Vorbild: Die Junkers Ju 88 war ein zweimotoriges Flugzeug mit Kolbenmotoren der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke (JFM), das von 1939 bis 1945 als eines der Standard-Kampfflugzeuge der Luftwaffe des Deutschen Reiches produziert wurde. Die ursprünglich als schneller Horizontal- und Sturzkampfbomber konzipierte Maschine kam mit diversen Modifikationen auch als Fernbomber, Torpedobomber, Minenleger, See- oder Fernaufklärer, zur Wetterbeobachtung, als Zerstörer, Nachtjäger, Panzerjäger oder als Tiefangriffsflugzeug zum Einsatz. Im November 1935 gab das Reichsluftfahrtministerium die Anforderungen für das zukünftige schnelle mittlere Kampfflugzeug an die Firmen Dornier, Henschel, Messerschmitt, Heinkel und Junkers heraus: ein zweimotoriger Horizontalbomber mit drei Mann Besatzung und leichter Abwehrbewaffnung, der 500 kg Bomben mit 500 km/h 2000 km weit transportieren sollte. Als Dauergeschwindigkeit forderte das RLM 450 km/h; die Maschine sollte mit Bombenlast in 25 Minuten auf 7000 Meter steigen können. Bei diesem Konzept stand die Geschwindigkeit an erster Stelle. Angriffen durch Jagdflugzeuge sollte sich der Bomber durch seine Schnelligkeit entziehen. Das bedeutete, dass zugunsten der Flugleistung auf Panzerung, selbstabdichtende Treibstofftanks und starke Abwehrbewaffnung verzichtet werden sollte: nur ein MG 15 mit 7,92 mm zur Verteidigung nach hinten oben wurde gefordert.
Der Erstflug des Versuchsmusters Ju 88 V1 fand am 21. Dezember 1936 statt. Da die werkseigenen Motoren vom Typ Jumo 211 noch nicht zur Verfügung standen, war die Maschine mit Vergasermotoren vom Typ DB 600 Aa mit je 1000 PS Startleistung ausgestattet. Bei einem Gewicht von 7000 kg erreichte das Flugzeug mit seinem aerodynamisch günstigen Bug 450 km/h. Der zweite Prototyp Ju 88 V2 hatte nur wenige Änderungen und flog maximal 465 km/h. Am 13. September 1937 flog das dritte Versuchsmuster V3. Es erhielt die geplanten Motoren vom Typ Jumo 211 A mit 1000 PS Startleistung. Bei einem Gewicht von 7000 kg übertraf sie die geforderten Werte: unbewaffnet konnte sie eine Geschwindigkeit von 520 km/h für 30 Minuten halten - der moderne britische Jäger Hawker Hurricane erreichte nur 508 km/h. Voll ausgerüstet mit einer Flugmasse von 8482 kg war sie noch 450 km/h schnell. Das Ziel, die Konstruktion eines schnellen Kampfflugzeuges, das Angriffen feindlicher Jagdflugzeuge allein durch seine Geschwindigkeit entgehen konnte, schien erreicht. Die Ju 88 V3 sollte den Geschwindigkeitsrekord über 1000 km mit 2000 kg Nutzlast erringen. Am 24. Februar 1938, bei einem Vorbereitungsflug von Dessau zur Zugspitze, fiel einer der Motoren aus. Bei der anschließenden Notlandung in Fürth verunglückte die Maschine, Pilot und Bordingenieur kamen ums Leben.
Noch immer gab es keine Entscheidung über einen Serienbau, doch im August 1937 forderte der Generalstab von der Maschine die Fähigkeit, Schrägangriffe gegen militärische Punktziele mit einem Gleitwinkel von 30° zu fliegen. Am 23. Dezember 1937 beauftragte das RLM Junkers, die Ju 88 vom Schnellbomber zum schweren Sturzkampfbomber mit über 60° Sturzwinkel umzukonstruieren und die Serienproduktion vorzubereiten. Am 2. Februar 1938 wurde die Ju 88 V4 erprobt. Sie war sturzflugfähig, hatte einen verstärkten Rumpf, Sturzflugbremsen und eine größere, für vier Mann ausgelegte Kabine. Das gestiegene Gewicht und der höhere Luftwiderstand reduzierten die maximale Geschwindigkeit auf 450 km/h.
