USS Gearing DD-710

Dragon # 1029 - 1/350

Zum Original: Die USS Gearing war das Leitschiff der gleichnamigen Klasse von Zerstörern. Diese Klasse stellte die letzte Evolutionsstufe im Zerstörerdesign während des Zweiten Weltkrieges der US-Navy da. Basierend auf der Allen M. Sumner-Klasse, welche ihrerseits auf die Fletcher-Klasse folgte, wurde der Schiffskörper um 4,3 m verlängert, um mehr Reichweite für die Operationen in den Weiten des Pazifiks zu Verfügung zu stellen. Damit konnten rund 170 Tonnen mehr Öl gebunkert werden.

Die Verlängerung ist an dem größeren Abstand zwischen den Schornsteinen zu erkennen. Ansonsten gab es keine weitere Änderung zur vorausgegangenen Klasse. Im Vergleich zu den Fletcherschiffen wiederum wurde die Schiffsachse durch die Reduzierung der Artillerietürme von 5 auf 3 bei beiden Typen entlastet. Durch Verwendung der Doppeltürme konnte jedoch die Anzahl der Rohre auf 6 erhöht werden. Desweiteren verfügten sie über weitere starke Flak mit 40mm Bofors und 20 mm Oerlikon als Reaktion auf die wachsende Gefahr durch Kamikaze.

Die Kiellegung der Schiffe erfolgte ab März 1944 auf 6 verschiedenen Werften in den USA. Durch diese Verteilung stellten somit Zerstörer mit wesentlich höheren Kennnummern als die Gearing früher in Dienst. Allerdings kamen im 2. Weltkrieg nur noch 5 Schiffe rechtzeitig in Dienst, um an Kampfhandlung gegen Japan teilzunehmen. Dies waren USS Frank Knox DD-742, USS Southerland DD-743, USS Chevalier DD-805, USS Higbee DD-806 und die USS Benner DD-807. Sie alle wurden als Radarfrühwarnschiffe eingesetzt und hatten damit einen anderen Ausrüstungsstand (einen zweiten Dreibeinmast z.B.) als den hier im Bausatz dargestellten.

Die USS Gearing selber, am 3.Mai 1945 in Dienst gestellt, führte nur Erprobungs- und Trainingsfahrten im Bereich der Ostküste im Jahre 1945 durch. Der Großteil der 98 fertiggestellten Schiffe kam nach dem Ende des Krieges in Dienst. Als neueste Zerstörer verblieben sie alle in der aktiven Flotte und stellten somit das Rückrat der Flotte der US Navy für die nächsten Jahre.

Im Laufe der Jahre durchliefen sie verschiedene Modernisierungen, die größten Veränderung erfolgten im FRAM-Programm. Somit taten sie nach dem Abschluss dieser Maßnahmen dann Dienst bis in die späten 70er Jahre. Danach wurden sie an befreundete Marinen verkauft oder verschenkt, um hier bis in die 90er weiterhin auf den Meeren unter Dampf zu stehen.

Die USS Gearing im Speziellen verbrachte ihre Dienstzeit in der Karibik, im Atlantik und im Mittelmeer. Im Oktober 1962 nahm sie auch an der Seeblockade während der Kubakrise teil. Sie wurde auch nach dem FRAM-Muster umgebaut und tat dann noch Dienst bis zum 2.7.1973.

Benannt ist der Zerstörer nach einer Familie, welche drei Generation von Marineoffizieren stellte. Der letzte, Henry Chalfant Gearing III kam am 13.November 1942 im Ranke eines Leutnants bei der Versenkung der USS Juneau CL-52 ums Lebens. Bei der gleichen Tragödie fanden auch die fünf Sullivanbrüder den Tot.

