Vorbild: Nicht zuletzt aufgrund der Erfolge welche die Hs 129 und kurz darauf die britischen Tankbuster-Hurricanes in Nordafrika erzielten, begann sich die ehemalige deutsche Luftwaffe stärker für solcherart schwer bewaffnete Flugzeuge zu interessieren. Im Falle der Ju 87, die später eines der erfolgreicheren deutschen "Panzerknacker"-Baumuster wurde, spielten allerdings noch weitere Faktoren eine Rolle. Die ständig wachsende Anzahl der neuen Panzerkampfwagen vom Typ T-34, KW-1 und deren Nachfolgemustern an der Ostfront hatte gezeigt, dass gewöhnliche (Sturz)-Bombenangriffe zusehends wirkungsloser wurden. Außerdem wurde der Einsatz von Sturzkampfflugzeugen zur Kriegsmitte hin immer riskanter. Die Ausstattung der Bodentruppen mit wirkungsvollen Flugabwehrwaffen war mittlerweile immens verstärkt worden. Als Folge dieser Erkenntnisse startete im Dezember 1942 die erste mit zwei BK 37-Kanonnen bewaffnete Ju 87 zum Erstflug. Am 18. März des folgenden Jahres kam es zum ersten regulären Kampfeinsatz dieser Baureihe - nunmehr Junkers Ju 87 G genannt - an der Ostfront.
Bausatz: Dieser Bausatz aus den späten 1960ern war der erste einer Ju 87 "Gustav" in 1/72. Davor gab es nur das archaisches Faller-Modell in 1/100, sowie den Quarter-Scale-Kit von Monogram. Dennoch stellt dieser in einer benutzerfreundlichen Schachtel mit aufklappbarem Deckel verpackte Kit eine respektable Nachbildung des martialischen "Kanonenvogels" dar. Auch die Gussqualität lässt nichts zu wünschen übrig, da alle Einzelteile tadellos ausgespritzt wurden. Selbst die bei älteren Kits nicht eben seltenen Sinkstellen fehlen, was auch für Auswerfermarken gilt. Obgleich für den Zusammenbau laut Bauanleitung acht Bauphasen vorgesehen sind, ist der Aufwand in Wirklichkeit jedoch minimal. Man könnte sogar behaupten, dass man sich hier beinahe schon auf Überraschungsei-Niveau befindet. Dies sollte nicht missverstanden werden, da man im Unterschied zu heutigen Hobby Boss`-"Easykits" keinesfalls absichtlich Details und oder Kleinteile eingespart bzw. weggelassen hat! Ganz im Gegenteil liegt hier ein Bausatz vor, welcher damals, was seine äußere Ausgestaltung angeht, vollkommen auf Höhe der Zeit war.
Selbiges gilt auch für die bereits mit ein paar Stencils ausgestatteten Decals, die nicht nur zwei Bemalungsoptionen erlaubten, sondern auch noch eine bis heute nicht angebotene ungarische Maschine beinhalten. Kein Wunder das man diesen Kit daher in den 1970ern zusätzlich auch in Hasegawa- und Hobbycraft-Schachteln wiederfand. Selbst der kurze Begleittext, der damals schon heutiges Italeriniveau erreichte, überzeugt aufgrund der annehmbareren Übersetzung ins Deutsche.
Doch jetzt zum Plastik, das sich auf zwei kompakte Spritzlinge verteilt. Diese weisen dezent hervortretenden Oberflächendetails auf, welche die notwendigen Strukturen wie z.B. Blechstöße, Wartungsklappen oder Tankdeckel darstellen. Diese wurden hier, für Frog eher selten, auch noch mit realistisch wirkenden, d.h. angemessen feinen, Nietenreihen versehen. Insgesamt befindet sich alles Essentielle mehr oder minder an seinem korrekten Platz und es gibt in dieser Hinsicht nicht viel nachzuarbeiten. Frogs Formenbauer müssen wohl einen sehr genauen Blick auf das Original im R.A.F-Museum Hendon geworfen haben. Dies führte bedauerlicherweise zu einem Fehler, da die Ausstellungsbetreiber ihren Panzerjäger aufgrund der Dreharbeiten zu "Die Luftschlacht um England" seinerzeit als Sturzkampfbomber präsentierten. Das Abwehr-MG entspricht daher dem Ju 87-B-2 Standard: ein MG 15, statt des korrekten MG 81-Z. Alles andere, wie z.B. die Nieten an den Junkers-Doppelflügeln, entspricht aber dem Original und ist beispielsweise im Falle der doppelseitig dargestellten Bowdenzüge der Seitenleitwerks-Trimmfläche in 1/72 bis heute unerreicht!
