Etwas überraschend bringt Eduard dieser neue Variante zuerst als Weekend Edition heraus. Wie im Vorbildteil zu lesen sein wird, ist die Unterscheidung zur G äußerlich nicht ganz einfach, so das Eduard vielleicht einfach die Zeit zur Recherche mehrerer Bemalungsvarianten fehlte. Schwierig ist dies ohnehin, da der Übergang fließend war und Kanzeln, Leitwerke usw. nicht immer ein sicheres Indiz sind. Wie dem auch sei, dem Modellbauer steht hiermit erstmals eine Bf 110F in 1/48 direkt aus dem Kasten zur Verfügung.
Vorbild: Eigentlich sollte die Produktion der Bf110 mit der Baureihe E-2/3 im Herbst 1941 auslaufen. Dazu sollte ab Mai 1941 die Produktion der Bf110E absinken und gleichzeitig die Me 210 anlaufen, deren volle Produktion im Dezember erreicht werden sollte. Eine Parallelproduktion der beiden Typen war nicht vorgesehen, da die Motorenproduktion dies nicht zuließ.
Als im Herbst 1941 die Herstellung der Me 210 nicht termingerecht anlief, diskutierte der Generalstab den Neuanlauf der Produktion der Bf110, wobei der Ersatz des MG 15 durch das MG 81 gefordert wurde. Ende September 1941 fiel die Entscheidung, dass von den neuen monatlich 30 Bf110 22 als Nachtjäger mit zwei MG 151 unter dem Rumpf von Gotha und die übrigen 8 von MIAG als Zerstörer zu produzieren seien.
Die Auslieferung sollte ab Dezember 1941 beginnen. Etwa ab Mai 1942 sollten die MG FF durch MG 151/20 ersetzt werden. Verwendung fand der DB 601E und die Neubaumaschinen wurden als Baureihe Bf110F bezeichnet. Der Motor hatte einige Probleme, u.a. neigte er zur Ölschaumbildung. Daher verzögerte sich die Auslieferung der Flugzeuge bis in den Februar 1942. Insgesamt war eine Stückzahl von 500 Bf110F vorgesehen, 518 lassen sich anhand von Werknummern in den Verlustlisten nachweisen.
Die Triebwerke der Bf110F erhielten gegenüber der Bf110E neue Motorverkleidungen und Spinner, ähnlich wie beim Übergang von der Bf109E zur F. Diese sahen äußerlich aus wie die der Bf110G. Die einzig sichtbaren Unterschiede waren kleine Hutzen, die sich bei der Bf110G etwas vor und höher als die Auspuffstutzen befanden und Kühlluft zu den Zündkerzen leiten sollten.
Die Bf110F ist anfänglich wie die Bf110E mit einem MG 15 im Beobachterraum ausgestattet gewesen. Dieses ist jedoch im Laufe der Produktion durch das MG 81Z ersetzt worden. Außerdem wurde die Kanzel im Bereich des Heckschützen geändert, so dass dieser nicht mehr über die Waffe in das Cockpit kriechen musste, sondern einen seitlichen Einstieg hatte. Gegenüber der Bf110E hatte die Bf110F einen Überschlagschutzbügel hinter dem Piloten.
Die Verzögerung der Me 210 machte für die Bf110 eine Motorenversorgung möglich und erforderte gleichzeitig den Weiterbau und die Weiterentwicklung der Bf110F. Der endgültige Halt der Me 210-Produktion fand am 09.03.1942 statt. Aus dem Lückenfüller Bf110F wurde eine Dauerlösung, die zur Bf110G führte. Die Produktion wurde auf MIAG und Gotha konzentriert, die dafür von allen anderen Mustern entlastet wurden. Baureihen der Bf110F waren der Zerstörer F-2, der Aufklärer F-3 und der Nachtjäger F-4, dazu gab es diverse Rüstsätze.
Der wesentliche Unterschied der Baureihen G und F war zunächst die Umstellung von DB601 auf DB605. Dieser war eine Weiterentwicklung des DB601 mit nahezu identischen Einbaumaßen, jedoch mit größerem Hubvolumen, größerem Lader und größerer Drehzahl. Er hatte gegenüber dem DB601E eine gekreuzte Zündkerzenanlage, die eine größere Leistung und einen günstigeren Verbrauch ergeben sollte.
