Vorbild: Die Northrop P-61 war der einzige Nachtjäger der USA, der für diesen Zweck entwickelt wurde und noch im zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam. Dieses ungewöhnliche Flugzeug hatte die Abmaße eines mittleren Bombers und das Design war recht ungewöhnlich. Die Entwicklung begann schon ab dem Jahr 1940. Angetrieben wurde dieses Flugzeug von zwei P&W R-2800 Double Wasp 18-Zylinder-Sternmotoren. Es hatte eine Startmasse von ca. 15 Tonnen. Herz dieses Flugzeuges war das neue AI-Radarsystem welches unter der Bezeichnung SCR-720 bei Western Electric produziert wurde. Der Erstflug des XP-61 Prototyps war am 26. Mai 1942.
Die P-61A war die erste Serienversion der Black Widow und die erste Maschine war im Oktober 1943 flugbereit. Sie besaß den ungewöhnlichen Drehturm mit vier MGs. Dieser bereitete zunächst einige Probleme. Teilweise wurde dieser ausgebaut bzw. bei einigen Serien gar nicht erst eingebaut. So mussten die Maschinen mit ihren MGs in der Bodenwanne auskommen. Die zwölfte Serienmaschine ging zu Versuchszwecken an die RAF.
Als zweite Serienversion entstand 1944 die P-61B mit dem neuen SCR-720C-Radar. Das Radar war etwas länger und daher wurde der Rumpfbug geringfügig verlängert. Gleichzeitig wurde das Bugfahrwerk modifiziert und mit einem Landescheinwerfer versehen. Die Fahrwerksklappen beim Hauptfahrwerk waren jetzt geteilt. Bei den Querrudern fiel das Trimmruder weg. Im Juli 1944 war die erste P-61B fertig.
Eingesetzt wurde die P-61 in Westeuropa und im Pazifikkrieg gegen Japan. Eine P-61B schoss in der Nacht vom 14./15. August 1945 eine Ki-43 ab und das war der letzte Luftsieg innerhalb des WK II. Alle folgenden Varianten kamen nicht mehr in nennenswerter Stückzahl zum Einsatz. Abgelöst wurde die P-61(später F-61B) durch die N.A. F-82 Twin Mustang.
Bausatz: Nachdem durchaus gelungenen Einstand in den Flugzeugsektor mit der Fw 189A - mal abgesehen von ein paar Schwächen bei den Klarteilen - bringt GWH nun die P-61 "Black Widow" auf den Markt. Beim Öffnen des recht großen Stülpkartons präsentiert sich diese ganz ordentlich gefüllt, wenn auch die Spritzrahmen die Umverpackung nicht ganz ausfüllen. Die Teile sind einzeln in Plastiküten verschweißt und die bruchgefährdeten Radarhauben sind sogar einzeln in Blistern verpackt. Bei meinem Exemplar liegen beide Versionen - spät: lang und klar, früh kürzer, graues Plastik - bei. Der Bausatz hat versenkte Gravuren und macht insgesamt einen hochwertigen Eindruck. Hier kann der alte Monogram-Bausatz nicht mithalten.
Dem Bausatz liegt auch ein Fotoätzteilbogen mit verschiedenen Teilen zur Detaillierung des Modells bei. Gurte, Luftbremsen und Motorzündkabel sind nur einige der Teile. Dzu gesellen sich zwei kleine Bögen mit Abziehbildern für zwei Vorbilder, ein Stück Plastikrundmaterial und Natürlich die Bauanleitung. Das ansprechend gestaltete Coverbild liegt ebenfalls noch einmal im Karton. Die Bauanleitung ist klar gegliedert und gut verständlich. Ein zusätzliches Blatt weist auf die Verwendung von Ballast für den sicheren Stand hin. Soweit also ein tolles Modell...
Leider sind GWH aber einige Schnitzer unterlaufen, die - wenn man darauf achtet - auch sehr auffällig sind. Die Klarteile sind zwar klar, aber in der Abbildung des Originals völlig daneben. Man vergleiche nur die Panzerscheiben der beiden vorderen Cockpitplätze, die gleich sein müssten. Dieser Fehler wirkt sich auf fast alle "Scheiben" aus und lässt den ganzen Bereich seltsam aussehen. Auch die hintere Kanzel ist sehr unglücklich aufgeteilt. Das GWH den Rumpf etwas zu eckig gestaltet hat, finde ich nicht so schlimm. Falls dies jemanden stört, kann er das recht gut selbst verbessern.
