Vorbild: Nachdem das Reichsgebiet immer häufiger von britischen Bombenangriffen heimgesucht wurde, beschloss man ein Programm aufzulegen mit dem man die Briten auf eigenem Boden angreifen konnte. Diese sogenannten Vergeltungswaffen wurden unter der Bezeichnung V1 - V6 entwickelt. Sie sollten Reichweiten von über 100 km haben und schnell in großen Stückzahlen verfügbar sein.
Die Fernzielrakete 61 wurde 1942 von Prof. Dr. Heinrich Klein bei Rheinmetall als V-4 entwickelt. Die Tarnbezeichnung RH-Z-61 ergab sich aus: Rheinmetall-Borsig Projekt-Z- Fernzielrakete mit max. Reichweite von 160 km. Sie wurde, zu Tarnzwecken, unter Fortlassung der 0 umgekehrt zu 61. Es handelte sich hierbei um eine 3-stufige Rakete, die einen 40 kg Sprengkopf rund 220 km weit transportieren konnte. Die flügelstabilisierte Rakete besaß eine Gesamtlänge von 11,40 m und ein Gesamtgewicht von 1.750 kg.
Die Startrampe bestand aus zwei auf Meilerwagen montierten Führungsschienen. Der Wagen war eigentlich für die Flüssigkeitsrakete V-2 vorgesehen und daher für die V-4 viel zu groß. Je nach Höhenrichtung der Startrampe konnten unterschiedliche Entfernungen erzielt werden. Bei einer Schussweite von 220 km erreichte sie ihr Ziel nach 260 Sekunden. Da diese Flugzeit fest eingestellt war, musste bei einer geringeren Entfernung zum Ziel eine größere Höhenrichtung eingestellt werden. So konnte eine Gipfelhöhe von rund 105 km erreicht werden, was seinerzeit als unmöglich galt. Nach den ersten Versuchen 1944, auf dem Schießplatz Leba bei Danzig, entschied man sich die Gleitbahn auf die Lafette 41 der 8,8 cm Flak zu montieren, die auch eine Eigenentwicklung der Firma Rheinmetall war und einen schnellen Ortswechsel der Waffe ermöglichte.
Die Konkurrenz zwischen dem Heereswaffenamt und der SS führte zu Streitigkeiten bei der Materialbeschaffung. General Dornberger favorisierte die V-2, deren Entwicklung unter der Leitung des Heeres stand, während die V-4 unter der Leitung des SS Generals Kammler auf direkter Weisung Hitlers vorangetrieben wurde. Die Streitigkeiten zwischen den beiden Generälen führten später dazu, dass Kammler auch die Verantwortung für die V-2, durch Weisung Hitler, zugesprochen bekam.
Während des Kriegseinsatzes wurden ab November 1944 ca. 220 Stück dieser Raketen auf Antwerpen abgefeuert. Die Wirksamkeit dieses "Fliegenden Bleistift", wie diese Rakete auch genannt wurde, ist umstritten. Konnte die V-2 eine Sprengladung von 1 Tonne ca. 300 km weit transportieren, schaffte die V-4 es nur eine Sprengladung von 40 kg ca. 220 km weit zu tragen. Allerdings war sie jedoch mit einer Produktionsdauer von ca. 130 Stunden und einem Stückpreis von 5.500 Reichsmark wesentlich einfacher herzustellen.
Bausatz: Bronco hat den Bausatz dieser Waffe nun erstmalig als Spritzguss auf den Markt gebracht. Dieser war bisher nur als Resinmodell bei Custom Scale erhältlich. Da Bronco bereits vor einigen Jahren die 8,8 cm Flak 41 herausgebracht hat, bot sich diese Variante natürlich an. Geplant ist auch die Version in der Ausführung "Rheintochter R-2". Der mit einem ansprechenden Titelbild (sogar noch als kleines Poster enthalten) gestalteter stabiler Stülpkarton enthält 9 Spritzlinge die einzeln verpackt sind sowie zwei Ätzplatinen und einen kleinen Decalbogen.
Die wirkliche Neuerung bei diesem Bausatz sind die Startrampe und die Rakete. Die Rampe ist sehr fein detailliert und auch die Nieten sind maßstäblich sehr gut umgesetzt. Die Raketenstufen bzw. Düsen sind einteilig, die dreistufigen Raketenteile jedoch aus je zwei Halbschalen gefertigt, was einige Schleifarbeit notwendig macht, um die Nähte verschwinden zu lassen. Die Austrittsdüsen scheinen eine etwas zu dicke Wandung zu haben, was produktionstechnisch bedingt ist.
Die Teile sind durchweg sehr gut detailliert und auch die Schutzschilde sind maßstäblich erstaunlich dünn gefertigt, so dass hier keine Ätzteile notwendig sind. Die Vielzahl an Kleinteilen sorgt für eine hervorragende Optik des Modells. Bronco hat hier ein wahres Feuerwerk an feinster Detaillierung der Bauteile gezündet. Diese Vielzahl wird durch den Einsatz vieler Ätzteile zusätzlich in eine Superdetaillierung getrieben.
Die 22-seitige heftförmige Bauanleitung führt in 38 Baustufen zum erfolgreichen gelingen. Die Montage ist zwar gut beschrieben, jedoch durch die Aufteilung in sehr viele Kleinteile sehr anspruchsvoll. Möglich ist die Ausführung der Waffe in Transport- oder Feuerstellung. Aufgrund des fehlenden Sonderanhängers 202 und der Länge der Rakete von rund 30 cm bietet sich vermutlich, auch aus Platzgründen, nur die Feuerstellung an.
Fazit: Mit diesem Bausatz ist Bronco ein guter Wurf gelungen. Wer sich bisher nicht an den Resinbausatz wagte, hat mit dem Erscheinen dieses Bausatzes nun kein Argument mehr dieses Modell nicht zu erwerben. Man sollte sich vom Kartonbild nicht dazu verleiten lassen, dass es sich hier um einen einfachen Bausatz handelt. Es sieht dort zwar recht simpel aus, jedoch hat es der Kartoninhalt in sich. Der Bau der Lafette ist selbst für erfahrene Modellbauer eine echte Herausforderung. Der doch recht einfache Aufbau des Rheinboten entschädigt jedoch wieder für diese Mühe. Für rund 40 Euro erhält man hier ein Modell das auf Ausstellungen durchaus Preisverdächtig ist. Sehr empfehlenswert.
Der Bezug ist über den Fach- oder Onlinehandel, für Händler über Glow2b, möglich.
Reiner Janick, Berlin (Dezember 2016)