Vorbild: Der Sea Harrier ist die Marineversion des bekannten senkrechtstartenden Kampfflugzeuges aus britischer Produktion. Technisch auf dem Harrier GR.3 basierend, besitzt der von Hawker Siddeley konzipierte Sea Harrier FRS.1 ein erhöhtes Cockpit mit verbesserter Rundumsicht, ein moderneres Radar und ist aus "seetauglichen" Materialien gefertigt. Im Jahr 1978 beim Fleet Air Arm der Royal Navy in Dienst gestellt, wurde er schnell dessen fliegendes Rückgrat und ersetzte, auch aufgrund veränderter Einsatzdoktrin, konventionelle Jagdflugzeuge wie z.B. die F-4 Phantom oder die Blackburn Buccaneer.
Bei Ausbruch des Falklandkrieges am 2. April 1982 bewährte sich der als Jagdbomber konzipierte Jet auch als Luftkämpfer. Eine Rolle, für die er ursprünglich gar nicht vorgesehen war. Dank der damals hochmodernen Sidewinder-Raketen und der beispiellosen Manövrierfähigkeit eines Senkrechtstarters gelang es, die Lufthoheit zu behaupten und somit die Landung der britischen Truppen während der "Operation Corporate" zu sichern. Kein Sea Harrier ging bei Luftkämpfen verloren. Die Erfahrungen aus den Kampfhandlungen flossen in den inzwischen von British Aerospace gefertigten Sea Harrier FA.2 ein, der noch bis in das Jahr 2010 im Einsatz blieb.
Bausatz: Lange mussten "Quarterscaler" auf einen zeitgemäßen Bausatz des "SHAR" warten. Die betagten Kits von Airfix und Tamiya mit Ihren positiven Gravuren sind mittlerweile "in Ehren ergraut" und die Zeit war reif für eine Neuerscheinung. Die Erwartungen waren also dementsprechend hoch.
Der mit einem attraktiven Deckelbild versehene Karton ist prall gefüllt. Insgesamt 306 Teile (nicht alle werden gebraucht) lassen sich den neun Gießästen und einem Satz Fotoätzteile entnehmen. Der Bausatz ist aufwendig detailliert und mit feinen Gravuren und Nieten versehen, wenn auch hier und da mit etwas Grat. Man findet Dinge, die man bei den alten Harrier-Kits mittlerweile vermisst, wie z.B. separate Klappen, lenkbare Höhenruder oder die fein dargestellten Sprengschnüre in der Cockpithaube. Und endlich können auch die seitlichen Lufteinläufe geöffnet werden. Wer möchte, kann Sie aber auch im geschlossenen Zustand anbringen. Die schwenkbaren Schubdüsen (ebenfalls mit feinen Detaillierungen versehen) werden mit einer Verbindungsstange so in den Rumpf eingebaut, dass durch einen einzelnen Handgriff alle Düsen gleichzeitig am fertigen Modell verstellt werden können. Kinetic bietet eine Vielzahl von Außenlasten an. Durch fünf komplett unterschiedliche Varianten hat man hier die "Qual der Wahl".
Ein erster Maßstabsvergleich mit dem Airfix-Kit (er gilt trotz seines Alters in den Abmessungen als korrekt) ergab keine wesentlichen Unterschiede. Lediglich die Cockpit-Haube ist bei Kinetic deutlich breiter ausgefallen. Wer hier das Original besser getroffen hat, vermag ich aber nicht zu beurteilen, da mir maßstabsgetreue Zeichnungen fehlen.
Bemalung: Die 23-seitige Bauanleitung ist klar gegliedert. Der randvoll bedruckte Decalbogen, entwickelt von Crossdelta, stammt von Cartograf und ist qualitativ einwandfrei. Die Farbtabelle gibt vorbildlich die Farben von sechs Herstellern an. Revell ist allerdings als gängiger Farbenlieferant nicht vertreten. Dafür sind sogar Ammo Mig und Vallejo aufgelistet.
Die Farbprofile sind zwar "nur" in schwarz-weiß, dafür sind sie aber seitlich auf dem Karton noch einmal in Farbe abgedruckt. Auf die einzelnen Tarnschemen wird sehr ausführlich eingegangen.
Gebaut werden können 11 Maschinen verschiedener Naval Air Squadrons (800, 801, 809 und 899 NAS) der Royal Navy. Somit stehen Versionen für die Zeit vor, während und nach dem Falklandkrieg zur Verfügung. Besonders auffällig sind hier drei Maschinen mit einem experimentellen hellgrauen Tarnschema, welches ebenfalls im Falklandkrieg erprobt wurde. Wer es etwas exotischer möchte, dem steht noch eine Version der indischen Marineflieger zur Verfügung (300 Naval Air Squadron).
Fazit: Der FRS.1 gilt als Inbegriff für den siegreichen Ausgang des Falklandkrieges. Historisch betrachtet hebt ihn das etwas gegenüber seinem Nachfolger hervor. Besonders Flugzeugmuster, die "Pulverdampf gerochen haben", üben seit jeher gerade auf Modellbauer einen besonderen Reiz aus. Diese werden mit einem üppig ausgestatteten Bausatz aus moderner Werkzeugform bestens bedient, wenn auch zu einem recht selbstbewussten Preis von ca. 50,00 €. Obwohl sicher nicht fehlerfrei, heißt die Antwort auf die Frage nach dem besten Sea Harrier-Kit in 1:48 ganz klar: Kinetic!
Erhältlich ist dieser Bausatz für Händler bei Glow2B (zu erreichen über www.glow2b.de). Privatkunden finden ihn im örtlichen Modellbaufachgeschäft sowie im Versandhandel.
Marco Doehring, Stuttgart (April 2016)