Eine wesentliche Änderung war die Umstellung von Kugel- auf Gleitlager, was jedoch erhebliche Probleme mit sich brachte und im Zusammenhang mit Blockadeverhalten seitens Messerschmitt eine volle Leistungsentfaltung des Triebwerks verhinderte (Details siehe Quelle). Die schon erwähnten Lufthutzen wurden zur Behebung von Temperaturproblemen an den Zündkerzen eingeführt. In der ersten Jahreshälfte 1942 wurden bei Gotha 6 Vorserienmuster gefertigt und danach bei den Herstellern und in Rechlin getestet.
Zur Baureihe Messerschmitt Bf110F-4 (Nachtjäger). Die Bf 110F war mit 4 MG 17 und zwei MG FF starr im Rumpf bewaffnet. Im Laufe der Serie wurde das MG des Heckschützen durch ein MG81Z ersetzt mit entsprechender Änderung in der Kanzen (oder auch nicht. Diverse Funk-, Peil- und Funkmessfunkgeräte bildenten die Ausstattung für den zweiten Mann im Cockpit. Laut Handbuch und Aussagen im RLM war ab Werk immer der Rüstsatz M1 mit zwei MG 151/20 verbaut. Eine Ausstattung mit MK108 gab es nicht, da diese Waffe erst nach ende der Produktion der Bf 110F ausgeliefert wurde.
Aufgrund eines Führerbefehls sollten alle Flugzeuge Bomben tragen können. Am 01.06.1942 wurde daher vom RLM beschlossen alle Bf110 F-4 mit den Rüstsätzen M1 und M2 zu liefern. Wo die NJG die ET 500 lagerten, ist nicht bekannt. Auch ob wirklich alle Bf 110F-4 mit M1 ausgeliefert wurden ist unklar. Geflogen wurden die Flugzeuge jedenfalls mit und ohne diesen Rüstsatz.
Auch für die F-Baureihe standen diverse Rüstsätze zur Verfügung:
B1 - 75l Schmierstoff unter dem Rumpf
B2 - zwei 300 l(900l) Kraftstoffbehälter unter den Flügeln
M1 - zwei MG 151 mit je 200 Schuss unter dem Rumpf
M2 - zwei ETC 500 unter dem Rumpf
M3 - je zwei ETC 50 unter den Tragflächen
M4 - je zwei Roste 24 SD2/XII unter den Tragflächen
Die Nachtjagdanlage und die Antennenanlage des FuG 202 wurde ab Frühjahr 1942 in den Schleusen nachgerüstet. Vorher wurden die Jäger über Funk an den Bomberstrom herangeführt und haben sich dann auf Sicht ihren Zielen genähert. Diese ersten Nachtjäger unterschieden sich nur durch den schwarzen Anstrich und eine geänderte Ausrüstung von den Zerstörern. Der helle Nachtjagdanstrich wurde erst mitte 1943 eingeführt, zu einer Zeit als fast alle Nachtjäger mit FuG 202 ausgestattet waren. Durch die Antennen dieses Geräts sank die Geschwindigkeit um 10 km/h, der Rüstsatz M1 verschlang weitere 20 km/h und die Flammenvernichter waren für weitere 30 km/h Geschwindigkeitsverlust verantwortlich, so dass der Bf 110F Nachtjäger gut 60 km/h langsamer als der Zerstörer war.
Die neu anlaufenden Bf 110 sollten nach der ursprünglichen Planung zu drei Vierteln als Bf 110F-4 an die Nachtjäger gehen und bei Gotha gebaut werden. Der erhöhte Bedarf der Schlachtflieger veranlasste den Generalstab jedoch umzudenken, so dass der Anteil der Bf 110F-2 erhöht wurde und Bf 110F-4 ohne Nachtjagdgeräte als Zerstörer genutzt wurden. Von März bis Dezember 1942 entstanden ca. 285 Bf 110F-4 bei der Gothaer Waggonfabrik.
