Vorbild: Zur grundsätzlichen Geschichte der französischen Caravelle möchte ich auf die Beiträge von Uwe und Volker verweisen(siehe hier). Ich gehe nur etwas genauer auf die Version VI-N ein. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine weiter verbesserte(veränderte trifft es auch) Mk.III mit leistungsstärkeren Rolls Royce Avon Triebwerke mit Schalldämpfer. Diese Variante verfügte über ein höheres, maximal zulässiges Startgewicht, welches zu mehr Reichweite bei reduzierter Nutzlast führte.
Der Erstflug dieser Ausführung war am 10. September 1960 und es wurden insgesamt 53 neugebaut und fünf ältere Caravelle III umgerüstet. Eingesetzt wurden die VI-N u.a. von Corse Air, der gewählten Bemalung dieses Bausatzes.
Corse Air, heute bekannt unter Corsair, wurde 1981 als Corse Air International von einer korsischen Familie gegründet und nahm den Flugbetrieb am 17. Mai 1981 auf. 1990 übernahm der französische Reiseveranstalter Nouvelles Frontières die Fluggesellschaft; mit der Übernahme wurde die Fluglinie in Corsair umbenannt.
Modell: Vor rund 57 Jahren erschien die Caravelle bei Airfix in den frühen Versionen. Wenn man mal die Bausätze von Mistercraft außen vorlässt(es soll sich ja um eine Kopie handeln), bliebt der Airfix-Kit in den verschiedenen Auflagen immer die einzige Wahl im Plastikspritzgussbereich. Vor zwei-drei Jahren hat Authentic Airliners einen sehr guten Resinbausatz auf den Markt gebracht, welcher aber eine andere Käuferschicht anspricht. Für spätere Caravelle-Ausführungen bietet noch der französische Hersteller F-RSIN mehrere Bausätze in recht einfacher Short-Run Qualität. Nun hat man bei Amodel die Marktlücke erkannt und hat drei Ausführung des frühen Jets auf den Markt gebracht. Ich stelle hier jetzt den Bausatz vor, welche eine VI-N darstellen soll.
Nach dem Öffnen des Kartons kommt zunächst erstmal das typische Amodel-Feeling auf, welches aber dann bei Betrachten der Rumpfteile schnell verfliegt. Denn hier kann man schon von einer beinahe revolutionären Weiterentwicklung sprechen. Zum einem sind die Gravuren sehr fein und gleichmäßig und zum anderem hat man sich bei Thema Fenster was Neues einfallen lassen. Die Passagierfenster werden durch klare Streifen dargestellt, welche in eine Nut im Rumpf eingeklebt werden sollen. Das Cockpit wird durch eine typische Haube abgebildet. Das Nasenprofil wirkt stimmiger als beim Airfix Bausatz.
Die oben beschriebene gute bis ehr gute Anmutung setzt sich auch bei den Trag- und Stabilizierungsflächen fort. Auch hier findet man recht feine und vor allem gleichmäßige Gravuren. Der Tragflügel besteht aus einem durchgängigen unteren Stück und zwei oberen Hälften. Die Vorder- und Hinterkannten sind zweiteilig, allerdings ist das Plastik so dünn, dass die sie sehr scharfkantig sind. Beim Betrachten des Flügels in der Draufsicht muss ich allerdings sagen, das es so aussieht, als ob die Pfeilung zu stark ist. Das Original hat eine Pfeilung von 20°, die Interpretation von Amodel geht mehr in Richtung DC-9. Aber diese fällt den Experten wenn überhaupt auf. Wichtiger ist da schon, das Amodel zur Darstellung der Grenzschichtzäune Ätzteile in den Kasten beilegt, was optimale Vorraussetzungen sind für eine maßstabsgerechte Wirkung dieser.