Technische Daten:
Wasserverdrängung: 3340 t voll
Abmessungen: 119,2 x 12,5 x 5,7 m
Antriebsanlage: 4 Kessel, 2 Turbinen, 2 Wellen
Leistung in PS: 60.000 PS
Geschwindigkeit: 36,8 Knoten im leichten Zustand
Bewaffnung:6 x 12,7 cm L/38
12-16 x 40 mm Bofors
11-20 x 20mm Oerlikon
5- 10 Torpedorohre 533mm
Wasserbomben

Zum Modell: Dieser Bausatz ist der erste in Spritzgussform dieser wichtigen Klasse im 350er Maßstab. Bisher gab es nur Resinmodelle von zwei amerikanischen Kleinserienherstellern. Somit wird nun auch für die breitere Masse ein Modell möglich. In einem großen Karton, welcher rundherum mit CAD 3D-Zeichnungen bedruckt ist, kommt der Kit zum Käufer. Das Titelbild zeigt die Gearing in stürmischer See. Auch sind Details erkennbar, welche z.B. später bei der Takelung helfen.

An über 20 Spritzlingen verteilen sich über 430 Teile laut Packungsangabe. Zahlreiche finden ihren Weg in die Grabbelkiste. Aufgrund dieser Teileanzahl auf einen realtiv kleinen Schiff ist schon mit einer gewissen Komplexität beim Bau zu rechnen. Der Bausatz folgt auf die im letzten Jahr erschienen Bausätze der Buchanan, Laffey und Livermore. Mit diesen hatte Dragon die schon aus den Militärbereich bekannten Technologien wie SlideMold und SmartKit in den Schiffsmodellbau eingeführt und damit einen ganz neuen Maßstab gesetzt. Dieser hier vorliegende Kit setzt die Latte ein weiteres Mal höher, soviel sei schon mal vorweggenommen. Durch die Ausrüstung mit Ätzteilen und sehr guten Details sind Zurüstsätze von Aftermarketherstellern nicht mehr nötig, von einer Reling mal abgesehen.

Der Rumpf ist an der Wasserlinie geteilt und bietet somit ohne großen Aufwand die Möglichkeit der Darstellung in Vollrumpf oder Wasserline. Für die Vollrumpfoption liegt selbstverständlich ein Unterwasserschiff samt Ruder, Wellen mit Hosen und Schrauben bei. Diese sind übrigens mit realistischer Steigung und dünnen Blättern versehen. Für die Präsentation der fertigen Modelles in dieser Form liegt ein recht schöner Ständer samt Füßen bei.

Das Hauptdeck ist einteilig und zeigt die korrekte Form des in Richtung Bug ansteigenden Deckes. An selbigen sind keine Ankerketten mit angegossen, was eine Menge Arbeit ersparen kann. Am Heck ist eine Wanne für die 20mm Flak mit angegossen. Klasse sind auch die auf der Innenseite dargestellten Verstärkungsrippen, so dünn wie möglich im Spritzgussverfahren. Auf die Darstellung der Walkways hat Dragon verzichtet, absolut richtig. Diese werden mit Hilfe von Decals dargestellt. Damit ist die Bemalung des Modelles doch erheblich vereinfacht, vom Realismus dieser oft viel zu dick dargestellten Gummimatten mal abgesehen.

Die Feinheit der Details sorgt beim Betrachten der Aufbauten-Bauteile immer wieder für Begeisterungsstürme. Stellvertretend möchte ich hier zum Beispiel die Innenwände der offenen Brücke erwähnen. Hier findet man selbst Sprechkästen, von denen der Kapitän von seinen vorhandenen Sitz Kommandos geben könnte. Auch die anderen Details überzeugen mit einer Feinheit, welche keine Ersetzung durch Ätzteile nötig machen. Bei eigentlich jeder vorhandenen Tür bietet sich die Möglichkeit diese in offener Form mit Hilfe der vorhandenen Ätzteile zu bauen. Dies ist sehr realistisch, denn die Schiffe hatten keine Klimaanlage. Somit waren die Türen sicherlich während der warmen Jahreszeit so oft wie möglich geöffnet, um eine Durchlüftung der Innenräume zu gewährleisten.

Eine weiteres Highlight sind die einteiligen Schornsteine, welche wie die Kappen hohl sind. Mit Hilfe von geätzten Gitter und zahlreichen Details wie Dampfrohren etc. erreichen sie aus dem Kasten gebaut eine neue Dimension. An dieser Stelle sei allerdings auch mal erwähnt, das diese Feinheit aber auch einen Nachteil hat. Das Herauslösen der Teile aus den Spritzrahmen erfordert besondere Vorsicht, damit die Bauteile nicht im Maul des Teppichmonsters verschwinden bzw. zerbrechen. Hier habe ich bisher gute Erfahrungen mit dem Einsatz einer fotogeätzten Säge gemacht.

