Junkers Ju 88A-4

Italeri 018 - 1/72

Die Ju 88 stellte zweifellos einen immensen Zuwachs für die mit zunächst eher lediglich wenigen Baumustern ausgerüstete junge ehemalige Deutsche Luftwaffe dar. Da dieser Typ, der sich außer als reguläres Bombenflugzeug darüber hinaus dermaßen mannigfaltig einsetzten ließ, in jeder Hinsicht eine ungemein qualitative Bereicherung bedeutete. Bedauerlicherweise gab es von der erstaunlich anpassungsfähigen Grundkonstruktion abgesehen aber noch andere Beweggründe, die die eigentliche Bedeutung dieses Flugzeug weit mehr beeinflusst haben dürften, als dessen wohl einmalig vielfältiges Einsatzprofil. Denn trotz der unbestritten guten Eignung für nahezu jede von einem Flugzeug überhaupt nur irgend zu bewerkstelligenden Aufgabe, sorgten aber hinter den Kulissen ausgetragene handfeste ökonomische Interessenkonflikte u. a. dafür, dass beispielsweise die weit bessere Nachfolgentwicklungen, also einerseits die Ju 288 gar nicht mehr nicht in Serie ging, während die Ju 188 erst viel zu spät und dann in zu kleiner Stückzahl in Fertigung gehen konnte, während aber an der zur Kriegsmitte bereits eindeutig veralternden Ju 88 ungehindert festgehalten worden war. Dies hatte nicht zuletzt wirtschaftliche, bzw. politische Gründe, da die Junkerswerke nachdem, sie dem Firmengründer regelrecht handstreichartig abgenommen wurden, als nationalsozialistisches Staatsunternehmen ein großes Interesse daran hatten das das riesige Ju-88-Bauprogramm unverändert weiter zu führen sei.

Allein schon die unumkehrbare Entscheidung gerade diesen eher leichteren Bomber zum meistgebauten Bombenflugzeug der Luftwaffe während des Krieges zu bestimmen, erwies sich letztlich als nicht die beste Maßnahme, denn dadurch wurden die Bomberverbände künftig ununterbrochen mit zwar hervorragenden Mittelstreckenbombern versorgt. Während ein strategischer schwerer Fernbomber wie ihn die Kriegslage weit eher erfordert hatte, effektiv nicht zur Verfügung stand. Womit sich dann auch recht nachvollziehbar auch die Tatsache erklärt, warum so viele Ju 88 Maschinen als Nachtjäger produziert werden konnten, und zu Kriegsende viele Maschinen, u.a., sogar neue Nachtjäger bedenkenlos einfach zu Mistel-Gespannen umgebaut wurden. Selbst schon der eigentliche Beginn der Ju 88 Entwicklung wurde aufgrund von unklaren Forderungen seitens der Luftwaffenführung behindert was einen baldigen Einsatz in Massen gleich zu Kriegsbeginn vereitelte, so dass noch während der Luftschlacht um England immer noch mehr He 111 und Do 17 Bomber eingesetzt werden mussten. Danach durfte die Dreifinger-Ju zwar unangefochten ihre vielfältigen Qualitäten unter Beweis stellen. Konnte aber trotzdem die He 111 als Bomber niemals ganz ersetzen. Womit dann, daher also beide Typen bis Kriegsende die Hauptlast im immer mehr aussichtsloser werdenden Kampf an der Ostfront tragen mussten. Wo zunehmend auch die schnellere Ju 88 vermehrt zur leichten Beute der immer besser werdenden sowjetischen Jäger wurde. Deshalb wird dieses außergewöhnliche Flugzeug, wohl nicht nur aus heutiger Sicht, stets viel mehr, in anderen Einsatzrollen in Erinnerung bleiben, denn als gewöhnlicher Mittelstreckenbomber. Die ihn sein einzigartig universell gearteter Grundentwurf eigentlich in weit erfolgreicher Weise auszuführen erlaubte.

