Vorbild: Die Supermarine Spitfire war ein Jagdflugzeug aus britischer Produktion. Der Tiefdecker wurde vor allem während des Zweiten Weltkrieges von der Royal Air Force und vielen alliierten Luftstreitkräften an allen Fronten eingesetzt. Die gute Wendigkeit des bei Supermarine Aviation Works (Vickers), Ltd. ursprünglich unter dem Chefkonstrukteur Reginald J. Mitchell und seinen Nachfolgern entwickelten Flugzeugs machte es bei den Piloten sehr beliebt. Die Maschine gehört zu den meistgebauten Flugzeugtypen; bei Supermarine und deren Lizenznehmern wurden mehr als 20.300 Spitfires aller Varianten gebaut. Sie blieb bis weit in die 1950er Jahre im Dienst. Der Name Spitfire bedeutet Feuerspucker, und im übertragenen Sinn so viel wie Hitzkopf. Der Name ist eine Idee von Robert McLean, dem Vorstandsvorsitzenden von Vickers (Aviation), der seine älteste Tochter Annie Little Spitfire nannte.[1] Mitchell bevorzugte Shrew (dt. Spitzmaus). Die deutschen Piloten bezeichneten die Spitfire auch als Spucke, in Anspielung auf die deutsche Bedeutung des englischen Wortes to spit. Bei den Alliierten wurde sie einfach Spit genannt.
Supermarine hatte mit Entwürfen des Chefkonstrukteurs Mitchell, die kräftige Motoren von Napier oder Rolls-Royce mit aerodynamisch optimierten Flugwerken kombinierten, dreimal die Schneider-Trophy gewonnen. Obwohl sich die Technologie und die Anforderungen für Schneider-Trophy-Rennflugzeuge nicht zur Gänze auf Militärflugzeuge übertragen ließen, so waren doch ein kräftiger Motor und eine fortschrittliche Aerodynamik auch für Jagdflugzeuge gefragt. 1930 produzierte Mitchell als Antwort auf eine Ausschreibung des britischen Air Ministry das erste Jagdflugzeug, den Eindecker Supermarine Type 224 mit Knickflügeln und einem starren Fahrgestell. Die Supermarine Type 224 erfüllte die Erwartungen des Luftfahrtministeriums genauso wenig wie die Entwürfe der Konkurrenz. In einem von Supermarine finanzierten Projekt richtete Mitchell seine Aufmerksamkeit nun auf einen verbesserten Entwurf, der auch die Unterstützung der Supermarine-Muttergesellschaft Vickers erhielt. Das daraus resultierende Flugzeug hatte aufgrund seines einziehbaren Fahrwerks, der geschlossenen Pilotenkanzel und des sehr viel stärkeren PV-12-Motors von Rolls-Royce deutlich bessere Flugleistungen. 1935 schrieb das Luftfahrtministerium erneut einen Auftrag für ein Jagdflugzeug aus. Der neue Supermarine-Entwurf wurde letzten Endes wieder mit der Begründung abgelehnt, dass er nicht für die geforderte Bewaffnung mit acht Maschinengewehren geeignet war. Aufbauend auf diesem Entwurf schuf Mitchell daher einen weiteren Jäger mit der Bezeichnung Type 300, der durch neue elliptische Tragflächen genug Platz für die Bordwaffen bot.
Das Luftfahrtministerium war mit diesem neuen Typ zufrieden und stellte unter dem Projektnamen F.10/35 Mittel für den Bau weiterer Prototypen zur Verfügung. Der erste dieser Prototypen der späteren Spitfire flog am 5. März 1936. Die guten Flugleistungen veranlassten das Luftfahrtministerium, noch während der Erprobung durch Vickers-Testpiloten eine Bestellung über 310 Stück aufzugeben. Im Jahre 1939 betrug der Preis für eine voll ausgerüstete Spitfire £ 12.604, dies entspräche etwa £ 580.000 in heutigem Wert. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde die Spitfire oft als das Flugzeug angesehen, das wesentlich zum Sieg in der Luftschlacht um England beigetragen hat. Zu diesem Eindruck kam es vor allem durch die für das Inland bestimmten britischen Propaganda-Kampagnen, welche die Spitfire - zum Beispiel bei landesweit publizierten Sammelaktionen von Aluminiumgegenständen, die als Rohstoff für den Flugzeugbau eingeschmolzen werden konnten - als Sinnbild für die modernen Luftstreitkräfte benutzten. In Wirklichkeit wurde die leistungsmäßig unterlegene Hawker Hurricane von der RAF in der Schlacht um England in größeren Stückzahlen als die Spitfire eingesetzt und trug die Hauptlast der Luftkämpfe.