Die Konstruktion der Ju 88 war typisch für die deutschen Kampfflugzeuge des Zweiten Weltkrieges. Die Besatzung war in der großzügig verglasten Kabine, später auch "Kampfkopf" genannt, im vorderen Teil des Rumpfes zusammengefasst. Von dort aus konnten alle Aggregate und Verteidigungswaffen der Maschine bedient werden. Es war nicht vorgesehen - und auch nicht möglich - den Arbeitsraum zu verlassen und den hinteren Teil des Rumpfes zu betreten. In den "Lastenräumen" des schmalen Rumpfes konnten nur kleine Bombenkaliber transportiert werden. Von Anfang an war geplant, schwere Lasten an Bombenschlössern unter den Tragflächen mitzuführen. Dadurch wurde die Ju 88 leichter, kleiner, schneller, wendiger und von einer kleineren Besatzung zu fliegen als vergleichbare Maschinen der Alliierten. Die Ju 88 konnte einen größeren Anteil ihrer Flugmasse als Nutzlast transportieren, und sie war für verschiedene Einsatzprofile verwendbar.
Der Nachteil dieses Konzeptes lag in der schwachen Abwehrbewaffnung. Zwar wurde die Anzahl der Maschinengewehre schon Ende 1940 von anfangs drei auf vier bis sieben erhöht, aber es gab keine überlappenden Feuerbereiche, in denen die Wirkung mehrerer Maschinengewehre zusammengefasst werden konnte. Der Einbau eines Waffenstandes im Heck war nicht möglich. Daher konnte immer nur ein einziges 7,92-mm-MG auf eine angreifende Jagdmaschine gerichtet werden, so dass die Ju 88 bei Angriffen durch Jagdflugzeuge sehr verwundbar war. Dieser Nachteil vergrößerte sich im Laufe des Krieges erheblich, da die gegnerischen Jagdflugzeuge immer schneller und besser bewaffnet wurden.
Den Anforderungen des RLM entsprechend war die Junkers Ju 88 A bis 90° sturzflugfähig. Der kleineren Junkers Ju 87 ähnlich, verfügte sie über Sturzflugbremsen unter den Tragflächen. Um den Piloten zu entlasten, war eine komplexe Abfangautomatik eingebaut. Im Marschflug betätigte der Pilot den Sturzflughebel, um den Sturzflug einzuleiten: dadurch wurden automatisch die Sturzflugbremsen ausgefahren, die Luftschrauben zum Bremsen auf größte Drehzahl gestellt, die Höhenrudertrimmklappen zum Abfangen vorgespannt, eine Sicherheitssteuerung gegen zu hartes Abfangen eingeschaltet, die Kühlerspreizklappen geschlossen, der Abwurf der Rumpfbomben gesperrt und die Lader der Triebwerke auf niedrige Flughöhe umgeschaltet. Durch das Auslösen der Bomben unter den Tragflächen wurden die Trimmklappen auf Abfangen und die Luftschrauben auf normale Drehzahl gestellt. Das Flugzeug fing nun automatisch mit etwa der dreifachen Erdbeschleunigung ab. Im Horizontalflug stellte der Pilot den Sturzflughebel wieder zurück, die Maschine ging automatisch zum Marschflug über. Etwas später wurde das Verfahren modifiziert. Der Abwurf erfolgte nun aus einem flacheren Sturzflug von 50° im Moment des Abfangens. Dadurch war es möglich, auch die Bomben in den Vertikalmagazinen im Rumpf einzusetzen. Insgesamt wurden etwa 9300 Bomber Ju 88 A gebaut. (Quelle Wikipedia, auszugsweise)
Um die Feuerkraft nach vorn zu erhöhen, wurde häufig in Feld-Werften im Vorderrumpf eine starr nach vorn gerichtete Oerlikon MG-FF 20 mm-Kanonen nachgerüstet. Diese Maschinen flogen oft bei regulären Bombereinheiten mit und wurden zur Boden- und Seezielbekämpfung eingesetzt. Das Bombenzielgerät wurde entfernt und die kleine vordere Verglasung der Bodenwanne entweder durch Blech ersetzt oder übergestrichen. Der vorliegende Bausatz stellt die Version A-14 dar, bei der dieser Umbau bereits werkseitig berücksichtigt wurde. Hierbei wurde die Kanone in der Bodenwanne positioniert und mit einer neuen, eckigen Blechverkleidung mit Hülsenauswurf versehen. Die Bombenschlösser unter den Flügeln blieben angebaut, die Sturzflugbremsen wurden jedoch nicht montiert.