Italeris Ju 88-Bausatz repräsentierte bei seinem ersten Erscheinen sicherlich die beste Nachbildung des vielseitigsten deutschen Kampfflugzeuges im zweiten Weltkrieg. Wenn man aber ehrlicherweise zugeben muss das es eigentlich ein anderer Kit, der Marke aus Bologna war, der innerhalb der Plastikmodellbauer-Gemeinde für Furore sorgte. Interessanterweise war nämlich von Italeri bereits schon in der Mitte der siebziger Jahre ein Ju 188 Modell in 1/72 erschienen, das seinerzeit mehr oder minder Maßstäbe setzte. Neben jenem damaligen Spitzenerzeugnis das auch heute immer wieder mal noch, in Gestalt von „Limited Edition“-Bausätzen erhältlich ist und der akkuraten He 111, bildete die Ju 88 eine logische Fortführung im Lieferprogramm, nachdem man zuvor auch schon bereits verschiedene Do 217 und Ju 86 Versionen herausgebracht hatte. Während all diese aufgezählten Bausätze anfänglich noch unter den alten Firmennamen „Italerei“ in einer OEM-Ausführung auch von Bünde aus vertrieben wurden. Konnte man die Ju 88 erst einige Zeit später, zu Beginn der neunziger Jahre, bereits nur als Italeri-Original Bausatz erwerben. Was seinerzeit aber eigentlich keine großes Rolle mehr spielte, da es damals auch bei uns überall schon mehr und mehr Kits jenes Herstellers zu bekommen gab. Hatte die Existenz der Matchbox Ju 188 die bereits schon in Recessed Panel-Technologie entstanden war und etwa gleichzeitig mit der von Revell/Italerei herausgekommen war.


Interessanterweise befanden sich in dieser Ausgabe bis auf ein einziges Klarsichtteil ebenfalls auch alle Teile,
die zum Bau des Zerstörers Ju 88 C-6 Artikel-Nr. 022 nötig sind, sowie zusätzlich noch ein Paar VDM-Propeller.

Aufgrund ihres äußerst einfach ausgestatten Cockpits, den Absatz jener in keinster Weise vermindern können, sahen die Zukunftsaussichten zur Markt-Einführung der Ju 88 allerdings bereits etwas weniger optimistisch aus. Denn aufgrund des bemerkenswert reichhaltig detaillierten Bausatzes von AMT, der ebenfalls auch schon versenkte Gravuren besaß, war Italeri ernste Konkurrenz entstanden wenn diese auch eher auf die Variante des Zerstörers zutraf, welche Italeri seinerseits aber auch bald nach der A-4-Bomberversion in Gestalt eines C-6-Modell mit 99% identischen Teilen des Bombers herausgebracht hatte. Da AMT sehr bald danach Bankrott ging, konnte der Italeri-Kit auch weiterhin erfolgreich verkauft werden. Bis aber von der russischen Firma Zvezda ebenfalls eine modernere Ju 88-A mit versenkten Oberflächendetails erschien. Da beide Firmen ja wirtschaftlich verbunden sind, allein schon weil Italeri Zvezdas Distributor in Westeuropa ist, war auch diese Konkurrenz sicherlich nicht als allzu bedrohend einzustufen. Womit der Bausatz aus Italien also weiterhin angeboten werden konnte, zumal Zvedas Formen einige fehlerhafte Darstellungen aufweisen, und auch bei den Farbvorschlägen und Decalbögen nicht ganz korrekt recherchiert haben. Erst mit dem nahezu perfekt gelungenen Hasegawa-Modell wurde es für Italeri definitiv schwieriger. Weshalb wahrscheinlich auch vor wenigen Jahren eine nachgebesserte Neuauflage erschien, die allerdings immer noch in der Mehrzahl Teile der ursprünglichen Form verwendet. Trotzdem lässt sich der günstigere ältere Bausatz öfters in vielen Läden sogar heute noch entdecken. Stellt er ja selbst jetzt immer noch eine attraktive und günstige Alternative zu Hasegawa dar, da der etwa gleich teure Zvezda-Bausatz bekanntlich in unserem Land bei weitem nicht so häufig erhältlich ist.

