Vorbild: Das gemäß alter britischer Tradition einfach nur als "25-Pfünder" bezeichnete Geschütz mit seinem Kaliber von 87,6mm war wohl die bedeutendste Artilleriewaffe Englands während des zweiten Weltkriegs, wurde aber noch lange danach eingesetzt und dies gleichfalls bei den Armeen mehrerer Commonwealth-Staaten. Neben Effektivität und Zuverlässigkeit war auch eine Verwendung als Haubitze möglich. Die Bedienungsmannschafft umfasste (minimal) vier, regulär sechs Mann. Eine Protze war nicht unbedingt notwendig, da sich einiges an Munition auch schon innerhalb des Zugfahrzeugs verstauen ließ. Aufgrund der guten Erfahrungen erfolgte auch ein Einbau als Kanone in die Selbstfahrlafetten "Bishop" und "Sexton".
Als Zugmaschine diente überwiegend der vierradangetriebene Morris Commercial C8 FAT (Field Artillery Tractor), der bei der Truppe jedoch meist nur "Quad" genannt wurde. Dieses recht kantig gestaltete, sehr kompakte Fahrzeug besaß zwar ein martialisches Aussehen, war allerdings nicht gepanzert. Obgleich nicht viel länger als ein PKW, bot der Kurzhauber mit dem typischen "Beetle-Back"-Dach trotzdem der kompletten Bedienmannschaft Platz. Nach 1945 ist er zunächst im Korea-Krieg eingesetzt worden, verblieb aber noch bis in die sechziger Jahre im Bestand von Großbritanniens Armee. Bereits während des Zweiten Weltkriegs wurden zur Unterstützung der Engländer zusätzlich bei Ford und Chevrolet in Kanada noch äußerst viele - in der Formgebung allerdings gemäß den CMP-Richtlinien veränderte - Nachbauten gefertigt.
Bausatz: Dieses Set bestehend aus der Haubitze nebst Zugwagen sowie einer Protze erschien bereits 1963. Höchstwahrscheinlich dürfte hierfür das populäre Zinkdruckguss-Modell von Dinky Toys Pate gestanden haben. Der Airfix-Kit blieb seit damals jedoch stets lieferbar (zeitweise sogar auch von Tsukida aus Japan) und ist selbst heute noch im Hornby-Sortiment vertreten, wobei mit den Jahren einige Male der Firmenname "Morris" auf der kleinen Schachtel erschien und wieder verschwand. Auch wurde der Bausatz temporär schon mal dem Standardmaßstab, d. h. also 1/72, zugeordnet!
Mit korrekt 72 Teilen (Airfix vergaß bei seiner angegebenen Teileanzahl eine Radnaben-Kappe), inklusive sechs Figuren und vier dazugehörigen Ständerplatten, ist er nicht allzu komplex geraten und kann somit noch als anfängerfreundlich eingestuft werden. Die einfache Konzeption der Spritzlinge mithilfe von Mittelästen vermindert hier nicht nur den Plastikabfall, sondern begünstigt zudem etwas den Zusammenbau, da alle Teile, bis auf eines, nur einen Angusspunkt aufweisen. In Zusammenhang mit dem einigermaßen gratarmen Guss erleichtert dies das Versäubern der Teile. Nichtsdestotrotz wird auch bei diesem Kit der Weg zu einem anspruchsvollen Resultat durch zu viele Auswerfermarken erschwert, denn die Beseitigung dieser paarweise auftretenden Mulden bzw. scheibenförmigen Erhebungen nervt spürbar.
Der Detaillierungsgrad hingegen geht für den britischen HO-Maßstab noch in Ordnung, wobei das Quad in puncto Innenausstattung nur minimal gehalten ist. Lediglich Sitze und Lenkrad sind vorhanden, wobei einem jedoch die Fahrerfigur, wenn auch nur als Torso, behilflich sein kann. Fensterscheiben fehlen wieder mal völlig, zudem wurden dieses Mal auch noch die Scheinwerfer eingespart! Da die Fahrzeuge oftmals eh nur einen montiert hatten, sollte der Aufwand für einen Scratchbuild vertretbar sein. Die Seitenteile der Karosserie besitzen durchaus fein erhabene Gravuren, wovon einige sogar versenkt dargestellt wurde. Auch weist die Unterseite des Chassis, wie bei Aifix' kleinen Militärfahrzeugen immer, reliefartige Motor-, Achs- und Radaufhängungs-Nachbildungen auf. Die Ausformung von Radmuttern an den Felgen der Räder unterblieb hier jedoch, wohingegen die Narbenkappen zu groß geraten sind, was aber sicher nur der vorgesehenen Drehbarkeit der Achsen geschuldet ist. Bei den wenigen Bestanteilen der Protze macht sich die äußerst rationelle Konzeption der Einzelteile besonders bemerkbar. Zwar konnte die Komplexität der Gussform entscheidend vermindert werden, dafür sollte man aber vor dem Zusammenkleben besser erst ausprobieren, welche Wände konkret an die Front- bzw. Heckseite gehören.
