SZD-9bis Bocian 1E

CONSTANZA CON 807211 - Resin - 1/72

Vorbild: Die SZD-9 Bocian (polnisch für Storch) ist ein Klassiker unter den Segelflugzeugen im früheren Ostblock. Neben seiner Verwendung in Polen wurde er in 27 Länder exportiert, darunter Österreich, Australien, Belgien, China, Frankreich, Griechenland, Indien, Norwegen, (DDR), (BRD), Schweiz, Tunesien, Türkei, Venezuela, Großbritannien und Sowjetunion. Polnische Piloten erflogen viele internationale Rekorde mit dem Bocian. Die SZD-9 ist ein Mehrzweck-Zweisitzer-Segelflugzeug, das in Polen entwickelt und bei Szybowcowy Zaklad Doswiadczalny (SZD) in Bielsko-Biala gebaut wurde. SZD lässt sich als Segelflugzeug Versuchsbetrieb übersetzen. Die Produktion begann 1952. Der Bocian fand eine breite Verwendung von der fliegerischen Grundausbildung bis zu Wettbewerbsflügen. Chefkonstrukteur war Marian Wasilewski. Zu seinem Team gehörten Roman Zatwarnicki und Justyn Sandauer. Der Prototyp SZD-9 flog zum ersten Mal am 10. März 1952 mit Adam Zientek am Steuer. Nach Abschluss der Flugtests wurden vorgeschlagene Änderungen in das Design integriert. Die Produktion begann als SZD-9a Bocian-1A.

Die erste Serienmaschine hatte ihren Jungfernflug am 13. März 1953. Es gab folgende Versionen:

  1. SZD-9 Bocian - zwei Prototypen,
  2. SZD-9a Bocian-1A - erste Variante (elf Stück),
  3. SZD-9a Bocian-1B - verbesserte Variante mit größerer Heckflosse (elf Stück),
  4. SZD-9a Bocian-1C - 1954 verbesserte Variante. Flügel mit kleinerem Anstellwinkel, modifizierte Steuerflächen (40 Stück),
  5. SZD-9a Bocian-Z - modifizierte Wettbewerbsvariante für den Weltsegelflugwettbewerb 1956 (drei Stück, davon zwei Umbauten der Variante C),
  6. SZD-9a Bocian-1D - 1958 verbesserte Variante mit "abgerundetem" Ruder und kleineren Modifikationen (186 Stück).-> entspricht dem Plastik-Kit von RUCH,
  7. SZD-9a Bocian-1E - 1967, modifizierte Trainervariante (366 Stück) - dieser CONSTANZA-Bausatz,
  8. SZD-33 Bocian 3 / SZD-10 - Entwicklungsrichtung/Prototyp, aber zu Gunsten der bewährten SZD-9a Bocian-1E abgesetzt.

Bausatz: Seit kurzem gibt es beim Resin-Hersteller CONSTANZA auch einige Segelflugzeuge: eine AS W17, die Schweizer 2-33A und jetzt den Bocian 1E. Die Hochleistungssegler AS W12 und AS W22 sind bereits angekündigt und werden noch in diesem Jahr folgen.

Der vorgestellte Kit hat, genau wie das Vorbild, gerade Flügelspitzen und Ruder, eine zweiteilige Cockpithaube statt der vorher dreiteiligen, ein Fahrwerk mit Stoßdämpfern und anderer Kufe sowie eine moderne Funkausstattung.

Der 1E-Bausatz besteht nur aus wenigen Teilen und ist einfach aufgebaut, besitzt aber sogar eine ansatzweise vorhandene Inneneinrichtung. Ergänzt werden sollten hier noch der vordere Sitz, Steuerknüppel, Bedienelemente und die Sitzgurte. Ungewöhnlich für CONSTANZA ist diesmal die Klarsichthaube aus Vacumaterial. Sie liegt leider nur einmal dem Kit bei. Vacu-Teile sind in diesem Fall jedoch eher vorteilhaft und vorbildgetreuer - trotz der Probleme, die einige Modellbauer mit deren Verarbeitung haben.

Genial ist die Wahl des schwarzen Resins für die Tragfläche - dieses erweist sich als sehr widerstandsfähig und kaum zerbrechlich. An den Tragflächen befindet sich übrigens diesmal der übliche Randbogenschutz - ein Element, welches im RUCH-Kit nicht enthalten ist.

Stichwort RUCH-Kit: Den 72er-Plastikkit des Bocian 1D gab es einst in Polen, derzeit ist er nicht erhältlich. Wie der Fotovergleich weiter unten zeigt, sind die Unterschiede zum jetzigen Resin-Kit von CONSTANZA beträchtlich. Vor allem der Rumpf ist mit den jetzt geraden Ruderflächen, eine andere Kufe bis zur nun vorhandenen Vollsichtkanzel (im Original aus zwei Teilen bestehend) komplett anders gestaltet.

