Vorbild: Die Handley Page H.P.80 Victor war ein vierstrahliger Bomber der Zeit des Kalten Krieges aus britischer Produktion. Sie war einer der drei für den Abwurf von Atombomben vorgesehenen Typen der "V-Bomber"-Reihe (neben der Vickers 667 Valiant und der Avro 698 Vulcan). Entwickelt und hergestellt von der Handley Page Aircraft Company, reichte ihre Entwicklung bis in das Jahr 1947 zurück. Die Victor geht auf die Spezifikation B.35/46 zurück. Damals forderte die Royal Air Force einen strategischen Mittelstreckenbomber für den schallnahen Geschwindigkeitsbereich in großen Höhen, der gleichzeitig in der Lage sein sollte, Kernwaffen zu tragen. Die Victor ist ein freitragender Mitteldecker in Ganzmetallbauweise mit T-Leitwerk und gepfeilten Tragflächen, das Fahrwerk ist komplett einziehbar. Sie erhielt wie die Valiant einen Sichelflügel, war jedoch moderner und erreichte zudem eine höhere Geschwindigkeit als die Vulcan.
Während eines Testfluges durchbrach einer der Prototypen sogar die Schallmauer, obwohl die Konstruktion dafür ursprünglich nicht ausgelegt war. Am 24. Dezember 1952 startete der Prototyp zum Erstflug, ging jedoch am 18. Juli 1954 bei einem Testflug verloren, was die Aufnahme der Serienflugerprobung um drei Jahre verzögerte. Erst 1958 übernahm die RAF die ersten von 50 Victor BMk.1. Abgeleitet aus dieser wurden die verbesserte BMk.1A, der Aufklärer/Bomber BPR.Mk.1 sowie der Tanker B.K.Mk.1. In ihrer Rolle als Trägersystem wurde die Victor auch mit der nuklearen Luft-Boden-Rakete Blue Steel ausgerüstet. Nach dem Erstflug am 20. Februar 1959 wurde 1962 die Victor BMk.2 in Dienst gestellt. Aus ihr entstand 1965 der strategische Aufklärer B(SR).2. Während des Borneo-Konfliktes der Jahre 1962-1965 flogen zwei Victor B.1A die einzigen offensiven Bombereinsätze in der Geschichte dieses Flugzeugtyps.
Im Falklandkonflikt 1982 war bei der Operation Black Buck die Victor als Luftbetankungsflugzeug für die Avro Vulcan Bomber eingesetzt. Die Victor wurde zudem auch in der Operation Desert Storm 1991 eingesetzt und blieb bis 1993 als Tanker im Dienst der RAF; sie war zugleich das letzte von Handley Page produzierte Kampfflugzeug und auch der langlebigste "V-Bomber", jedoch nicht in der Rolle des Bombers.
Quelle: Wikipedia
Modell: Der Begriff "Englische Wochen" ist eigentlich verbunden für den Zeitraum, in dem viele Spiele für die Bundesligavereine auf dem Programm stehen. Für uns Modellbauer in 1/144 könnte man diesen Ausdruck in Verbindung mit den derzeitigen Neuheiten bringen, sind es doch gerade die englischen Vorbilder, welche derzeit als Bausätze erscheinen. So auch die Victor von G.W.H.. Nach der Vulcan und TSR 2 nun eine weitere Ikone des englischen Flugzeugbaus. Bisher gab es von dem markanten Design mit dem Sichelflügel einen Bausatz aus Resin von Anigrand und einen Vacu-Kit von Welsh. Auch dieser Bausatz entstand wie die o.g. Kits in Zusammenarbeit mit der japanischen Firma Pit Road. Vor einer ganzen Weile war dieser schon in Japan als B.2(auch von Great Wall Hobby erhältlich) erschienen.
Beim grundsätzlich schönen Karton hat man bei G.W.H. jetzt leider auf einen Schüttkarton gewechselt. Das Deckelbild zeigt eine Victor in Desertpink (Hemp wäre richtig), auf der Rückseite gibt es die getarnte Maschine zur Bemalungsvorlage. Die Bauteile finden auf sechs Spritzrahmen aus grauen Plastik und einem aus klarem Kunststoff Platz. Entgegen den ersten Bausätzen hat der Hersteller den Aufwand beim Verpacken und Schützen der Rahmen reduziert. Eine Beschädigung beim meinem Exemplar habe ich aber nicht festgestellt. Das erste Betrachten der Teile lässt die Freudenwogen hochschnellen. Schnell ist klar, dass man es mit einem sehr hochwertigen Bausatz zu Tun hat. Die Qualität ist augenscheinlich vorhanden, wenn man die feine Gravuren auf den Oberflächen und die Abspritzung der Teile im Generellen betrachtet. Gleichzeitig ist der Kit aber auch auf eine schnelle und unkomplizierte Baubarkeit ausgelegt. Aber der Reihe nach.
