Wie wir wissen rüstete der italienische Traditionshersteller gegen Mitte der 1990er Jahre seine Angebotspalette an WK II-Flugzeugen mächtig auf. Zuvor waren es meist nur Bomber bzw. auch andere größere Baumuster. Nun wurden nunmehr auch kleinere Zweimots sowie Jagdeinsitzer angepeilt. Klarerweise durfte dabei auch d a s Flugzeug der Luftwaffe schlechthin, die Me 109, nicht fehlen! Selbstverständlich gibt es heute hierfür eine enorme Anzahl an Anbietern, doch damals sah es jedoch noch etwas anders aus. Aus Fernost konnte man nur eher mittelmäßige und überwiegend noch in Raised-Panels-Machart konzipierte Kits bekommen. Airfix, Revell und Konsorten boten unbeirrt noch weit bescheidenere Oldies an. Besonders die späteren Baureihen des legendären deutschen Standardjägers waren somit mehr als unterrepräsentiert. Es war also wirklich höchste Zeit dagegen etwas zu unternehmen. Italeri hoffte hier mittels seiner neu erdachte Strategie mit den modular gestalteten Gussrahmen punkten zu können.
So verkehrt wäre diese Idee ja tatsächlich nicht. Natürlich nur vorausgesetzt das die Formenbauern zuvor all ihre Hausaufgaben erledigt hätten haben sollen! Dies ist bei den Kollegen aus der Emillia Romagna bekanntermaßen jedoch nicht oft der Fall. Womit es also allen Kenner schon von vornherein klar sein konnte, das das Resultat bestimmt nicht fehlerfrei sein würde können. Genauso war es dann auch!
Aus irgendeinen Grund wurde entweder der Kostenrahmen überschritten oder fiel hier einfach nur der Hammer weil der Feierabend kam? Ehrlich gesagt habe ich so ein armseliges Spornrad wie hier in einem 109er Bausatz noch nie gesehen! Die Gabel ist nicht nur zu groß, sondern auch völlig vorbildwidrig wiedergegeben worden. Durfte hier mal der Azubi ran oder wollte sich der CNC-Fräser gar an seiner Firma rächen? Das die Qualitätskontrolle nichts dagegen unternahm braucht uns dann aber sicher auch nicht groß wundern. Trotzdem jedoch sehr sehr ärgerlich wo der Rest doch wirklich ordentlich umgesetzt wurde! Lediglich die sechs Bolzenköpfe an den Haupträdern gehören freilich abgeschliffen, jene selbst wären ansonsten aber ausnehmend gelungen. Bei den Fahrwerksbeinen hingegen wäre heute effektiv schon mehr zu erwarten. Die Idee eines separaten Teilstücks der Triebwerksverkleidung mit den charakteristischen "Beulen" hingegen, war dann gar nicht mal so übel. Allerdings sollte dann der restliche Rumpf der G-Baureihe entsprechen. In dieser Hinsicht hapert es aber dann. Zumal die Gravuren hier unzutreffend sind, da dies Teil ja unverändert aus dem "Friedrich"-Kit übernommen wurde!
