Mit dem Erscheinen der 8,8 cm Pak 43 als Plastik Bausatz der Firma Alan scheint nun auch diese Lücke endlich geschlossen zu sein, da diese Variante bislang lediglich als doch teure und zum Teil schwer erhältliche Resin Bausätze von Verlinden oder Azimut existierten. Leider ist bereits beim Blick auf das Deckelbild die Vorfreude erheblich getrübt, denn was bereits in einigen Vorabdrucken im InterNet angekündigt wurde, hat sich nun als Wahrheit herausgestellt: Die sehr stimmig wirkende Waffe nebst Wiege sitzt auf einer merkwürdig aussehenden Lafette mit Kreis förmiger Grundplatte sowie 4 seitlichen Stützarmen. Diese wiederum ist in zwei einachsige Sonderanhänger eingeklinkt, die auch einer näheren Betrachtung bedürfen.
Geschichtlicher Hintergrund: Da sich die 8,8 cm Waffe als Flak oder auf Selbstfahrlafetten sehr gut im Einsatz bewährte, war der Wunsch der Truppe nach einer entsprechenden Panzerabwehrkanone naheliegend. Neben der Pak 43/41 auf Spreizlafette (Scheunentor) wurde die Waffe 1944 auch als halbautomatisches Schnellfeuergeschütz auf einer Kreuzlafette gefertigt. Diese Version erhielt die Bezeichnung 8,8 cm Pak 43 bzw Neuntöter. Besonders auffällig an dieser Ausführung ist das nahezu rechteckig wirkende große Schild, welches prinzipiell an das der Flak Version erinnert. Der Transport erfolgte mittels zwei identischer einfach bereifter einachsiger Sonderanhänger mit der Bezeichnung SdAh 204.
Zum Bausatz: In einer stabilen Schachtel findet man nach dem Öffnen insgesamt vier Gußäste von denen zwei identisch ausgeführt sind und Teile für den Bau der Sonderanhänger enthalten. Gießast Nummer drei weist Teile für eine Lafette auf und auf dem vierten Gußast befinden sich alle Teile für die Waffe nebst Schild. Schließlich liegt noch ein kleiner Bogen mit Nassschiebebildern bei, auf dem man Abschussring Markierungen und einen Namenszug sowie Abschussmarkierungen finden kann. Der erste Eindruck in Bezug auf Detailschärfe und Guß erinnert durchaus an die Qualität aktueller Bausätze von Italeri. Wenig Aushebermarkierungen und minimale Gussnähte. Die fünfseitige Bauanleitung ist übersichtlich und mit dreidimensional wirkenden Computer Grafiken versehen.
Leider wird der positive Gesamteindruck von zwei gravierenden Fehlern überschattet:
Beim Abgleich der Teile für die Waffe und das Schild mit Abbildungen ist mir noch aufgefallen, dass diese mit dem Original gut übereinstimmen, jedoch besonders am Waffenverschluß noch einige Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen. Beim Schild sei noch erwähnt, dass hiervon zwei unterschiedliche Varianten existierten. Die von Alan gewählte Version ist auf Fotos belegt. Die Variante weist deutlich mehr Nieten an den Verbindungsbereichen auf, sowie eine andere Anbringung der Klappe und Luke für das Visiergerät. Schließlich existierte noch eine verkleinerte / halbierte Verbreiterung des Schildes auf der linken Seite.
Als Anhänger von deutschen Pak und Flak Geschützen habe ich mir den Bausatz dennoch gekauft und wurde jedoch bereits in der ersten Baustufe mit erheblichen Passschwierigkeiten des Verschlusses mit dem Verschlussblock konfrontiert. Erst nach langwierigem Schleifen und immer wieder Zwischenprüfen gelang es die Teile zu vereinen, wobei mir auch hier nicht gefällt, dass der eingefügte Verschlussblock durch seine Konstruktion im Verschlussstück "gefangen" ist und zur Erleichterung für die erforderlichen Schleifarbeiten oder die Lackierung nicht mehr entfernt werden kann. Bei der Probeanpassung des Verschlusses mit der Rohrbasis tauchte Problem Nummer zwei auf: Die Verbindungsstelle am Verschluß weist zur korrekten Ausrichtung oben einen kleinen Grat auf. Die entsprechende Nut fehlt leider im Rohrstück. Das bedeutet im Klartext: Entweder Grat abtrennen oder Nut in das Rohr einkerben. Beides finde ich ziemlich b....! Aus Neugier habe ich dann noch versucht den Geschützansatz mit der Rohrwiege über die beiden Zapfen aufzunehmen und musste auch an dieser Stelle echte Passprobleme feststellen. An diesem Punkt wurde das Bauvorhaben vorläufig eingestellt!
Fazit: Für Liebhaber deutscher Geschütze in 1:35 bietet die Waffe unter Zuhilfenahme der existierender Literatur durchaus ein Potenzial, jedoch schreckt die völlig falsche Lafette extrem ab. Ich selbst verstehe nicht, wie derartiges heutzutage passieren kann, da normalerweise auch Profis vor der Veröffentlichung noch um deren Meinung gebeten werden und der Fehler bereits vor einigen Wochen im InterNet kritisiert und adressiert wurde.
Gert Brandl, Berlin
Empfohlene Quellen:
Nachtrag: inzwischen habe ich mir die Lafette für die 8.8 cm Pak von Azimut abgegossen und mit dem ALAN Bausatz verheiratet. Zusätzlich noch wurde entsprechend Literatur ein Bereitschaftsmunitionskasten angefertigt (Aufhängung rechts am Schild innen).