Besonderes Interesse gilt natürlich der Bewaffnung bzw. deren Darstellung im Modell. Die 5" Doppeltürme haben ein einteiliges Gehäuse und sind hervorragend detailiert mit Leitern, Richtoptiken, Türen und der Haube für den Turmkapitän. Die Rohre sind als Paar ausgelegt und beliebig in der Erhöhung verbaubar. Die Mündungen der Geschütze sind offen! Allerdings sind auch keine Geschützbalge für den Schutz gegen Seewasser vorhanden. Hier muss man prüfen, ob sein Schiff solche montiert hatte. Die 40mm Bofors sind als Zwillings- oder Vierlingslafetten vorhanden.

Auch hier erreicht die Detaillierung einen von mir vorher bei einen Spritzgussbausatz noch nicht gesehenen Grad. Die Drehplattform, die Lafettierung und die Rohre sind alles separate Bauteile. Ergänzt wird solch ein Geschütz dann durch Ätzteile für die Sitze, die Richtfadenkreuze und den Richtantrieb. Ähnlich sieht es aus bei den 20mm Oerlikons, alternativ kann man hier zwischen Schutzschildern aus Plastik oder Metall wählen. Hier wird die zum Ende des Krieges eingeführte Variante der Doppellafettierung verbaut. In das schon Gesagte hinsichtlich der Qualität und Aufmachung fallen auch die Torpedorohre, sämtliche Leitgeräte wie MK51, MK37 mit Radar MK22/12 und auch die Wasserbombenablauf- und wurfgestelle. Die Linsen für die Scheinwerfer sind in Klarglas beigelegt. Als kleine Beigabe sind sechs Figuren vorhanden.

Die dem Kit beiliegenden Ätzteile bieten Teile für die Radare, Stützen für Wannen, Gestelle für Rettungsschlauchboote, Details für die Geschütze, Ankerketten, Leitern und Treppen und den Schraubenschutz. Zum Biegen selbigen gibt es eine Lehre aus Plastik, genial einfach. Desweiteren sind 38 Türen in verschiedenen Varianten vorhanden, mit Details beidseitig versteht sich. Einzig eine Reling fehlt, hier sollte man dann noch einen der auf den Markt befindlich Sätze sich zulegen.

Der Decalbogen bietet in einer perfekten Aufmachung die Walkways, selbstverständlich auch für die Oberdecks, passend für jede Position. Desweiteren sind auf einen zweiten Bogen Kennnumern, Wappen für die USS Gearing sowie Eintauchtiefenangaben vorhanden. Ergänzt wird das ganze durch einen Flaggensatz auf Papier, die Hoheitsflagge korrekt mit 48 Sternen.

Kommen wir nun noch zur Bauanleitung, diese fällt ehrlich gesagt für ein Modell dieser Größe etwas klein aus. Auf A5-Größe gedruckt werden in 8 Bauschritten die Teile verbaut. Hier muss man wirklich schon ganz genau hinschauen bei gefühlten 50 Teilen pro Schritt. Ein paar Schritte mehr hätten sicherlich nicht geschadet. Die Bemalung zeigt die Gearing in einem Ms.22 Schema, allerdings erwähnt Terzibaschitsch in seinem Buch, das die im Bausatz zu bauende Variante mit dem dritten Boforsvierling, der den achteren Torpedosatz ersetzte, ein Ms. 33/28d Dazzle Schema trug. Dies gilt es noch zu überprüfen.

Fazit: Wie der Leser sicherlich schon bemerkt hat, spare ich hier nicht mit Lob und Begeisterung. Ich bin mir sicher, jeder der in den Kasten schaut, wird das Gleiche erleben. Der Preis ist sicherlich schon gehoben, aber außer einer Reling wird auch der an AMS erkrankte Modellbauer nichts weiter brauchen, um zu einem tollen Ergebnis zu kommen. Daher ist ganz klar eine große Empfehlung zu vergeben. Interessant wird natürlich auch, welche weiteren Version folgen werden. FRAM sei nur ein Stichwort...

Sebastian Adolf, Berlin (September 2009)

Literatur