällig, ein Bausatz der einsitzigen Cougar in 1/48 (Revell war 1:52). Kitty Hawk sei Dank! - Es ist einfach rätselhaft, warum nicht eher. Schließlich handelte es sich nicht um eine exotische Eintagsfliege, sondern viele Jahre um den Standardjäger, -Jagdbomber und -Aufklärer der US Navy bzw. des Marine Corps.  Nachdem ich die vorherige zweisitzige Version nur kurz gesehen hatte, war ich natürlich sehr gespannt, wie Kitty Hawk den Jäger-/Aufklärer F9F-8/P angegangen ist. - Nun, für einen nicht unerheblichen Betrag erhält man eine prall gefüllte Schachtel von nicht unerheblichem Ausmaß, deren zahlreiche Teile abzuzählen ich mir versagt habe. Besonders ins Auge stechen der Decalbogen von DIN A 4 Größe (zwischen den Decals und der Ätzteilplatine sorgt eine Plastikfolie dafür dass alles heil bleibt!) und die Farbprofiles der Bauanleitung. Der erste Eindruck konnte nicht besser sein.

En detail wäre anzumerken:

 + Erster (!) Bausatz der F9F Cougar in 1/48
 + Aufklärerversion F9F-8P im Bausatz enthalten
 + Reichhaltiger Decalbogen für fünf Anstrich- und Markierungsversionen
 + Gute Passgenauigkeit
 + Feine Detailierung
 + Kompletter Bewaffnungssatz für die Jägerversion, ein Modell an sich, Nasenteil abnehmbar
 + Kompletter Kamerasatz für die Aufklärerversion, ein Modell an sich, durch offen darstellbare Türen sichtbar
 + Optional Grumman oder späterer Martin Baker Schleudersitz mit Ätzteilen
 + Ätzteile für die Grenzschichthürden auf den Tragflächen und an den Lufteinlässen bei späteren grau-weißen Maschinen
 + Tragflächen beiklappbar, Trennstellen detailiert wiedergegeben
 + Cockpithaube offen darstellbar
 + Sehr guter Gesamteindruck

Kitty Hawk hat sich darüber hinaus ersichtlich Mühe gegeben, wirklich jedem Anspruch zu genügen.  Was aber Aufmerksamkeit für den Betrieb in der Realität erfordert.

 +- Landeklappen separat
 +- Luftbremsen separat
 +- Querruder-Spoiler (Ätzteil) separat
 +- Höhenleitwerk ausgelenkt darstellbar
 +- Landehaken vollständig und ausgefahren darstellbar
 +- Nieten
 +- Klarsichtteile für Anfluglampen im Flügelansatz
 +- Kombination Ätzteil-Decal  für Instrumentenbrett

Dieser Bausatz schreit nach einem Piloten im Cockpit! Nur so können die diversen Klappen sinnvoll - kurz vor dem Start oder nach dem Aufsetzen - ausgefahren gezeigt werden. Geparkt hing bei der Cougar nichts herunter, einem Piloten, der vergessen hätte, die Luftbremsen einzufahren, wäre ein Besuch bei seinem Vorgesetzten sicher gewesen. Wer dennoch nicht widerstehen kann, die Landeklappen ausgefahren zu zeigen, darf dann noch die nach innen anschließenden aus dem Rumpf heraustrennen (von K.H. vergessen). Die "Flapperons/Flapperettes" vor den Landeklappen - von K.H. sehr gut wiedergegeben - die bei der Cougar die Querruder ersetzten, waren am Boden natürlich geschlossen, beiderseits ausgeklappt erschienen sie nur bei beigeklappten die Tragflächen. Der Zapfen am Bausatz-Höhenleitwerk verführt natürlich auch dazu, es schräg einzubauen, aber dann müsste auch die längliche Beule am Seitenleitwerk mit versetzt werden, denn als Verkleidung für die Betätigungsmechanik war sie wie bei der A-4 Skyhawk mit dem Höhenleitwerk verbunden. Im Ergebnis: Alles Von K.H. gut gemeint, aber nur sehr bedingt brauchbar.

Den Bausatz mit einer Vielzahl von kleinen Löchern zu versehen, mag Menschen erfreuen, die gerne ein "interressantes" Modell sehen möchten, bei der echten F9F-8 waren gar keine zu sehen. Die Beplankung war völlig glatt. Blechstöße, soweit überhaupt vorhanden, eigentlich nur an den Trennstellen von Nase und Heck, an den Zusatzlufteinlässen auf dem Rumpfrücken und diversen Wartungsklappen erkennbar. Sich an Fotos zu orientieren, kann hier nicht schaden  (bei meinem Modell werde ich alles mit verdünntem Kitt zuspachteln, verschleifen und an wenigen Stellen neu gravieren). Die drei Lampen zur Kontrolle des Anflugwinkels waren nur im linken Flügel angebracht, nicht auch im rechten wie bei Kitty Hawk.

Für die Jäger- bzw. Aufklärerversion liegen getrennte Instrumentenbretter bei.  Auf das jeweilige Ätzteil ist dabei ein entsprechendes Decal aufzubringen. An sich eine Klasse-Idee mit einem ansprechenden Resultat. Leider wird der Modellbauer aber im Unklaren gelassen, welches wofür (das mit der größeren Aussparung oben für den Aufklärer). Darüber hinaus sind beide Decals völlig in Schwarz gehalten,  was nur für die Maschine in "Glossy Sea Blue" passen würde. Bei den grau-weißen Maschinen war auch das Instrumentenbrett  "Dark Gull Gray" (FS 36231).

