Italeri stellt hier nach langer Abstinenz endlich wieder der 48er Gemeinde einen Bausatz der MiG-23 zur Verfügung. Beim Auspacken stellt man dann sehr schnell fest das es sich um einen sehr alten Bekannten - der 1979/80 von Esci kreierten MiG-23S - handelt. So gesehen ist er eigentlich eher etwas für unseren "oldiebauer" Utz, aber da er nach wie vor der Einzige im 48er Bereich ist, ist hier ein erweiterter First Loock angebracht.
Bevor ich jedoch in medias res gehe noch einige Hintergrundinformationen zu dieser eher weniger bekannten MiG. International setzte sich Mitte der 1960er Jahre die gesteigertes Interesse an einem Frontabfangjäger durch, der von kleinen vorgeschobenen Flugplätzen operieren konnte. Als wichtigstes Merkmal dafür forderten die Militärs eine ausgesprochene Kurzstarteignung. Zwei Wege wurden dabei vom MiG-Büro mit dem Projekt 23 beschritten: die Verkürzung der Startstrecke durch zusätzliche Triebwerke bzw. eine veränderte Tragflügelgeometrie.
Von beiden Systemen hob im April 1967 die MiG-23 PD als erste ab. Deren Entwicklung wurde jedoch noch im gleichen Jahr zugunsten des Schwenkflügelmusters 23-11 eingestellt. Nach einem Jahr intensiver Erprobung ging es als MiG-23S in Serie. Die 50 Maschinen dienten mehr der Einsatzerprobung als das sie ein echtes Serienprodukt waren. Als Ergebnis entstand die MiG-23M/MF deren Hauptunterschiede in einem leistungsstärkeren Triebwerk und Radar bestanden. Dieses Jagdflugzeug verfügte über lock down/ shoot down Kapazität. Die Tragfläche wurde vergrößert und erhielt einen Sägezahn. Als Bewaffnung kamen vier radargelenkte R-23R bzw. infrarotgelenkte R-23T oder ein Mix aus beiden zum Einsatz. Für den Nahbereichsluftkampf konnten auch die alten R-3 oder die neueren R-60 mitgeführt werden.
Das Muster diente auch als Grundlage für den Trainer MiG-23 UB und eine spezielle Jagdbomberausführung. Als Optimierung für den Tiefflugeinsatz erhielt die MiG-23BN genante Maschine einen neuen Rumpfbug - den so genannten Entenschnabel. Eine Überarbeitung dieses Entwurfs führte schließlich zur MiG-27. 1976 folgte die MiG-23ML. Neben einer allgemeinen Leistungssteigerung erhielt die ein verändertes Seitenleitwerk und zwei weitere Waffenträger unter dem Rumpf.
Die Serienfertigung lief 1981 mit der MiG-23 MLD aus. Von den ca. 6000 gebauten Maschinen wurden zwei Drittel in 25 Länder Europas, Asiens, Afrikas und Amerikas exportiert. Indien produzierte sie in Lizenz und war neben der Sowjetunion der wichtigste Nutzer. Die UdSSR stellte mit ihnen eine Feinddarstellungstaffel auf, die aber nur im eigenen Land eingesetzt wurde. Im Warschauer vertrag erlangte sie nicht die Bedeutung der MiG-21.
Aufsehen erregte die MiG-23 bei ihren Besuchen in Frankreich und Finnland 1978. Die von der NATO "Flogger" genannte Maschine flog Kampfeinsätze im Nahen Osten, in Afrika und Afghanistan.
Das Modell
Das Alter des Bausatzes fordert geradezu zu einer Überprüfung mit aktuellen Zeichnungen heraus. Eine umfangreiche Recherche zeigt, dass die Vorlagen des 4+ Heftes die genauesten sind. Beim folgenden Vergleich Modell-Zeichnung war ich überrascht - im Großen und Ganzen kann man sich eine optisch stimmige MiG-23 aus dem Kasten bauen.
Aber gut ist ja bekanntlich nicht gut genug und so verweise ich hier auf die vorhandenen Unstimmigkeiten. Dabei folge ich den Montageschritten der Bauanleitung.