Quelle: nach Mankau/Petrick:Messerschmitt Bf110, Me210, Me410 Aviatic Verlag, Oberhaching 2001, ISBN 3-925505-62-8
Bausatz: Bisher war die F-Variante der Bf 110 lediglich 2012 als Bf 110F-4 WeekendEdition erschienen. Erst 5 Jahre später konnte sich Eduard durchringen auch einen ProfiPack herauszubringen. Dieser ist wie schon bei der 2012er Edition eine Mischung aus Teilen der Bf 110E und G Bausätze des tschechischen Herstellers. Alles ist in der bekannten Qualität vorhanden und wegen der Stückelung der Teile auf diversen Gießrahmen bleiben viele Teile übrig, bzw. ergeben sich Möglichkeiten diverse Bf110F-G Untervarianten zu bauen.
Limitierend hierbei sind lediglich die Beigabe der frühen Kanzel und der kleinen Leitwerke. Ansonsten sind aber zwei Flammvernichtervarianten, verschiedenen Antennen für die Funkmessfunkgeräte, vor der Kanzel gepanzerter Rumpf usw.. Insbesondere der Einbau der MG FF als untere Rumpfbewaffnung macht diesen Kit besonders gegenüber der Bf 110G. Achtung: ein wesentliches äußeres Merkmal der G-Serie gegenüber den Bf110F ist das hinzufügen einer Lufthutze schräg oben vor den Auspuffstutzen. Diese sind aber an den Motorgondeln am Gießrahmen R nachgebildet und müssen entfernt werden! MIt einer vernünftigen Modellbaufeile ist das in ein paar Minuten erledigt. An dieser Stelle sei ein Hinweis erlaubt: gutes Werkzeug zahlt sich immer aus! Seit einigen Jahren benutze ich die Feilen und Pinzetten aus der Profi-Serie von Tamiya und bin höchst zufrieden... allerdings schmerzt der Erwerb in Deutschland sehr.
Die Räder sind unverändert eine Mischform von früher und später Ausführung und nicht besonders schön gestaltet. Man sollte hier auf Produkte des Zubehörmarktes ausweichen. Der Bausatz enthält auch zwei Ätzteilplatinen und natürlich Masken. Neben der Cockpitgestaltung gibt es verschiedene Kleinteile, Kühlerfronten und die Antennen des FuG 202. Dieses sind natürlich sehr zweidimensional, aber dafür filigran (also nicht zu früh anbauen). A propos Bruch: die MGs in der Nase sind prädestiniert dafür. Deshalb sollte man diese besser abtrennen und nach der Lackierung einbauen! Schließlich hat sich auch wieder einer von 3 Dackeln der ersten Bf 110 Edition in diesen Bausatz geschlichen... ein nettes Gimmick.
Eduard bietet in diesem Bausatz fünf Bemalungsvarianten. Die Abziehbilder sind bei Cartograf gedruckt worden und von entsprechend sehr guter Qualität.
Bemalungen:
Fazit: Eduard legt hier endlich die Bf 110F als Profipack auf. Nachwievor ist der Bausatz komplex und er kann sich auch nicht mit den modernen Bf 190F-G, Fw 190A-2/-4 oder Spitfirebausätzen von Eduard messen. Für die späten Bf 110 ist er aber immer noch die beste Option. Die Hinweise für den Bau der frühen Varianten sollte man zumindest im Hinterkopf haben und z.B. die Flügelteile entsprechend probemontieren. Die Bemalungsvarianten sind toll und ich hab mir gleich noch einen zweiten Bausatz zugelegt, damit ich einen Nacht- und einen Tagjäger bzw. Zerstörer bauen kann. Da es scheinbar kontrovers diskutiert wird: Persönlich gefallen mir die Computer-generierten Coverbilder sehr, auch dieses von Piotr Forkasiewicz.
Erhältlich ist dieser Bausatz im gut sortierten Fachhandel und für Händler bei Glow2B (zu erreichen über mail@glow2b.de). Das Muster stellte Eduard zur Verfügung.
Steffen Arndt, Barsinghausen (September 2017)
Literatur: (Auswahl)
Heinz Mankau/Peter Petrick Messerschmitt Bf110, Me210, Me410 Aviatic Verlag, Oberhaching 2001 ISBN 3-925505-62-8 |
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Holger Nauroth/ Werner Held Messerschmitt Bf 110. Zerstörer an allen Fronten 1939 - 1945 Motorbuch Verlag Stuttgart 1978 ISBN: 3879435227 |