Die nachfolgenden Punkte sind leider nicht optimal gelöst:

 - Lufteinläufe ohne Einlaufkanäle
 - Bugfahrwerk etwas zu kurz
 - Ätzteile für Seitenkonsolen mit Vertiefungen statt Knöpfen
 - AIM-9L Sidewinders statt AIM-9B

Die Lufteinläufe lassen sich mit den üblichen roten Staubschutzplatten leicht verschließen, also kein Problem. Beim Bugfahrwerk - die Cougar steht  mit leicht aufwärts gerichteter Nase - würde ich für den oberen Teil ein Röhrchen nehmen und die abgetrennten Bausatzteile wieder anfügen; in den gabelförmigen unteren Teil ein Loch bohren, da ein Stück von einem Nagel einsetzen und oben einschieben. Ist stabil und schaut gut aus. Zu den wenig überzeugenden Instrumentenbrettern links und rechts im Cockpit fällt mir nur ein, dass sie durch eine Pilotenfigur (was ausgefahrene Klappen ermöglichen würde) kaschiert werden würden.

 - -Farbangaben in der Bauanleitung

Die Farb-Profiles auf Hochglanzkarton suchen ihresgleichen. In jeder Beziehung. Einerseits toll gemacht, andererseits mit Farbangaben, die schlicht daneben sind (ebenso in der Bauanleitung, soweit überhaupt vorhanden). Hätte man für die Maschine der VF-121 "Midnight Blue" angegeben, wäre das zwar auch nicht richtig gewesen, weil dieser Anstrich keineswegs Dunkelblau ist, sondern, da auch Schwarz und etwas Grün enthalten sind, als gedecktes Blauschwarz daher kommt, aber man hätte Verständnis dafür haben können. Das zu blaue Midnight Blue aber auch noch mit "Bright Blue" aufzuhellen, führt zu einem reichlich unzutreffenden Ergebnis. Richtig wäre "Glossy Sea Blue" (FS 15042, Vorschlag: Dunkelblau mit Schwarz abtönen). Die Maschinen der VF-61 und der VFP-61 trugen den seit 1955 üblichen Standardanstrich "Non Specular Light Gull Gray" (FS 36440, Oberseiten) und "Glossy Insignia White" (FS 17875, Unterseiten, Landeklappen und Ruder), wobei die "3" in der Farbbezeichnung "nicht glänzend" bedeutet, die "1" glänzend. K.H. dreht die Sache um und möchte oben glänzende Farbe sehen. Zwar nicht richtig, aber nun ja... Wie K.H. aber auf eine als FS 36622 bezeichnete graue (!) Unterseite kommt, ist mir schleierhaft. Niemals war da Grau zu sehen.

Was die Farbe der Fahrwerksschächte anbelangt, kein "Interior Green" wie behauptet, sondern schlicht die jeweilige Unterseitenfarbe. Gleiches gilt für die Innenseiten der Fahrwerksklappen und die Beine. Das Cockpitinnere der Cougars fiel leider in eine Zeit des Umbruchs. Frühe hatten noch "Interior Green" (FS 34151) bis zur Unterkante des Instrumentenbretts (drüber Schwarz), aber auch komplett schwarz (FS 27038) kam vor. BuAer NAVAER 07.1 vom 25.03.1954 setzte dem ein Ende, nunmehr alles, auch der Bereich dahinter, in "Dark Gull Gray" (FS 36231). Die silbernen Vorderkanten an Tragflächen und Leitwerk waren nicht, wie man meinen möchte, Naturmetall, sondern hatten eine spezielle Farbe auf Aluminiumbasis. Innenseiten der Luftbremsen und Treibstoffablass "Insignia Red" (FS 11136). Wie K.H. auf Rot für den schrägen Hydraulikstempel des Hauptfahrwerks kommt, weiß ich nicht.

Was die rot-weiße F9F-8P mit der "4P"-Kennung (eine Trainingseinheit) anbelangt, erscheint mir der offizielle Anstrich für Trainingsmaschinen, "International Orange" (FS 12197) und "Insignia White" wahrscheinlicher. Bei der Farbe der Blue Angels Maschine muss ich mich leider bedeckt halten, weil die Blue Angels wechselnde Farbtöne verwendeten, es also darauf ankäme, welches Jahr gerade aktuell wäre. - Aber das alles lässt sich mit handelsüblichen Farben leicht korrigieren. Alle Beschriftungen sollten parallel zur Rumpflängsachse sein, "NAVY" also nicht leicht schräg, wie in den Farbtafeln. Bei der Blue Angels Maschine keine Wartungsaufschriften.

Eines aber ist ganz sicher: Lackabplatzer und sonstige "übliche Alterungsspuren" sucht man an einer echten Cougar vergebens, da sie gewartet und ständig auf Korrosion hin untersucht wurde.

Zusätzlicher Hinweis für  Dioramenbauer: Das komplette Waffenabteil der Jägerversion legt es nahe, das Nasenteil gesondert zu präsentieren. Tatsächlich aber wurde es nur soweit auf Schienen (= Bausatzböden) nach vorne gezogen, bis die Munitionskästen frei waren. Wie aus dem Foto des US Nationalarchivs von 1957 ersichtlich, waren die Einbauten nicht schwarz. Da es sich um eine hausinterne Grumman-Farbe handelt, muss ich hier leider passen, ich tippe auf einen Grün- oder Grauton. Wurde die Nase tatsächlich abgezogen, ruhte das Nasenteil auf einer Art rundem Kuchengitter mit Rollen unten.



Summa summarum: Ein Klasse-Bausatz, der hinsichtlich der Wiedergabe von Details keine Wünsche offen lässt und in jedem Fall ein spektakuläres Modell ermöglicht. Aber definitiv nichts für Anfänger.

Wilfried Eck, Nürnberg (April 2015)