Nichtsdestotrotz gibt es, aber auch bei diesem recht ordentlichen Klassiker einiges auszusetzen:
Hierzu gesellt sich das berüchtigte, aus nur zwei detailarm ausgeformten, universellen Jetpiloten-Figuren nebst unpassenden Couchsesseln bestehende, Standard-"Cockpit" des englischen Herstellers. Allerdings gibt es diesmal zumindest einen abgestuften Fußboden, während die gepanzerte Trennwand bzw. der Spant einen guten Eindruck hinterlässt. Freilich ist auch sie nicht authentisch wiedergegeben, da der äußere Rahmen fehlt, zumindest gibt es hier aber eine eingesetzte Panzerplatte und an deren Rückwand akkurate Funkgeräte-Nachbildungen. Wohingegen Academy, Fujimi, Italeri und Revell an dieser Stelle bekanntlich stets nur das Teil des Ju 87B-2-Kits verwenden.
Bemalung: Da es sich hier um einen Ju 87 G-Panzerjäger-Bausatz handelt, tauchen auch die in diesem Maßstab nicht gerade unüblichen Baureihenunstimmigkeiten auf. Glücklicherweise ist in dieser Hinsicht (bei der Luftwaffen-Maschine) weit weniger schief gelaufen als es beispielsweise bei den etwas jüngeren Kits von Matchbox bzw. Revell der Fall war! Ja man kann sogar sagen, dass hier nicht mehr falsch gemacht wurde, als bei Academys Kanonenvogel-Baukasten.
Doch der Reihe nach. Geht man nach der heute überwiegend vorherrschenden Lesart in Punkto Ju-87G-Baureihen, unterschied sich die G1 von der G2 neben den kürzen Tragflächen, der fehlenden Tragflächenbewaffnung auch an etwaigen Stummeln abgebauter "Jericho-Trompeten". Klugerweise legte sich Frog erst gar nicht auf eine dieser Varianten fest da er lediglich von einer Ju 87G spricht. Als ein Zugeständnis an die eventuelle G-1 wären zwar Verkleidungen von MG-17-Laufmündungen vorhanden, welche ggf. aber einfach entfernt werden können. Es braucht anschließend nicht einmal gespachtelt zu werden da diese Ausbuchtungen praktischerweise massiv abgegossen wurden. Sollte man es bei den Baureihenunterschieden der beiden Gustavs nicht so eng sehen, braucht man diese Teile, wie bei Academy, sinnigerweise nicht extra anzukleben.
Die ungarische Decaloption stellt hingegen einen Sturzkampfbomber der Dora-5-Baureihe dar, der damit auch keine BK 37 tragen sollte!
Die auf der Rückseite abgedruckten zehn allgemeinen Ratschläge in Skizzenform, suchen bis heute ihres Gleichen. Die gefaltete Bauanleitung beansprucht gerade mal die Größe einer Banknote und die raffiniert konstruierte Schachtel bestenfalls die Hälfte an Volumen heutiger Ju 87-Kartons! Möglicherweise lag genau darin der Grund für die seinerzeitigen, ausgesprochen niedrigen, Taschengeldpreise.
Fazit: Trotz aller Mängel liegt hier ein durchaus authentisches Modell vor, das sich darüber hinaus auch noch mühelos an einem verregneten Wochenende fertigstellen lässt und so auch Anfängern keinerlei Problem bereiten sollte.
N. (Januar 2017)