Die Öffnung der Motorauben hat einen zu geringen Durchmesser. Auch hier kann man selbst tätig werden oder auf Zubehör zurückgreifen, das jetzt nach und nach erscheint. Dabei sind am besten auch gleich die einteiligen(!) Propeller zu ersetzen. Ein weiterer Formfehler ist der Übergang vom Ausleger zum Leitwerk. Dieser ist viel zu volumionös ausgefallen und schwer zu korrigieren. Zugegebenermaßen springt dies aber auch nicht jedem sofort ins Auge. Im WWW kann man noch weitere Kritikpunkte finden, ich möchte es aber bei diesen belassen, denn die Grundrichtung ist schon deutlich geworden. Was die Vorbildtreue betrifft, ist der Bausatz kein Hit!
Nun ja, die Konkurrenz besteht aus einem uralten Monogram-Bausatz, der selbst auch gehörige Hilfe aus dem After-Market-Bereich benötigt. Hier gibt es z.B. Kanzel, Motoren und Propeller von Vector. Vielleicht kan man einiges davon verwenden. Andere Kritikpunkte sind schwerer zu beseitigen und hier kommt es auf den Modellbauer an, ob er lieber einen alten (günstigen) Bausatz aufmotzt oder mit Fehlern eines moderneren (teureren) Bausatzes lebt. Ich habe das GWH-Modell schon in fortgeschrittenem Bauzustand gesehen und es sah wirklich nicht schlecht aus. Der Modellbauer hat allerdings auch was auf dem Kasten.
Kommen wir zu den Bemalungen. GWH legt Abziehbilder für zwei Vorbilder bei. Die Abziehbilder sind "made in China". Leider habe ich mit solchen bisher keine guten Erfahrungen gemacht. Schön finde ich die einzelnen Decals für die Instrumente und Wartungshinweise im Cockpitbereich ... viel Arbeit, aber bessere Ergebnisse als mit einem Decal für alle Instrumente. Die Position der einzelnen Abziehbilder ist gut in der Bauanleitung angegeben.
Fazit: Dies ist leider wieder ein Modell aus China an dem sich die Geister scheiden. In der Gesamtausführung ein guter Bausatz, der aber leider an den Unzulänglichkeiten der Recherche oder der Umsetzung selbiger scheitert. Die einen werden einen modernen Bausatz mit ansprechender Oberflächengestaltung und vielen Optionen sehen, die anderen ein unmögliches Modell. Wirklich schade, denn sicher ist es nicht teurer, einen korrekten Bausatz zu erstellen, als einen falschen. Da es hier wirklich auf die persönliche Sichtweise des einzelnen Modellbauers ankommt, enthalte ich mich einer abschließenden Empfehlung.
Bezug: Erhältlich sind die Bausätze von GWH im gut sortierten Fachhandel. Deutschlandimporteur ist Glow2b.
Steffen Arndt, Barsinghausen (Januar 2012)
Vorbildteil und Literatur Volker Helms
Literatur:
P-61 Black Widow in action - Aircraft Number 106 Larry Davis und Dave Menard squadron/signal publications 1990 ISBN 0-89747-248-9; |
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Osprey Combat Aircraft 8 P-61 Black Widow Units of World War 26 Warren Thompson Osprey Publishing 1998 ISBN 1 85532 725 2 |
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Northrop P-61 Black Widow - The Complet History and Combat Record Garry R. Pape, John M. und Donny Campbell Motorbooks International 1991 ISBN 0-87938-509-X |
Weitere Literaturhinweise von Konrad Schmittlein:
Jeff Kolln Northrop`s Night Hunter P-61 Black Widow 198 S., engl, speciality press, North Branch MN, USA ISBN-13: 978-1-58007-122-2; Das Buch listet im Anhang nicht nur jeden Flugzeuglebenslauf auf, sondern quillt über mit techn. Illustrationen und Handbuchauszügen. |
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Ronal C. Harrison, Garry R. Pape Queen of the Midnight Skies: The Story of America's Air Force Night Fighters Schiffer Verlag ISBN-13: 978-0887404153 Ein weiterer, wichtiger Titel, der hauptsächlich die Einsatzgeschichte beschreibt, aber immer noch besser ist im Technikbereich als alles bisher Erschienene. |