Apros Randbogenschutz: dieser hat ja einen Metallbeschlag mit übergehenden Rundstab, gemäß Originalfoto auf der Bauanleitung unten. Das wird beim Bau knifflig, ein schmaler Streifen Alufolie, übergehend in ein Stück gezogenem Gießast oder Borste eines Besens oder einer Zahnbürste könnte hier die perfekte Lösung sein. Ebenso fehlt im Kit der Abschlußsteg des Seitenleitwerks mit der weißen Positionslampe - ganz rechts unten in der Bauanleitung zu sehen. Diesen fertigt man am besten auch gleich selbst aus passendem Klarsichtmaterial. Leider ist genau diese entscheidende Unterscheid auf dem obigen Foto des RUCH-Kits nicht zu erkennen. Vielleicht können wir eine Abbildung nachliefern.

Natürlich vermögen Profis auch den bisherigen Kit entsprechend umzubauen, es sei jedoch vor einem recht hohen Aufwand gewarnt.

Lob verdient die ausgezeichnete Abgussqualität, sobald die teils recht großen Angüsse entfernt sind. Diese lassen sich übrigens recht gut an den Sollbruchstellen abbrechen, wenn sie vorsichtig hin- und hergebogen werden, was die mühevolle Arbeit mit der Säge erspart.

CONSTANZA hat als Bemalungsvariante seines Bocian 1E wiederum einen "Schaf im Wolfspelz" gefunden, diesmal bei der RAF und deren Glider and Soaring Assoziation (GSA). Es ist die SZD-9bis Bocian 1E, Royal Air Force, "GSA 393"; Bannerdown Gliding Club, RAF Colerne (UK), 1973.

Zur Auswahl steht weiterhin die SZD-9bis Bocian 1E, ex DM- & DDR-3003, c/n P 714, ab 13.04.1976 in Diensten der GST. Die Maschine fliegt heute als D-7003 in beim Segelflugzeugmuseum bzw. dem ortsansässigen Fliegerklub Finsterwalde-Hinrichsruh.

Die Decals sind exzellent gedruckt, selbst beide Instrumentenbretter, Störklappen und Decals für die Tragflächenanschlüsse - einen Satz "Acryl-blau" wie am Original der D-7003 - finden sich. Eine tolle Leistung, zumal sich die Decals ausgezeichnet verarbeiten lassen und einige kleine als Bonus beiliegen.

Wie bei allen Kleinserien-Decals haben wir es hier nicht mit "umrandenden Lackfläche" zu tun. Vielmehr ist der Decklack auf dem ganzen Bogen aufgebracht. Die Partien müssen daher einzeln ausgeschnitten werden.

Profis werden ohnehin zunächst einen kleinen, für das gewählte Modellvorbild nicht benötigten Teil zum Test der jeweiligen Bausatzdecals verwenden. Ein solches Vorgehen empfiehlt sich übrigens immer bei Decals. Bei diesem Vorgehen lässt sich zugleich die Wirksamkeit verschiedener Hilfsmittel (z.B. Set & Sol) ausprobieren. Als Beimengung zu Wasser hat sich Essig/Essigessenz stets bewährt.

CONSTANZA ist hier aber alles in allem gut aufgestellt, denn die Decals sind nicht zu dünn, reißen folglich nicht und sind andererseits recht verarbeitungsfreundlich. Wer dem nicht vertraut, kann gern vorher eine Lackversiegelung aufbringen, was besonders bei Kits mit weißem Trägerpapier angeraten ist.

Da der Bocian vor allem im Osten unseres Landes die fliegerische Grundlage für so manchen Piloten legte, entsteht bei dem einen oder anderen vielleicht der Wunsch, das "eigene" Flugzeug zu dekorieren. Da es aber gute GST-Decals in 1:72 nicht gibt, ist die Zubehörindustrie hier noch gefordert.

Die Decals sind allesamt exzellent gedruckt. Wie beim Original findet man sogar um die Flagge mit dem kanadischen Ahornblatt einen feinen silbernen (!) Rand. Dieser oder eine weiße Umrandung des kanadischen Hoheitszeichens sind nämlich zwingend vorgeschrieben!

Fazit: Ein auch für Resin- und Vacueinsteiger geeigneter Kit. Das fertige Modell besticht durch seine eindrucksvolle Größe und eine gewisse Eleganz. Positiv ist die aussagekräftige Bauanleitung mit Farbriss und vielen Detailfotos des Originals und den Informationen auf dem Karton. All dies findet sich in letzter Zeit bei Kits aus Fernost leider immer weniger.

CONSTANZA ist die Eigenmarke von www.ConMoWo.com, und auch nur dort, oder im Aviationmegastore in Amsterdam-Schiphol zu bekommen.

Detlef Billig, Berlin (März 2016)