Weil die Flugleistungen der Spitfire besser waren als die der Hurricane, schlug die RAF eine Aufgabenteilung vor: die Spitfires sollten den Begleitschutz der deutschen Bomber angreifen, die Hurricanes die Bomber selbst. Der in Vorausjagd, erweiterten sowie ausgedehnten Begleit- und Nahbegleitschutz aufgeteilte Jagdschirm der deutschen Bomber konnte in der Praxis aber die meisten Hurricane-Staffeln in Luftkämpfe verwickeln, bevor diesen der Durchbruch zu den Bombern gelang. Diese Aufgabenteilung wurde im Einsatz nicht verwirklicht; die Spitfire-Staffeln griffen weiterhin Bomber an, wenn sich ihnen eine Gelegenheit bot. Im direkten Vergleich zu ihrem Gegenstück auf der Seite der deutschen Luftwaffe, der Messerschmitt Bf 109 E-4, hatte die Spitfire Stärken und Schwächen. Ihre größte Stärke war ihre überlegene Wendigkeit im Kurvenkampf. Da die Royal Air Force im Gegensatz zur Luftwaffe bereits Mitte 1940 über große Mengen 100-Oktan-Treibstoff verfügte, konnte der Merlin-Motor der Spitfire außerdem in niedrigen Höhen mehr Leistung abgeben als der mit 87-Oktan-Kraftstoff betriebene DB-601A-Motor der Bf 109. Dadurch waren die Flugleistungen der Spitfire denen der Bf 109 unterhalb von 4000 m Flughöhe deutlich überlegen. In den für die Luftschlacht um England typischen Einsatzhöhen oberhalb 4000 m war die Bf 109 im Vorteil. Zudem hatte die Bf 109 (anders als die Spitfire) einen Einspritzmotor. Dies bedeutete in der Praxis, dass der Pilot einer Bf 109 die Maschine nach vorne in einen parabelförmigen Sturzflug bringen konnte, ohne dass der Motor aussetzte. Die Spitfire-Piloten konnten dies nicht, da durch die negative g-Beschleunigung die Gemischbildung im Vergaser gestört wurde und der Motor im ungünstigsten Falle abstarb. Dies geschah dadurch, dass der Kraftstoff durch die Aufwärtskraft in die Kammer des Schwimmervergasers strömte statt in den Lader des Motors und sich bei fortgesetzter negativer g-Beschleunigung an der Oberseite des Vergasers ansammelte, mit anschließend zu fettem Gemisch. Die Spitfire-Piloten mussten bis zur Einführung des Merlin-Motors mit verbessertem Vergaser vor der Verfolgung eines abtauchenden Gegners eine halbe Rolle mit anschließendem Abschwung vollführen, um die negative g-Beschleunigung zu vermeiden. Genau diese notwendigen Sekunden waren manchmal im Luftkampf entscheidend und konnten dazu führen, dass die Fühlung zum Gegner verloren ging. Bis zur Einführung verbesserter Vergaser fand Beatrice "Tilly" Shilling, eine junge Ingenieurin am Royal Aircraft Establishment in Farnborough eine verblüffend einfache provisorische Lösung in Form eines Metallplättchens mit Bohrung, welches bei negativer g-Belastung den Aufwärtsstrom des Kraftstoffs im Vergaser stark begrenzte und in der Gegenrichtung gerade so viel Kraftstoff durchließ wie der Motor bei Volllast benötigte. Damit waren kurzzeitige negative g-Belastungen möglich, jedoch kein fortgesetzter Rückenflug. Anfang des Jahres 1941 reiste Beatrice "Tilly" Shilling mit einem kleinen Team von einer RAF-Basis zur nächsten um den offiziell "R.A.E.-restrictor" genannten Durchflussbegrenzer vor Ort nachzurüsten. März 1941 war diese Nachrüstung abgeschlossen. Erst ab 1943 war das Problem durch Einführung neuer Vergaser vollständig beseitigt. Eine weitere Schwäche war die relativ geringe Spurweite des Fahrwerks, was bei Landungen des Öfteren zu Unfällen führte.