Das Geschütz selbst geizt eher mit Oberflächendetails. Außer Nietenreihen findet man dort nämlich nicht mehr viel. Auch der Schutzschild überzeugt mich, obgleich mit Reliefs versehen, irgendwie nicht ganz. Erwähnenswert ist hierbei die Tatsache, dass man die Richtdrehscheibe mittels Drehung eines kleinen Bolzens in Feuerstellung absenken kann, damit sie ganz am Boden aufliegt.
Auch die Kanoniere sind definitiv keine Glanzleistung, denn deren Statuen-artige Posen, welche zudem nicht einmal ganz mit der Boxart übereinstimmen, erscheinen irgendwie zu gestellt, um realistisch zu wirken. Auch wenn sich jedoch oft genau solch kniende Haltungen auf zeitgenössischen Fotos wiederfinden. Das trifft dann auch auf den unter die Achsel eingeschobenen "Ladestock" des Befehlshabers der Bedienmannschaft zu. Wie dem auch sei, lässt allein schon die Ausmodellierung dieser eindeutig in 1/72 verkleinerten Figuren etwas zu wünschen übrig. Dies beginnt bereits an den signifikanten Teller-Helmen. Auch fehlt an den Battledress' noch so manches Detail! Da aber aus Polystyrol gespritzt, ließe sich durch "chirurgische" Eingriffe an der Gestaltung durchaus noch etwas verbessern. Auch ein Nachgravieren sollte bei diesem Material kein Problem darstellen. Für eine Ergänzung der fehlenden Uniformtaschen etc. bräuchte es dann keinen besonderen Klebstoff. Letzten Endes wäre jedoch ein Nichtvorhandensein der Kanoniere, die es übrigens auch noch beim "Bren-Carrier"-Kit gibt, sicher ein Nachteil, oder?
Aufgrund all dieser Unzulänglichkeiten dürfte es wohl niemanden groß überrascht haben, dass die Firma ESCI Ende der Achtziger ihre Chance nutzte und ein weit besseres Set, auch schon im 1/72er Maßstab, herausbrachte. Die Zugmaschine, welche es separat schon früher von dem Mailänder Hersteller gab, stellt hier korrekterweise jedoch einen CMP Ford GT (Gun Tractor) dar. Heute bekommt man das Set allerdings nur noch in einer Italeri-Schachtel, welche jedoch ungeniert die Firma Morris angeben. (Ob dies jetzt nur daran liegt, dass der riesige Ford-Konzern hierfür womöglich Lizenzgebühren fordern würde?!) Multi-Pose-Figuren, Innenausstattung, ein vollständiges Fahrgestell, eine viel besser detaillierte Haubitze sowie drei Decaloptionen dürften, zumindest meiner Meinung nach, den höheren Kaufpreis sicher rechtfertigen.
Airfix hingegen liefert jedoch nur ein paar wenige Abziehlider sowie das Emblem der 6th Armoured Division mit. Die ansprechende Boxart könnte dann einen dazu passenden Einsatzort darstellen, falls es sich bei den Gebäuden tatsächlich um Toskana-Häuser handeln sollte. Diese Einheit kämpfte sich nämlich nach dem Sieg in Nordafrika und der Landung in Sizilien nordwärts durch Italien durch. Die Bemalungsvorschläge sollten irgendwie noch authentisch sein, doch so weitreichend will ich hier nicht ausholen. Auf alle Fälle entspricht die Farbe des Plastiks nicht ganz dem britischen SCC (Standard Camouflage Colour), weshalb man seinem Modell auf jeden Fall einen authentischeren, grünlichen Grundanstrich spendieren sollte. Woher kommt dann das erdbraune Tarnmuster, falls man denn diesbezüglich Airfix vertrauen möchte? Im Kampf um Italien wurde bekanntlich schon das Mickey-Mouse-Ear-Tarnschema verwendet und die braunen Flecken fanden dadurch keine Verwendung mehr.
Fazit: Final betrachtet können, meines Erachtens, auch solche Bausätze noch ihre Berechtigung haben, da Newcomer hieran recht gut den Einstieg in die AFV-Sparte üben können. Genauso wie sich ggf. auch alle Dioramen-Bauer durchaus freuen sollten, hiermit recht preiswert ihre angedachten Wunsch-Projekte bereichern zu können. Ich selbst fände es gut, wenn man auch mal hiervon Starter-Kits anbieten würde, um mittels Zugabe von Klebstoff, Farben und Pinsel möglicherweise noch mehr Jugendliche für das Hobby Plastikmodellbau zu begeistern. Immerhin liegt hier nicht nur ein durchaus solider Easy-Kit vor, sondern auch ein gesuchter Klassiker mit unbestrittenem Nostalgie-Flair!
N. (März 2021)