Am Rahmen des Rumpfes sind auch die acht Hauptfahrwerksräder vorhanden. Diese sind sehr gut gestaltet, insbesondere die Felge bietet eine sehr filigrane Aufmachung. Für die restlichen Teile ist ein dritter grauer Spritzling vorhanden, an welchen wir die Triebwerke, das zweiteilige Seitenleitwerk sowie die restlichen Bauteile für das Fahrwerk finden. Auch dieser Rahmen fällt kaum ab, hier und da ist etwas Fischhaut vorhanden, welche aber leicht zu entfernen ist. Markante Bauteile sind hier zum Beispiel die Schalldämpfer(Hush-Kits) der Triebwerke, welche sehr sauber und scharfkantig ausgeformt sind. Auch die Einläufe mit den Statorvans und der ersten Schaufelstufe sind gut gemacht. Wie schon geschrieben, entsteht das Seitenleitwerk aus zwei Hälften, aber auch hier analog den Flügel ist die Hinterkannte trotzdem sehr dünn. Die beiden beidseitigen Lufteinläufe in der Wurzel sollte man noch mit einem Bohrer öffnen, was der Optik des Modells zu Gute kommt.
Ein einfaches Cockpit ist auch vorhanden, was für die kleinen Fensterflächen dieser Version völlig ok ist. Damit kommen wir auch schon zu den Klarsichteilen, welche sich an einem Rahmen befinden. Dieser enthält zwei Cockpithauben für die frühe und spätere Ausführung der Fenster. Und die eingangs schon erwähnten Streifen für die Paxfenster. Die Fenster an sich sind mit einer feinen Gravur abgebildet. Bei dieser Version sind sie richtig in der für das Muster typischen Dreiecksform dargestellt. Zur Maskierung aller Fenster liegt ein Bogen mit geplotteten Masken bei.
In die Reihe der Weiterentwicklung und Verbesserungen passt auch die auf hochwertigem Papier gedruckte Papier Bauanleitung, welche in guten gezeichneten und nicht zu sehr überladenen 12 Abschnitten den Bau des Modells zeigt. Dazu kommt noch ein kleines Ergänzungsblatt für die Anbringung der Fotoätzteile. Für die Bemalung ist ein farbiges DIN A4 Blatt vorhanden, welches die nötigen Farben im Humbrol-System zeigt und die Positionen der Decals.
Diese finden wir auf zwei Bögen. Der größere enthält die Titel, Kenner und Türrahmen sowie die Cheatline der Bemalung der einzigen Option, der F-BVSF der Corse Air Mitte der 80er Jahre, des Bausatzes. Einige Bilder wie der Korsare, die französische Gösch sowie die kleinen Registrationen sind doppelt vorhanden als Reserve. Der Bogen ist matt gedruckt und macht einen guten Eindruck. Daneben gibt es noch einen kleinen, zweiten Abziehbilderbogen mit Decalfenster. Ehrlich gesagt hätte sich Amodel diesen aber schenken können, da nur die Fenster für die Kabine vorhanden sind und des Weiteren die Darstellung in einem blassen Grau absolut nicht mehr zeitgemäß ist. Wer Fenster in Abziehbilderform bevorzugt, muss also auf Alternativen ausweichen.
Fazit: Nach beinahe sechs Jahrzehnten erfährt der altwürdige Airfix-Bausatz nun eine überfällige Ablösung. Amodel hat hier seine Aufgaben gut gelöst und präsentiert ein gutes bis sehr gutes Plastikmodell der Caravelle VI-N. Der Preis ist nicht mehr auf Taschengeldniveau, aber ok für einen, der sich nicht eine ganze Flotte in die Vitrine stellen will. Daher empfehlenswert.
In Deutschland werden Amodel-Bausätze für Händler über Glow2B vertrieben.
Sebastian Adolf, Gaimersheim (August 2018)
Literatur:
Pascale Monmarson-Frémont, Véronique Damas-Peyraud Caravelle - Willkommen an Bord einer Legende Delius Klasing ISBN: 978-3-7688-2456-9 |