Bausatz: An Spitfire Mk.I bzw. Mk.II hat es im Quarterscale nie wirklich gemangelt, bereits Aurora hatte sie ab 1954 im Programm. Es folgten Monogram, Revell, ICM, Hasegawa, Pegasus und in jüngster Zeit Tamiya und Eduard. Airfix hat bereits drei Anläufe genommen, eine Mk. I/II auf den Markt zu bringen: 1977 erschien eine eher einfach gestrickte, aber in Formen und Umriss korrekte Mk. Vb. Der zweite Versuch war 2007 eine Mk. I, die teilweise auf der Mk.Vb beruhte, aber mehr Teile aufwies mit versenkten Gravuren und einem besseren Cockpit. Letzter Stand der Entwicklung ist das Modell von 2014 aus neuen Formen, diesmal mit 133 Teilen. Der vorliegende Kit stellt eine Wiederauflage dieses Bausatzes mit neuen Decals und Bemalungsvarianten dar. Er präsentiert sich in der knalligen roten Hornby Stülpschachtel mit ansprechendem Deckelbild, einer dramatischen Szene aus der Luftschlacht um England. Verpackt in einen versiegelten Plastikbeutel für alle Teile und einen kleinen Extrabeutel für die Klarteile finden sich an fünf recht dünnen Gießrahmen aus hellblaugrauem, relativ weichem Plastik die genannten 133 Teile mit dünnen Angüssen, sauber gespritzt mit versteckten Auswerfermarkierungen und keinen erkennbaren Sinkstellen. Die großen Bauteile weisen allerdings deutliche Schlieren auf. Die Oberflächendetaillierung besteht aus ziemlich starken Gravuren, wenigen Nieten, einigen erhabenen Blechen und sehr prominenten Dzus-Schnellverschlüssen an der Motorhaube.
Der Kit bietet einige recht nette Features: das Cockpit ist dem Vorbild entsprechend "bodenlos" und bis auf die fehlenden Gurte komplett. Die Seiten sind als schalenförmige Einsätze ausgebildet, die zusätzlich einzelne Kästen und Hebel erhalten. Das Instrumentenbrett könnte etwas prägnanter dargestellt sein, die Instrumente sind flache Scheiben, die aber mit dem Instrumentendecal aufgewertet werden können. Der Sitz besteht aus fünf Teilen, eine zweiteilige Panzerplatte kann je nach Vorbild hinter dem Sitz eingebaut werden. Der Spant hinter dem Sitz hat angedeutete, aber nicht durchbrochene Lightning-Holes, hier ist evtl. Eigeninitiativer erforderlich. Der ringförmige Steuerknüppel, und die Ruderpedale sind separate Teile. Die Pilotenfigur hat zwei separate Arme, die nach Wunsch positioniert werden können. Er erinnert stark an die alten Airfix-Piloten aus den frühen 72er Kits. Für die Option geschlossene Haube muss leider der Rumpfausschnitt für das Heckfenster vergrößert werden. Schön ist andererseits die extra beiliegende Einstiegsklappe, so dass man bei der hier ebenfalls notwendigen Chirurgie nicht auf das herauszutrennende Teil achten muss. Für den Bereich vor dem Cockpitausschnitt bietet Airfix drei verschiedene Einsätze an, einer für ganz frühe Maschinen ohne Panzerung des vor dem Cockpit liegenden Tanks und für die ungepanzerte Windschutzscheibe, und zwei mit Tankpanzerung und Ansatz für die Panzerglasscheibe, die ich nicht wirklich unterscheiden kann, von denen aber eh nur eine für beide Decalvarianten zur Verwendung kommen soll.
Die klaren Teile sind dünn und durchsichtig, haben aber deutliche Schlieren. Der umfangreiche Klarteilast bietet drei Hauben, eine mit geraden Seiten und zwei mit unterschiedlich stark gewölbten Seiten. Dazu gibt es eine ungepanzerte Windschutzscheibe und zwei mit unterschiedlich dicken äußeren Panzerscheiben. Wer seine Haube geschlossen bauen möchte, erhält dafür ein einteiliges Stück aus Haube und hinterer Verglasung, muss dafür aber wie erwähnt etwas chirurgisch tätig werden. Wer die Haube zurückgeschoben zeigen möchte hat dafür aber ein separates hinteres Glasteil. In klar findet man außerdem zwei verschiedene Reflexvisiere, eine runde Scheinwerferabdeckung, eine Positionsleuchte und interessanterweise die Flügelendplatten für Clipped-Wing-Versionen, wahrscheinlich für eine Mk. V.
