Saab J-29F "Tunnan"

Hobby Boss 81745 - 1/48

Vorbild: Für viele Anhänger unseres Hobbys sind Modellbausätze dieser Art auch eine Stück Wiederspieglung der Luftfahrtgeschichte. So ist es schon etwas verwunderlich, das Jahrzehnte lang die erfolgreichen schwedischen Flugzeugkonstruktionen der Firma Saab (Svenska Aeroplan Aktiebolaget) von der Modellbau Industrie fast ausgeschlossen wurden. Erst in der heutigen Zeit beschäftigt man sich intensiver mit den interessanten Kampfflugzeugen der Schweden. Ein Beispiel dafür ist Saab J-29, dessen Modell wir in diesem Bericht vorstellen wollen. Ihre ungewöhnliche Form und ihr Spitznahme "Tunnan"/ Fass, Tonne, bekam sie, weil der Rumpf um eines der leistungsstärksten Strahltriebwerke gebaut wurde, das es Ende der 1940er Jahre gab. Es war das britische Ghost Triebwerk von DeHavilland.

Nach einigen Versuchen, einigte man sich darauf, den vierten mit vier Bofors/Hispano Bordkanonen bewaffneten Prototyp, als J-29A ab 1951 in Serie gehen zu lassen. Diese Variante war aber schwer zu fliegen. Besonders die Klappen machten Probleme und so kam es bei Starts und Landungen zu einigen tödlichen Unfällen. Nach und nach aber wurden Zelle und Flügel überarbeitet. Ab der J-29F erhielten die Tragflächen Grenzschichtzäune und einen Sägezahn. Diese Maschine war ab 1954 der neue Standard der schwedischen Luftwaffe, auch Österreich als zweites Nutzerland der "Tunnan" bekam 30 Maschinen dieser Ausführung. Dort wurde sie erst 1972 außer Dienst gestellt.

Erwähnenswert ist noch, dass die J-29 auch eine sogenannte "Heiße Phase" also einen Kampfeinsatz durchmachte. Und zwar im zentralafrikanischen Kongo, der 1960 vom Königreich Belgien überstürzt in die Unabhängigkeit geschickt wurde. Das führte zu heftigen Bürgerkriegen in dem Land. Wirtschaftlich war der Kongo schnell am Ende und außerdem versuchte einer der vorgesehenen Staatspräsidenten, Moise Tschombe, nach der Ermordung seines Vorgängers Patrice Lumumba, den sogenannten Kupfergürtel Katanga abzuspalten. Es ging, wie fast immer bei solchen Konflikten um Rohstoffe für die westliche Welt. Das rief die UN als Friedenstruppe auf den Plan, zumal Tschombe eine Armee von überwiegend weißen Söldnern ins Land holte. Diese bauten für ihre Zwecke eine primitive aber effektive Luftwaffe auf. Unter anderen schickte Schweden daraufhin vier J-29 "Tunnans" zur Luftunterstützung der UN Streitkräfte. Von Kamina/Kongo griffen sie aktiv in die Kämpfe ein. Es war zwar nicht unsere F-Variante sondern die J-29B, aber geschichtlich interessant sind Modelle mit solch einen Hintergrund immer.

Bausatz: Im Stülpkarton finden wir an 5 Gussästen insgesamt 124 Einzelteile von ausgesprochen guter Machart. Hobbyboss eben. Die Gravuren sind laut Plänen da wo sie hingehören und auch nicht übertrieben dargestellt.

Das Cockpit hat sehr schöne Details, wie zum Beispiel erhaben geprägte Instrumentenborde seitlich und natürlich am Armaturenbrett. Für diese gibt es schöne Decals um die Komponenten perfekt hervorzuheben. Auch der Schleudersitz Saab Mk.II, also aus schwedischer Produktion, ist stimmig. Gurte wären nicht schlecht. Man kann sich hierbei auch die Frage stellen, warum die Chinesen bei vielen Bausätzen solche Teile aus Messing beifügen und bei einigen wiederum nicht. Irgendwie wäre auch preislich gesehen mal ein Standard angebracht.

Kommen wir nun zu unserem Dilemma. Schon nach Erscheinen des Modells, kursierten Gerüchte, dass der Maßstab nicht stimmig ist. Das ist leider richtig. Nach dem ich die Teile mit den Plänen von Richard J. Caruana (1:48) verglichen habe, komme ich mit gutem Wissen und Gewissen, dass auch solche Pläne Abweichungen haben können, auf den Maßstab 1:50. Aber sonst passt alles an dem Modell maßstäblich zusammen. Sei es an der Zelle, dem Fahrwerk und der externen Bestückung mit den speziell geformten Zusatztanks oder den schwedischen Lizenzausführungen der Sidwinder Luft-Luft Raketen.

Also sollte man den Bausatz weder verdammen noch den gnadenlosen Urteilen der "Nietenzähler" überantworten. Anderseits wäre es auch nicht fair, solche Dinge zu verschweigen. Aber man sollte sich fragen: Wie oft werden Maßstäbe schon auf ihrer perfekten Genauigkeit überprüft. Und Modellbau soll Spaß machen, gerade mit solch ungewöhnlich aussehenden Flugzeugen wie der "Tunnan". Auch bei mir steht zwischen manchen 32er und 48er Modellen ein fast schon einsames Modell im Maßstab 1:72, wenn es den mich faszinierenden Typ sonst nicht gibt.

Übrigens, die vielen Antennen am unteren Rumpf, wie sie das Kartonbild zeigen, braucht man im Bausatz nicht zu suchen. Die sind der Fantasie des Künstlers entsprungen. Keine "Tunnan" ist so produziert worden.

Bemalung: Es kann eine schwedische oder eine J-29F der Österreichischen Bundesluftwaffe gebaut werden. Alle beiden Maschinen sind in Naturaluminium gehalten. Bei dem Schweden gibt es aber noch die Kritik, dass das Blau der Kokarden zu dunkel ist. Aber die "Tunnan" aus Österreich ist sowieso etwas farbenfreudiger.

 

Fazit: Interessanter Typ.

Der Bezug ist über den örtlichen Fachhandel oder Onlinehändler möglich.

Jürgen Bauer, Berlin (März 2015)