Bausatz (Vorgeschichte): In den Endsiebzigern brachte AMT zunächst einen A-4-Bausatz auf den Markt, dann folgten Hobbycraft und Dragon je mit einer ganzen Familie. Die Dragon-Kits sind am Markt noch immer weit verbreitet und wurden teilweise von Hasegawa, Revell und Cyber-Hobby aufgelegt. Wenn auch unter den genannten Serien zahlreiche A-Varianten waren, so fehlte eine dezidierte A-14 bisher völlig, ebenso ein Umbau-Set. Für eine A-14 war man bisher ganz auf die eigene Initiative angewiesen.
Bausatz: Der Bausatz ist eine Wiederauflage des ICM eigenen Ju 88 A-5-Kit von 2015 mit neuen Decals und einem zusätzlichen Gießast. Er kommt in einem großen stabilen Wellpappekarton mit einem farbigen Stülpdeckel mit dem Bild der EZ+EH in die Läden. Die Verpackung macht einen recht stabilen Eindruck. Die ca. 275 Bauteile sind in hellem Grau sauber gespritzt, ohne Gussgrate und fast ohne Sinkstellen und auf sieben Rahmen verteilt. Von diesen sind 49 als nicht zu verwenden gekennzeichnet. Ein Klarsichtrahmen beherbergt weitere 21 Teile, von denen fünf wiederum der Ersatzteilkiste zugeführt werden können. Die Kunststoffteile sind mit feinen Gravuren und einigen erhabenen Details ohne Nieten versehen.
Das Cockpit allein entsteht ohne die Abwehrbewaffnung bereits aus rund 50 Teilen, was einige Realitätsnähe verspricht. Ein Problemfall sind leider ähnlich wie bei der ICM Do 215 die Sitze für die Besatzung, der Pilotensitz ist aus zwei Halbschalen zusammenzusetzen, was Probleme mit der entstehenden Klebenaht verheißt, der des Bombenschützen hat wieder einmal Kindergröße. Auf jeden Fall sollten die Sitze mit Gurten aus dem Zubehörbereich aufgerüstet werden, da die großzügige Verglasung viel Einblick verspricht.
Die Flügel setzen an einem bis zu den Motorgondeln reichenden unteren Mittelstück an, was neben einer stabilen Verbindung auch einen korrekten Winkel verspricht. Die separaten Leitwerke und Ruder bestehen jeweils aus Ober- und Unterteil, so dass zum Erreichen einer scharfen Hinterkante Schleifarbeiten nötig werden können. Dafür sind Querruder und Landeklappen jeweils einteilig ausgeführt.