1. Das Cockpit kann man schlichtweg vergessen. Aber außer dem KM-1 Schleudersitz (Aires, Extratech) bietet der Markt keine Abhilfe. Die Kabinenhaube muss neu gefertigt werden. Zwar stimmt die Länge auf dem Dachrücken, aber die Basis ist 3 mm zu kurz. Dadurch geraten die Ränder zu steil und letztendlich der Cockpitraum zu klein. Eine Vergrößerung erfolgt im hinteren Teil. Für die Ausgestaltung des Cockpits bietet 4+ gute Anhaltspunkte. Der Bugfahrwerkschacht und die Fahrwerkklappen sind 2 mm zu kurz. Der Schacht sollte so bearbeitet werden, dass das Bugrad auch wirklich hinein passt (vgl. Lösung bei MiG-21 von Academy).
2. Diese Baugruppe beinhaltete einige Tücken. Vorausschicken möchte ich, dass die Gravuren stimmig sind. Nimmt man die Flächenhinterkante und die Gravuren als Grundlage muss an der Vorderkante (am Sägezahn beginnend) hinter der Gravur ein Keil von 2x102 mm eingefügt werden. Dabei ist das Tragflächenende um 3 mm zu kürzen. Das lässt sich relativ leicht beseitigen. Aber nun klemmt die Säge am Übergang Innen- zum Außenflügel. Die Spannweite am festen Innenflügel weicht 5 mm von der Zeichnung ab. An der Lösung des Problems knoble ich noch, neige aber dazu das fehlende Stück zwischen Rumpf und Flügelkasten einzufügen. Dabei kann dann auch gleich der Hinterkantenwinkel korrigiert werden. Den um 2 mm zu großen Rumpfquerschnitt in diesem Bereich nehme ich in Kauf.
3. Das Seitenleitwerk ist der größte Klinken im Bausatz. Es ist weder - wie 1980 angegeben - für die MiG-23S (falscher Platz und falsche Dimension) noch für die MiG-23MF (zu klein) zu gebrauchen. Mal sehen wer schneller ist, mein Eigenbau oder der Markt. Das Schubrohrinnere sollte man nach dem Vorbild der Academy MiG-21 scratchen.
4. Die Lufteinläufe bedürfen nur geringer Korrekturen. Die vier kleinen Leitflächen auf der Innenseite sind zu entfernen, die zwei an der Außenseite kann wer möchte um 4 mm verlängern. Zwischen Rumpf und Lufteinlauf gehören noch 3 Verstrebungen. Die Löcher über den Zusatzlufteinlaufklappen sind überflüssig. Am beweglichen Teil des Falschkieles (15b) fehlen hinten 2 mm. Die Kontur sollte der Zeichnung angepasst werden. Letzteres trifft auch auf Teil 16b zu.
5. Beim Bugfahrwerk kann der Schwenkmechanismus ergänzt werden. Die angegossene Strebe verläuft jedoch parallel zum Fahrwerkbein.
6. Beim komplizierten Hauptfahrwerk ist der Winkel der Hauptstrebe zu ändern. Da die Abdeckung (18, 21a) über die Radoberseite reicht, bedarf diese einer Überarbeitung. Der Raddurchmesser weicht um 2 mm ab, wobei der der Felge o.k. ist.
7. kann so montiert werden.
8. Die Raketen sind unbrauchbar und sollten ersetzt werden. Wer die Zusatzbehälter unter dem beweglichem Teil nutzt, kann das Modell nur im ausgeschwenkten Zustand zeigen.
9. Von den sechs Dekorationsmöglichkeiten kann man nur die zwei sowjetischen wie angebotenen verwenden. Alle anderen sind fehlerhaft. Bei Polen und Tschechien stimmt die Ausrichtung der Hoheitsabzeichen nicht. Die kubanischen MiG haben noch am Hinterrumpf Abzeichen. Für die Tragflächen der MF/ML gibt es keine Belege, aber die MiG-23BN haben je links unten und rechts oben noch ein Hoheitsabzeichen. Bei den Tarnfarben der Kubaner wurde zweimal der gleiche Farbton angegeben. Einer ist jedoch ein Blau.
Dr. Jürgen Willisch, Berlin