Das Cockpit ist eher auf der einfacheren Seite, aber ich denke völlig ausreichend für den Maßstab. Der Rumpf ist konventionell geteilt und bietet wie schon gesagt sehr schöne Oberflächendetails. Die Tiefe der Gravuren ist nicht super fein, dafür sollten sie auch noch gut erkennbar sein nach dem Farbauftrag. Für die Montage der Tragflächen ist eine Tasche vorhanden, in die die Flächen geklebt werden sollen. Wenn die Passgenauigkeit so gut ist wie bei der Vulcan, sicherlich ein Traum.
Der große Bombenschacht ist nicht vorhanden, was beim Tanker eh nicht wichtig ist. Optional kann die Luftbremse am Heck in geöffneter Stellung angebracht werden. Das Seitenleitwerk ist zweigeteilt, die Hinterkannte dürfte aber trotzdem noch im akzeptablen Bereich liegen. Bei den Tragflächen und dem Höhenruder finden wir einteilige Hinterkanten. Die markanten Strömungskörper auf der Oberseiten sind mit anmodelliert, eine potentielle Gefahrenquelle für Passungsprobleme weniger. An die Oberseiten sind die Hauptfahrwerksschächte gleich mit angegossen, welche auch über einige Details verfügen. Die großen Lufteinläufe für die vier Triebwerke entstehen separat aus jeweils zwei Hälften. Mit sauberem Kleben sollte kein Versäuberungsaufwand entstehen. Hier empfiehlt sich der Einsatz von sehr dünnflüssigen Klebemitteln, welche sich mittels Kapillarwirkung an den Nähten entlang ziehen. Auch die einteiligen Düsen mit ihrer realistischen Tiefe und der vorhandenen letzten Turbinenstufe werden einzeln in die Tragflächen geklebt.
Sehr gut gelungen sind auch die offenen separaten Lufteinlässe, welche auf der Unterseite geklebt werden. Vor dem Zusammenfügen der oberen und unteren Hälften sind noch vier Löcher für die Betankungspods zu bohren. Diese und noch die anderen spezifischen Teile für die Tankerversion finden wir auf dem neuen, zusätzlichen Spritzling F. Auch hier ist kein Abfall in der Qualität gegenüber dem restlichen Bausatz zu verzeichnen. Die beiden Tanksondenkörbe sind extra. Hier ist also schon vorgesorgt für eine Darstellung im Flug mit "Kunden" zum Nachfüllen. Interessanterweise verfügt die Bombenschachtklappe auch über die Möglichkeit eine Öffnung für einen Ständer zu öffnen. Dieser ist jedoch nicht im Bausatzumfang enthalten. Die Fahrwerksteile bieten auch keinen Ansatz für Kritik. Dies gilt auch für die Klarsichtteile. Glasklar und sehr sauber in der Darstellung der Streben. Man könnte höchstens das Fehlen der Aufdickungen an den äußeren Seiten der äußeren Fenster monieren. Aber dies ist Meckern auf höchstem Niveau.
Der Bau wird von der Anleitung sehr gut und klar in 10 Schritten gezeigt. Für die Bemalung und das Anbringen der Abziehbilder sind farbige Drucke vorhanden, einmal recht klein auf der Rückseite des Kartons für die getarnte Maschine im üblichen Dark Sea Grey und Grün sowie als fast A3 Druck für die Maschinen in Hemp. Die Darstellung entspricht hier 1/144. Andersherum würde das Ganze m.M. nach mehr Sinn machen, kann man doch den Tarnverlauf unter der Annahme der Richtigkeit direkt abgreifen für die Herstellung von Klebemasken zur Lackierung. Kurioserweise ist der Farbton wie auch schon auf dem Karton eher ein Desertpink. Die Angabe für den zu verwendenden Farbton, welche sich im Übrigen auf das Programm von Gunze beziehen, ist aber richtig für einen dem "Hanf" entsprechenden Ton.
Die glänzend gedruckten Decals machen einen guten Eindruck und liefern auch die zahlreichen Warn- und Positionsstreifen für die Tankervariante. Der Bau der folgenden Maschinen ist möglich:
Angaben für die Detailbemalung finden sich auch auf dem Blatt in Tabellenform.
Fazit: Hier liefert G.W.H. einen weiteren tollen Bausatz ab. Besonderes Merkmal ist die tolle Detaillierung und die vermutlich leichte Baubarkeit. Damit ist dieser Kit auch für Anfänger gut geeignet, wenn auch der Preis schon sehr gehoben ist. Für Fans der britischen Flugzeuge aus dem Kalten Krieg aber trotzdem ein Muss.
Erhältlich dieser Bausatz für Händler bei Glow2B (zu erreichen über www.glow2be.de) oder für Modellbauer im gut sortierten Fachhandel.
Sebastian Adolf, Gaimersheim (Juni 2016)