Der aus über 100 Einzelteilen bestehende Italeri-Bausatz weist nicht nur die gewohnt gute Gussqualität von Italeri auf, sondern besitzt auch keinerlei erwähnenswerte Sinkstellen oder Auswerfer-Marken. Da die vorhandenen paar kaum zu erkennen sind. Lediglich innerhalb der großformatigen klar aufgegliederten Bauanleitung gibt es einige Fauxpas zu bemängeln. Abgesehen von einigen sachlichen Fehlern in der kurzen Vorbild-Beschreibung wird, wie aber von anderen Herstellern für den Innenraum unverständlicherweise ausgerechnet „Reseda-Grün (sic!) als vorbildgerechter Farbton, anstatt RLM-Grau angegeben. Davon abgesehen wurden aber z.B. die MG 15 –Waffen noch authentischer nachgebildet wie bei den bereits etwas längere Zeit angebotenen Bausätzen der ehemaligen Luftwaffe aus selben Hause. Und auch die Klarsichteile sind ebenfalls, wie auch eigentlich nicht anders zu erwarten, zeitgemäß, und optisch verzerrungsfrei gelungen. Allerdings gibt es an Ihnen doch etwas auszusetzen. Ist die Idee mit nur einer Haupt-Gussform nebst alternativ zu verwendenden, separaten oberen, Kanzeldach-Bauteilen vielleicht für den Fertigungsprozess äußerst praktisch und rationell, so ist bedauerlicherweise gerade das gesonderte Klarsichtteil das die typischen zwei stark nach außen gewölbten Außenfenster der A-4- Baureihe darstellt, nicht perfekt nachgebildet worden, da der untere Rand der Auswölbung eine Art Schwellung aufweist, die deswegen dann eine etwas zu starke Wandstärke besitzt was dann zugleich aber selbstverständlich den berüchtigten Glasbaustein-Effekt erzeugt. Damit muss man also anerkennen das Zvezda und Hasegawa-Kits in diesem Punkt eindeutig vorbildgetreuere Klarsichteile anbieten. Es gibt ferner sogar, wie sonst bei keinem anderen Anbieter, auch noch ein innerhalb der Bugverglasung vorhandenes Loch zur Durchführung eines bei manchen Versionen an jener Stelle installierten (und im Bausatz enthaltenen) MG 131. Das Problem hierbei ist eigentlich nur das derjenige welcher diese Option aber jetzt nicht in Anspruch nehmen möchte, leider größte Schwierigkeiten bekommt das kleine Loch spurlos zu beseitigen. Da wäre es viel einfacher beispielsweise bei der Torpedo-Bomber-Ausgabe A-17 (die auch ab und an von Italeri aufgelegt wird) wo dieses MG regulär eingerüstet war, dies Loch einfach vom Käufer selbst bohren zu lasen. Genauso wie beispielsweise aber auch Freunde von Feldmodifikationen o. ä. dann natürlich auch beim Bausatz No. 18, nach Belieben, zur Minibohrmaschine greifen könnten. Obwohl die Räder des Hauptfahrwerks und insbesondere des Spornfahrwerks vom Durchmesser her auffällig groß geraten wirken, wenn man sie jetzt beispielsweise mit Airfix und Revell vergleicht, sind sie aber vollkommen korrekt dimensioniert und maßstabsgetreu.

Der manchmal gebrauchte Hinweise die Triebwerksgondel seien im Durchmesser proportional zu klein dargestellt, fällt fast gar nicht ins Gewicht. Denn es gab bislang nur einen einzigen Bausatz (von Frog), der dann allerdings wiederum aber schon zwei zu wuchtig wirkende Triebwerke besaß, die wohl effektiv etwas zu groß geraten sind. Während das Airfixmodell Gondeln mit einem eher rechteckigem Querschnitt anbietet die ebenfalls unnötig groß sind. Viel eher sollte aber die Breite der ETC-Träger bemängelt werden, die wohl absichtlich etwas überdimensioniert worden, um den Abstand zwischen Rumpf und Triebwerk besser ausfüllen zu können. Und auch die typischen sich im Bereich der Fahrwerkschächte leichte verbreiteten Motorgondeln wurden von Italeri (wie auch von anderen Herstellern auch) nicht korrekt wiedergegeben. Während aber die Sturzflugbremsgitter immer noch eindeutig die filigransten und am vorbildgetreusten gelungensten in diesem Maßstab sind. Die am Modell vorhandenen nicht wenigen Nietenreihen die zwar nicht als störend empfunden werden, sind komischerweise aber etwas gröber als jene an z.B. der He 111 aus dem selbem Hause ausgefallen. Trotzdem ist ihre Vorhandensein einigermaßen stimmig wie auch die feinen Panelines dem Original sehr nahe kommen, genauso wie die Fahrwerksbeine sowie die dazugehörenden Schächte äußerst naturgetreu ausgeformt wurden. Und Selbst die zwei kleinen Hutzen an den Triebwerksgondeln sind nicht ausgespart worden. Daher erwirbt der Käufer hier einen vorbildlich ausgestatteten Bausatz der es einfach macht ein in jeder Hinsicht authentisches Modell des A-4-Bombers bauen zu können. Aufgrund der nicht allzu vielen Teile kommt daher also selbst der Beginner ganz ohne irgendwelche Hürden sehr gut mit diesem grundsoliden Kit zurecht. Genauso wie sich auch jeder Experte über die erstaunliche Detailfülle freuen wird. Womit ich dieses Produkt also auch nur vorbehaltlos weiter empfehlen kann, insbesondere dann, wenn man ihn vielleicht noch günstig im Online-Auktionshaus ersteigern kann. Was aufgrund mehrerer immer noch recht häufig im Umlauf befindlichen Ausführungen, (z.T. sogar auch noch in Limited Edition-Aufmachung) nicht übermäßig schwer sein sollte. Lediglich der karge Decalbogen sorgt für einen Dämpfer, da er weder Wartungshinweise noch Markierungen bzw. Warn Symbole erhält. Spätestens in diesem Zusammenhang wäre ebenfalls noch anzumerken das der Plexiglasdeckel für die EZ6b-Antenanlage leider lediglich nur als Abziehbild vorliegt anstatt als Klarsichtteil. Wie man auch Besatzungsmitgliederfiguren vergeblich sucht und es für’s ansonsten vorbildlich ausgestaltetem Cockpit ebenfalls keinerlei Decals für die Seitenwand-Konsolen oder die Rückwand mit der reliefartig dargestellten Funkanlage gibt. Und schließlich noch eine kleine, leider vielleicht vom Rohrdurchmesser etwas zu groß geratene Ausstiegsleiter die reichhaltige Kabinen-Ausrüstung abrundet. Während es für die Bola komischerweise anstatt dem MG 81-Z Zwilling nur zwei einzelne Einlinge gibt was normalerweise eher wenig störten sollte, allerdings bei geöffnet dargestellter Ausstiegsklappe aber zu erkennen ist. Bedauerlicherweise sind auch bei diesem Kit, wie bei Italeri aber bereits mehr oder minder üblich, einige Teile nur sozusagen, frei Hand anzukleben. Glücklicherweise gibt’s wenigstens aber für die zu breit geratenen ETC-Träger zumindest zwei Relief-Linien um sie exakt platzieren zu können. Die Streben des Cockpits sind ebenfalls wie bei vielen Italeri-Bausätzen nicht völlig erhaben ausgebildet, sondern nur durch dünne Randstreifen an deren Außenkanten dargestellt was spätestens erst beim Abkleben der Kanzel richtig auffällt. Ansonsten ist der Bausatz aber wirklich als ein Meilenstein einzustufen der nun allerdings dennoch zunehmend zu veralten beginnt, aber trotzdem immer noch eine unzweifelhafte Daseinsberechtigung hat. Was nicht zuletzt die erweiterte Neuauflage in eindringlichster Weise beweist.

Zu dieser gilt es eigentlich anzumerken das sie bestenfalls eine Kompromisslösung darstellt und daher auch den ersten Bausatz der Ju 88 nicht in einem heute erforderlichen Maß ersetzen kann. Sicherlich gibt es nun zwar weit zeitgemäßere, äußerst reichhaltige Decals mit endlich auch allen heute zu erwartenden zusätzlichen Schriftzügen etc, in lupenreiner Schrift usw. Ferner zusätzliche Bomben-Nachbildungen, sowie sogar auch mehrere, streng genommen, eigentlich unnötigen Maschinenwaffen. Die der Bomber so nicht eingerüstet hatte. Und schlussendlich gibt es zusätzlich noch neue Zubehörteile fürs Cockpit wie einen alternativen „Mumiensitz“ während die Klarsichteile aber unverändert, geblieben sind. Womit diese Neuauflage streng genommen leider letztlich also wieder, wie so oft, (nur) eine eher typische Marketingidee anstatt einer tatsächlichen Neuerung darstellt. Denn Italeri hätte selbstverständlich durchaus, ohne weiteres, genauso gut gleich eine ganz neue Gussform mit versenkten Gravuren kreieren können, anstatt die ältere Form um einige neue Teile, mit aber gleichfalls (nur) erhabenen Oberflächen, zu erweitern. Allerdings aber zu einem wenigstens weitestgehend fairen Preis der nur etwas über jenem der Zvezda liegt, gleichzeitig aber doch spürbar unter jenem der, besseren Hasegawa bleibt. Abschließend möchte ich es nicht versäumen an dieser Stelle Enrico Friedel-Treptow, der mir mich auf einige Fehler hingewiesen hat und auch sonst noch tatkräftig unterstützt hat, zu danken.

N. (Februar 2011)