Die Fahrwerksschächte bestehen aus Vorder- und Hinterwand und zwei ringförmigen Auskleidungen. Die Räder sind einteilig, ohne Profil, ausgebeult und abgeflacht und besitzen schlitzförmige Aufnahmen für die Fahrwerksbeine, so dass sichergestellt ist, dass sie bündig mit dem Boden angebracht werden. Die separaten Felgen haben fünf Speichen. Apropos: ein sehr schönes weiteres Feature des Kits sind die genauen Gradangaben zur Ausrichtung der Fahrwerksbeine. Wer das Fahrwerk lieber eingezogen zeigen möchte, erhält zu diesem Zweck extra Radhälften und besondere Fahrwerksklappen.
Wer möchte, kann sechs der acht Waffenschächte offen darstellen, Chirurgie in Eigenregie, die Waffen und die Abdeckungen liegen bei. Sehr erfreulich ist die Tatsache der separaten Ruder, die beiden Höhenruder sind aus einem Stück, so dass man sie nicht versehentlich unterschiedlich weit ausgelenkt anbauen kann (gut für mich!). Für den fiktiven Vortrieb gibt es je einen Zweiblatt-Watts-Propeller, einen de Havilland und einen Rotol-Propeller, einen stumpfen und zwei spitze Spinner, letztere wohl eher für eine Mk.V. mit Rotol. Die Auspuffstutzen sind jeweils einteilig, rund oder Fishtail, leider aber nicht hohl (Quickboost hilf!). Die Kühler unter den Flügeln werden mit Gittern versehen, der große auch mit einer separaten Auslassklappe. Es gibt zwei verschiedene Pitotrohre, das frühe gegabelte und das spätere einfache und zwei verschiedene Antennenmasten, den frühen dünnen und den späteren breiteren mit dem kleinen Winkel für das Antennenkabel.
Bauplan/Bemalung: Die Bauanleitung führt auf 16 Seiten im typischen Airfix-Stil durch den Zusammenbau. Einen Teileplan sucht man leider vergeblich, dafür gibt es immerhin eine kurze Einführung in das Vorbild und einige technische Daten. Baugruppen aus der vorherigen Baustufe werden wie immer in Rot dargestellt um die Übersichtlichkeit zu verbessern (sehr gut!). Den Abschluss der Anleitung bilden zwei farbige Vierseitenrisse für die angebotenen Decalvarianten.
Der Decalbogen hat knapp A5-Größe und ist hochglanz-gedruckt. Ein Hersteller ist nicht ersichtlich, er ist also vermutlich ein Eigenprodukt. Er enthält einen Satz Kokarden, die individuellen Callsigns in Hellgrau und individuelle Abzeichen einschließlich eines Gaspatches. Für das Cockpit gibt es ein einteiliges klares Instrumentendecal. Für die zugeklebten Waffenläufe gibt es rote Klebestreifen und ansonsten reichlich Wartungshinweise. Die mageren zwei Decaloptionen ermöglichen den Bau folgender Vorbilder:
Fazit: Vergleichbar feine Details und Oberflächen wie bei diesem Kit kann man heute schon bei einem 1:72 Bausatz bekommen. Aber, wenn die Gravuren auch etwas stark sein mögen, so sind sie doch sauber und kontinuierlich gezogen, vom Mad Trencher der Matchbox-Ära sind wir hier weit entfernt. Ich hätte gern zusätzlich das gerade, ungewölbte Cockpitdach, um auch eine der ganz frühen Serien-Spits bauen zu können. Denn, der zweiblättrige Watts-Propeller, der ungepanzerte vordere Tank, der frühe Antennenmast und das frühe Pitot-Rohr dafür liegen ja schon bei. Ein paar mehr Decalvarianten wären ebenfalls nicht verkehrt gewesen. Insgesamt ist die Airfix Spitfire Mk.Ia aber ein Kit, der gute Qualität für relativ wenig Geld bietet und fast überall zu bekommen sein dürfte. Wer es beim Zusammenbau gern etwas leichter haben möchte, muss tiefer in die Tasche greifen für die neue Tamiya-Spitfire, wer feinere Gravuren und sehr viele Nieten mag, ist bei Eduard besser bedient. Trotzdem: Empfehlenswert!
Erhältlich bei gut sortierten Modellbauhändlern und für Händler bei Glow2B www.glow2b.de.
Utz Schißau (Berlin, Oktober 2020)
Literatur: