Vorbild: Die H-20-Baureihe stellte einen weiteren Versuch dar, die Heinkel He 111 an die Gegebenheiten der ab der Kriegsmitte auch an der Ostfront stets weiter schwindenden Luftüberlegenheit anzupassen. Obwohl mithilfe neuer, stärkerer Jumo 213 Triebwerke tatsächlich eine Leistungssteigerung erreicht werden konnte und die Abwehrbewaffnung um großkalibrigere MG 131 und MG 81Z mit höherer Schussfolge aufgerüstet worden war - auf dem Rumpfrücken im elektrisch angetriebenen Drehturm - konnten diese Maßnahmen nichts an der Tatsache ändern, dass die He111-Verbände von den überlegenen sowjetischen Jagdflugzeugen aufgerieben wurden. Dieser Flugzeug-Typ, der zweifelsohne zu Kriegsbeginn noch zu den besten Mittelstrecken-Bomber zählte, beendete seine Laufbahn gezwungenermaßen als Transportflugzeug..
Der Airfix-Bausatz repräsentierte zum Zeitpunkt seines ersten Erscheinens zweifelsohne eines der besten Modelle der He 111 im 1/72er Maßstab. Aufgrund der auch im Plastik-Modellbau unvermeidlich fortschreitenden Weiterentwicklung, stellt er heute einen eher schlichten Bausatz dar. Zu Recht wird sich manch Einer fragen, weshalb das englische Traditionsunternehmen Airfix nicht schon längst ein besseres Modell dieses weit bekannten Typs herausgebracht hat. Aber auch die He-111-Bausätze von Italeri und Frog (aus dessen Formen beispielsweise das Modell aus dem neu herausgekommenen Battle of Britain-Geschenkset von Revell stammt) wie auch jener der amerikanischen Fa. Lindberg werden aber ebenso noch immer angeboten. Diese sind allesamt ebenfalls recht betagt und werden trotzdem wie der Bausatz von der Insel in schöner Regelmäßigkeit wieder aufgelegt. Außerdem ist dieser Kit im Moment die einzige Nachbildung einer H-20-Baureihe im 1/72er Maßstab. Obgleich man nicht sicher sein kann, dass Italeri auch sein Modell einer H 22-Variante mit der Artikelnummer 022 (ebenfalls betagt und mehrfach aufgelegt), das darüber hinaus noch mit einer Nachbildung des Fi-103-/V1-Flugkörpers geliefert wurde, nicht doch ein weiteres mal als „limited Edition“ herausbringt.
Trotz seines hohen Alters, weist der Airfixbausatz aber interessanterweise die feinsten aufgesetzten Linien (aller anderen Mitanbieter von Raised Panels-Kits) auf. Auch die, für den Entstehungszeitraum wohl unvermeidlichen, Nietenreihen sind ebenfalls äußerst fein gehalten, so das sie eigentlich schon gar nicht mehr als störend empfunden werden. Abgesehen davon kann man sie ja auch entfernen, wenn man denn will. Außerdem bietet Airfix als einer der Wenigen einen einigermaßen authentisch wirkenden Cockpit-Fußboden an, welcher zumindest auch noch die Zwischenwand unterhalb der Beobachterliege darstellt. Allerdings ist die kleine Neigung der Liege zur Kabinendecke hin, dann schon nicht mehr berücksichtigt worden.
Genauso wird man weitere Details innerhalb der Inneneinrichtung vergeblich suchen, denn außer einem zufriedenstellend nachgebildeten He-111-typischen Steuerhorn, sowie zwei passablen Besatzungsmitglieder-Figuren liegt nichts anderes bei, womit sich das Cockpit vorbildgetreu gestalten ließe. Der mitgelieferte Pilotensitz entspricht in keinster Weise dem Original. Zumindest existiert aber eine Trennwand mit durchbrochenem Durchgang zur Kabine im Rumpf. Letztlich ist dies alles aber nicht so entscheidend, da die Klarsichteile aufgrund ihrer Stärke und dem dadurch hervorgerufenen Glasbaustein-Effekt sowieso nur einen mehr oder minder schemenhaften Einblick in das Kanzelinnere erlauben.
Die drei MG 131 und die beiden MG 81-Z-Maschinengewehre sind für einen Bausatz aus dieser Ära recht ordentlich und nicht allzu grob reproduziert. Auch die meisten anderen der insgesamt 79 Teile sind im Großen und Ganzen akzeptabel gestaltet. Lediglich die Frontpartien der beiden Motorgondeln wirken etwas zu glatt, da dort keinerlei Fugen oder besser gesagt Panel-Lines nachgebildet wurden. Auch das Fahrwerk ist etwas vereinfacht worden (fehlende Streben und keine richtig ausgebildeten Felgen). Der Rest des Bausatzes ist aber eigentlich in Ordnung, wenn man von dem nur spärlich ausgestalteten EDL 131-Drehturm absieht. Abschließend sollte noch erwähnt werden, dass auch die He 111-typischen großen Ruderhörner am Seitenleitwerk nicht besonders fein ausgeformt wurden. Allerdings gibt es dafür aber bewegliche Seiten- und Höhenruder sowie Querruder an den Tragflächen.
Letztendlich handelt es sich bei diesem Modell um einen überschaubaren, klassischen und weitestgehend stimmigen Bausatz, der auch noch (wie eigentlich jeder gute He-111-Kit) zwei schwere Bomben als Außenlasten besitzt. Darüber hinaus ist er, wie bereits erwähnt, die einzige H-20-Baureihe dieses berühmten deutschen Bombenflugzeugs im Maßstab 1/72.
Ein uneingeschränkt positiv lautendes Fazit zu fällen, ist leider nicht ganz so einfach, da der Ladenpreis für die neueste Wiederauflage verhältnismäßig hoch ist. Für diesen Betrag kann man nicht nur den etwas besser detaillierten Italeri He111-Bausatz, sondern sogar schon Revell`s Edition des Hasegawa-Kits bekommen. Berücksichtigt man ferner auch noch die momentan nicht flächendeckende Versorgung mit Airfix-Bausätzen im Fachhandel, so scheinen die Erfolgsausichten eingeschränkt. Somit bleibt dieser keinesfalls schlechte Kit höchstwahrscheinlich nur etwas für ausgesprochene Nostalgiker oder aber für Freunde der letzten He-111-Baureihen. Ein Schicksal das er meines Erachtens, nicht unbedingt verdient hat und für das, wie so oft, in erster Linie die Marketingabteilung Schuld trägt, die die ja Preise festlegt.
Ein kurzes Wort noch zur Passgenauigkeit. Aufgrund der alten Formen, findet sich an einigen Stellen nicht nur etwas Grat, sondern auch noch einige Einsinkstellen und Auswurfmarkierungen. Bei manchem Bausatz kann auch die eine oder andere Rumpf- oder Tragflächenhälfte leicht verzogen sein, womit der Zusammenbau weniger glatt von der Hand verlaufen dürfte und auch hier und da gespachtelt werden muss. Eine uneingeschränkte Empfehlung dieses Bausatzs auch für Anfänger, kann somit nicht ausgesprochen werden.
Die neue Aufmachung mit dem attraktiven Deckelbild in der roten Schachtel ist allerdings geeignet, insbesondere jünger Kunden anzulocken. Aber auch Enthusiasten werden der praktischen, Verpackung, der übersichtlichen Bauanleitung und den zwei möglichen Alternativen auf den Decalbogen etwas positives abgewinnen können.
Sdenek Nevole (Januar 2011)
Erhältlich sind die neuen (roten) Bausätze im gut sortierten Fachhandel oder für Händler bei Glow2b.