Vorbild: Die Geschichte des Sturzkampfbombers Vultee Vengeance begann 1939 mit der Vultee Model 72 (V-72). Das Flugzeug war als einmotoriger Tiefdecker mit geschlossenem Cockpit für zwei Besatzungsmitglieder ausgelegt und wurde von einem luftgekühlten Wright Cyclone R-2600 Doppelsternmotor mit 1622 PS angetrieben. Die Vengeance Mk. I bis III war mit vier vorwärtsfeuernde 7,62-mm-MGs in den Tragflächen und zwei bewegliche 7,62-mm-MGs im hinteren Cockpit bewaffnet, bei der Mk.IV (A-35B) waren dies 12,7-mm-MG, ebenfalls vier in den Flügeln und ein bewegliches im Abwehrstand. Im internen Bombenschacht konnten zwei Bomben von 227 kg mitgeführt werden und zusätzlich zwei Bomben von 113 kg an Flügelstationen. Die Mk.IV (A-35B) konnten durch den stärkeren Motor eine größere Bombenlast an den Flügelstationen mitführen, dort waren nun zwei Bomben von 227 kg möglich.
Die V-72 wurde privat finanziert und war für den Export vorgesehen. Einige Exemplare wurden auch von der Firma Northrop gefertigt. Frankreich gehörte zu den ersten Kunden der V-72, aber durch die Niederlage 1940 wurde die Bestellung an Großbritannien umgeleitet, welches weitere Maschinen nachbestellte. Weitere V-72 wurden an Brasilien, China, die Türkei und die Sowjetunion verkauft.
Auch das United States Army Air Corps bekam Interesse an Sturzkampfbombern und bestellte oder rückbeorderte Maschinen. Diese Flugzeuge erhielten die Bezeichnung A-31. Die Weiterentwicklung der Vengeance wurde mit A-35 bezeichnet und mit einem stärkeren Wright Cyclone R-2600-19-Motor ausgestattet. Als die Produktion 1944 endete, waren insgesamt 1.528 Maschinen produziert worden.
Die Vengeance wurde von der Royal Air Force (RAF), dem Fleet Air Arm (FAA) und der Indian Air Force (IAF/RIAF) verwendet. Sie wurde am meisten in Burma von der RAF verwendet. 1944 wurden die Maschinen durch leistungsfähigere Jagd- oder mittelschwere Bomber ersetzt. Sie dienten danach als Trainer und Zielflugzeug. Für diese Rolle wurde sie komplett entwaffnet. Die FAA erhielt die Vengeance erst 1944/45 und brachte sie nicht mehr an die vorderste Front.
Australien bestellte nach Kriegsausbruch als Sofortmaßnahme 400 Vengeances. Die ersten Maschinen wurden im Mai 1942 geliefert. Bis April 1943 erreichten keine größeren Anzahlen das Land. Es gab deshalb kaum Einsätze der Maschinen. Im März 1944 wurden die Maschinen ausgemustert und durch B-24 Liberator ersetzt. Eine Bestellung von 58 Vengeances wurde storniert. Nur eine kleine Zahl blieb bis 1946 bei der RAAF im Dienst. (nach Wikipedia: Vultee A-31)
Dieser Bausatz ist schon seit langer Zeit angekündigt und wurde von vielen an den Luftstreitkräften des Commonwealth interessierten Modellbauern sehnsüchtig erwartet. Nun, nach mehrjähriger Wartezeit, ist er endlich erschienen. Im Karton befinden sich 4 graue Spritzlinge und ein Klarteil für die Kabinenverglasung, welches lose im Beutel herumschwappt. Der erste Eindruck ist ganz gut, denn die Gravur ist scharf und ebenmäßig ausgeführt.
Schnell merkt man aber, dass es sich hierbei um ein Kleinserienprodukt handelt. Die Oberfläche ist stellenweise rau und weist einige Macken auf. Die Hinterkanten aller Steuerflächen sind übermäßig dick. Fast überall ist Grat zu finden. Die Flügel und Höhenleitwerke sollen Stumpf an den Rumpf geklebt werden.
Für eine einfache Passprobe habe ich die Rumpfhälften und einen Flügel herausgetrennt. Das Material erinnert nicht nur optisch an eine Mülltonne. Auch beim Schleifen fühlt es sich irgendwie weich/gummiartig an. Beim Begriff „Schleifen“ dürfte auch schon klar sein, dass hier wenig auf Anhieb passt .. nun gut, es gibt die Vultee Vengeance - soweit ich weiß - nicht von einem anderen Hersteller in 1/48, also wird man sich hier durchbeißen müssen oder auf ein Modell der Vengeance verzichten.
Etwas enttäuschend finde ich auch die Ausstattung des Bausatzes. Natürlich gibt es von AZ Model zwei extra Ätzteilbögen (eigentlich 3, denn es gibt je eines für US und Commonwealth Cockpits) und Masken , die zusammen mit weiteren ca. 30 Euro den Bausatzpreis auf gute 70 Euro schrauben. Zumindest einen rudimentären Satz mit Instrumenten und Gurten hätte der Hersteller ruhig beilegen können. Das Cockpit sieht auch in Plastik ganz ordentlich aus, auch wenn man hier viel tun kann. Das lohnt aber nur, wenn man die Kanzel öffnet bzw. zumindest teilweise durch ein Tiefziehteil ersetzt. Auch für den Einbau der Abwehrbewaffnung, muss das Klarteil zersägt werden.
Die Sturzflugbremsen sind eingefahren dargestellt, der Bombenschacht ist geschlossen die Motornachbildung erinnert an 1/72er Bausätze aus den 70er Jahren. Die Bauanleitung ist ein einzelnes A4-Blatt. Die Bemalungsvarianten sind aber zum Glück auf der Rückseite des farbig bedruckten Kartons dargestellt.
3 Bemalungsvarianten der RAAF können dargestellt werden:
Die Abziehbilder wurden bei Eduard gedruckt und sind erfahrungsgemäß gut zu verwenden. Von einem „Super decal sheet“, wie auf dem Cover angekündigt, kann aber keine Rede sein. Leider ist die junge Dame für die erste Bemalungsvariante (Titelbild) eher rudimentär dargestellt, so dass zu hoffen bleibt, dass sich hier ein Hersteller für ein Ersatzmädel finden wird. Auch die Hamilton-Standard Propellerlogos sind etwas verdruckt, aber noch verwendbar.
Ein schönes Review mit Vergleichen und Vorbildfotos gibt es bei AussieModeller.
Fazit: Schön, dass sich ein Hersteller gefunden hat, den amerikanischen Sturzkampfbomber in 1/48 herzustellen. Leider ist AZ inzwischen zu einer Produktpolitik übergegangen, bei der weder Ausführung noch Ausstattung voll überzeugen können. Ich hab mir gleich nach Erhalt des Musters die Masken und Fotoätzteilsätze bestellt, wie gesagt für etwa 30€. Dies ist sicher nicht unbedingt notwendig. Wer Zeit und/oder Energie hat die Detaillierung in Eigeninitiative vorzunehmen, sollte dies tun. Für den Motor suche ich mir noch was Schickes bei Quickboost und Co.
Die Vengeance ist nun mal ein seltener Vogel, daher interessiert man sich entweder für das Thema und kauft den Bausatz oder man lässt es.
Erhältlich sind die Bausätze im gut sortierten Fachhandel oder direkt bei I.B.G. Modellbau ibgmodellbau.de.
Steffen Arndt, Barsinghausen (Oktober 2011)