Diese Version war nämlich die erste angebotene welche aus der variabel gehaltenen Form heraus entstehen konnte und von der es dann später auch noch Bilek- und Zvezda-Boxings gab. Eine G-10 mit geglättetem Cowling erschien (?bislang?) aber noch nicht! Auch die Möglichkeiten des variabel gestalteten separaten Rumpf-Endstück mit der Finne bleiben hier bis heute ungenutzt, da eine K bzw. späte G-Baureihen mit dem vergrößerten (Holz-)Seitenleitwerk ebenfalls nicht angeboten wurde. Die aus zwei "dünneren" MG-Läufen bestehende Tragflächenbewaffnung (ebenfalls vom dem F-Kit herrührend) ist hier ebenfalls etwas unangebracht! Weil für solch Bewaffnungsvariante nun mal klarerweise keine Decalsoption existieren kann und man sie deshalb abknipsen muss! Der Rest des Kits geht dann aber vollkommen in Ordnung. Was allein auch aus dem guten Willen ersichtlich wird welcher darin besteht, das man sogar separate Propellblätter mitliefert um die VDM-Luftschraube der Gustav darstellen zu können. Die Öffnungen für die Räder, welche von rund auf rechteckig ausgesägt werden müssen, sind ebenfalls bedacht worden! Das ETC 250 wäre gleichsam gut detailliert und es gibt dafür zudem auch noch eine leidlich ausgeformte Bombe. Die MG 151-"Gondeln" wären dann auch noch okay obwohl hier heute bereits mehr möglich ist. Cockpit und Haube sind dann wieder top, da hier sogar aufmodellierte Sitzgurte nicht vergessen wurden. Die Details an den Kabineninnenseiten sind jedoch wiederum problematisch, da ebenfalls vom F-Bausatz stammend! Während die korrekt nachgebildete Gustav-Kanzelverkleidung auch aufgeklappt dargestellt werden kann und wie bei Italeri immer, glasklar ist sowie auch nur sehr wenig hervortretende Streben aufweist. Ein sehr solide umgesetzter Tropenfilter rundet dann den Bausatzinhalt ab.
Die Decals sind klarerweise erste Sahne was die Druckqualität anbelangt und auch die Stencils und Wartungshinweise wissen zu überzeugen, finde ich. Doch wie sieht es mit den Vorbildmaschinen zu den hier diesmal sogar vier möglichen Decalsoptionen aus?
Tja da ist klarerweise bei Italeri auch wieder schwierig, wie man mittlerweile weiß. Die getupfte Braun-Grüne, entfernt an eine Forelle erinnernde, Camo ist zwar fotografisch tatsächlich belegt, nur sieht mir das Seitenleitwerk eher nach dem vergrößerten aus! Wohingegen das andere noch erhaltene Bild (mit der kleineren, regulären, Fine) irgendwie nach Retusche wirkt. Die eidgenössische Maschine wäre dann schon eher authentisch, während die finnische eigentlich aber schon mit einer Erla-Haube ausgerüstet hätte sein sollen. Das Flugzeug Emil Clades ist auch soweit in Ordnung, jedoch hätte das Seitenruder hier weiß sein sollen und es sollte ferner ein 300l Zusatztank anstatt der Bombe am Gussrahmen sein müssen! Womit es Italeri hier also ganz gegen die Regel einmal fast doch noch geschafft hätte leidlich zutreffende Vorbildmaschinen auserkoren zu haben.
Fazit: Das Fazit kann somit nur positiv ausfallen, da auch der Guss recht gratfrei ist und es weder Auswerfermarken noch Sinkstellen gibt. Interessanterweise äfften selbst die noblen Hasegawisten die Idee mit dem variablen Rumpfende nach und gleich auch noch die finnische Bemalungsoption dazu. Sie versäumten es zugleich aber nicht den Preis eben mal zu verdoppeln. Normalerweise hätte es ja deren nicht minder teure Mitbewerber von Tamiya sein müssen, welche bekanntlich in 1/72 mit den Italienern " kooperieren". Doch damals bekam aber nur Bilek und Zvezda eine Chance zum allgemein als negativbehaftet geltenden Formenaustausch. Der Hit dürfte aber die Tatsache sein das selbst ausgerechnet jene recht kleine Firma aus Tschechien die das Preisniveau im Plastikmodellbau endgültig toppte ebenfalls die Bemalungsoption aus Kreta für ihre 1/48 und 144er Bausätze wählte.
Abschließend bleibt also nur zu hoffen. Das dieser grundsolide, durchaus fast schon als High-Tech zu klassifizierende, Bausatz der jedoch absolut Beginnertauglich ist, hoffentlich auch noch in weiteren Varianten auftaucht und man ihn bei dieser Gelegenheit gleich ein neues Spornrad spendiert!
N. (Juli 2020)