Das Fahrwerk ist komplex aus jeweils zwölf Teilen aufgebaut. Die Beine werden auf ein podestartiges Fundament fixiert, das zwar mit Sicherheit nicht dem Vorbild entsprechen, aber auch kaum sichtbar sein dürfte. Die Felgen sitzen zu tief in den Rädern und entsprechen vom Detail her nicht dem Vorbild, hier sollte zum Zubehörmarkt gegriffen werden. Beide Motoren können offen nachgebaut werden und bestehen ohne Verkleidungen aus jeweils 19 Teilen. Problematisch finde ich die Luftfilter, deren Details viel zu flach sind, außerdem fehlt gänzlich jede Struktur der Gitter. Hier sollte unbedingt mit am Markt erhältlichen Korrektursätzen nachgerüstet werden. Die für die A-14 benötigten breiten Holzpropeller haben auf der Rückseite tief eingesunkene Bereiche, die aufgearbeitet werden sollten, auch wenn sie nach dem Anbringen nur noch wenig sichtbar sind. Die Luftkanäle für die Turbolader sind außerdem im Querschnitt zu abgerundet, sie sollten deutlich eckiger sein. Ob bei den Vorbildern Sturzflugbremsen verbaut waren, sollte recherchiert werden, da wie oben bereits erwähnt, die "Kanonenvögel" eher ohne diese flogen.
Die Glasteile sind leider modular zusammengesetzt, was teils formentechnisch wie bei den Schwalbennestern für die hinteren Abwehrwaffen bedingt ist, teils aber auch dem Bestreben des Herstellers, möglichst viele Versionen mit denselben Gussästen anbieten zu können. Beim Verkleben der Klarteile ist also größte Vorsicht geboten. Beim Bau der ICM Do 215 hatte ich einige Probleme bei der Montage der Abwehrwaffen, da die Öffnungen in den Glasteilen viel zu klein waren. Dementsprechend würde ich auch bei den Ju-88-Bausätzen dringend eine Probepassung der Waffen vor der Montage der Glasteile empfehlen!
Bemalung: Die Bauanleitung führt in 102 Schritten in Grautönen mit roten Hervorhebungen zum Ziel, den Abschluss bilden eine Seite mit Platzierungshinweisen für die zahlreichen Wartungshinweise und zwei Hochglanzseiten mit farbigen Zweiseitenrissen für die Bemalung. ICM Farbangaben beziehen sich übrigens auf die Farbsysteme von Revell und Tamiya. Der Decalbogen dieses Kits ist jedoch glänzend und mit wenig Rand in klaren Farbtönen gedruckt. Die Nassschiebebilder sind sauber gedruckt und erscheinen deckend. Ich habe allerdings beim Bau der ICM Do 215 sehr schlechte Erfahrungen gemacht, deren Decals unbrauchbar, matt und vergilbt waren. Der Bau wird zeigen, ob ICM hier wirklich Fortschritte gemacht hat.
Die Decals bieten die folgenden Vorbilder zur Auswahl:
Alle vier Maschinen waren in RLM 70 Schwarzgrün/RLM 71 Dunkelgrün-Splittertarnung über 65 lackiert, wobei die Version Nummer 3 über dem Hellblau 65 auf der Unterseite der Motorgondeln eine zusätzliche auffällige Flecktarnung in RLM 70 trug.
Fazit: Die ICM-Ju-88 Reihe bietet von allen angebotenen Kits sicher z.Z. das beste Preis-Leistungsverhältnis. Zu kritisieren sind vor allem die Lufteinläufe und die Räder. Wer sich daran nicht stört, erhält bereits aus der Box einen sehr guten Kit. Für Modellbauer mit etwas Erfahrung sehr zu empfehlen.
Utz Schißau, Berlin (Oktober 2016)
Erhältlich in gutsortierten Modellbauläden oder für Händler bei Faller.
Literatur
Filley, B, Junkers Ju 88 in action Part 1, Aircraft Number 85, squadron/signal publications 1988
Filley, B, Junkers Ju 88 in action, Part 2, Aircraft Number 85, squadron/signal publications 1988
Feist, U, M. Dario, Junkers Ju 88, Das Waffen-Arsenal/squadron/signal publications 1972