Die Ankündigung für das erste Novemberfest im vorigen Jahr kam leider zu kurzfristig, als dass sie noch in die Urlaubsplanung des Jahres 2013 aufgenommen werden konnte, aber ich hatte mir fest vorgenommen in diesem Jahr einen Abstecher nach Obrnice zu machen. Wer schon länger die Seite besucht, wird sich an den gemeinsamen Besuch von Jean-Luc und mir im Jahre 2010 erinnern (Bericht), aber inzwischen hat sich Einiges getan und auch in diesem Jahr gab es wieder einige Umstrukturierungen, so dass sich ein Besuch sicher lohnen würde.
Wie gewöhnlich suchte ich Mitstreiter für dieses Vorhaben und da mein Dauerreisegenosse Jean-Luc mit dem häuslichen Vorstand keinen Ärger haben wollte und Volker etwas Zeit hatte, beschlossen wir gemeinsam nach Tschechien zu fahren. Am Freitag ging es gegen Mittag bei mir los – für Volker schon früher, denn er kam aus dem Ruhrgebiet, um mich aufzugabeln. Wir rechneten mit einer vollen A2 und leereren Nebenstrecken ... es kam leider umgekehrt, so dass wir etwas später ankamen als wir wollten. Besonders spannend war die abendliche - es kam uns allerdings schon wie tiefste Nacht vor - Fahrt über Zinnwald, denn hier war es bei aufliegender Wolkendecke schon richtig winterlich und ich war froh, mich an einen ortskundigen Autofahrer dranhängen zu können. Kurz nach sieben – wie geschrieben fühlte es sich wie kurz nach 12 an – kamen wir dann im Kulturzentrum Obrnice an. Auch ohne das streikende Navi haben wir uns nicht verfahren... es lebe Karte und Kompass.
Hier gab es nach einer kurzen Anmeldung ein erstes Kaltgetränk und eine Bockwurst. Bekannten wurden begrüßt und dann ging es hinüber ins Kommisionierungslager nach Most, um noch etwas Geld loszuwerden. Neben zwei aktuellen Neuheiten und einem PE-Satz waren vor allem T-Shirts auf unseren Einkaufslisten. Da es Volker draußen zu kalt und mir drinnen zu warm war, schlossen wir uns zwei sächsischen Mitstreitern an, die zum Begrüßungsabend zurück fuhren. So konnte anschließend gleich ausführlich gefachsimpelt und getrunken werden. Allerdings war der Last Call bereits um halb zehn. Dies jedoch aus gutem Grund, denn am nächsten Morgen ging es um 8 Uhr los...
Nach einer trotzdem kurzen Nacht im nahe gelegenen Hotel Joker und einem Frühstück fanden sich alle wieder im Kulturzentrum ein. Die Teilnehmer wurden auf 12 Gruppen zu 12 Personen aufgeteilt, darunter auch eine deutsche Gruppe. Unser „Führer“ Jan Zdiarsky machte aus uns kurzerhand die 11. Staffel. Die deutsche Übersetzung übernahm dessen Freund und Museumsmitglied Petr Frank, der zwar mit der Modellbauterminologie nicht vollständig vertraut war, aber die eine oder andere Anekdote sehr schon ausschmückte. An dieser Stelle nochmal vielen Dank für die unterhaltsame Führung!
Los ging es für die JaSta 11 mit einer einstündigen Einführung in die Geschichte eduards. Da wir diesen durch Wladimir Schulz (Sulc) präsentierten Abschnitt mit einer tschechischen Gruppe gemeinsam absolvierten, war die „Simultan“-Übersetzung gleich eine große Herausforderung für Petr. Es war schon hilfreich, die Eduard-Info (ein Online-Newsletter der Firma) mit der Firmengeschichte gelesen zu haben. Aber auch wenn nicht war die Präsentation interessant und unterhaltsam. Es ist allerdings etwas irritierend, wenn über den selben Witz zweimal gelacht wird ;). Die Anfänge Eduards ware eher bescheiden in einer Neubausiedlung in Obrnice, doch so nach und nach mauserte sich die Firma zu einem ernstzunehmenden Modellbauhersteller. Wladimir Schulz beschrieb diesen Werdegang mit der befreundeten Konkurrenz (MPM) und Vereinbarungen zur beiderseitigen Unzufriedenheit, dem mehrfachen Technologiewechsel von der sehr bescheidenen Ex-Wäscherei bis zum Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern.
Nun ging es zum Formenbau. Hier wurden die unterschiedlichen Technologien der Eduard-Modelle vorgestellt. Von den Shortrun-Formen aus galvanisch beschichtetem Resin bist zu den elektro-abrasiven Verfahren zur Gestaltung der aktuellen Aluformen schlug sich der Bogen. Die dazu verwandten Maschinen und Verfahren wurden uns in Aktion gezeigt. Die ausgestellten Elektroden gaben schon einen schönen Einblick auf Dinge die noch kommen. Auch einen Blick auf den Formenpool konnten wir werfen. Hier wurde schon ein durchgängiges Motiv bei Eduard offensichtlich. Fast überall kann man historische Originalteile sehen. (hier z.B. Bleche einer P-39).
Im Anschluss konnten wir die Formen in Aktion sehen und uns die ersten Teile des Novemberfestbausatzes (72er F6F5 Hellcat) in die vorbereiteten Tüten stecken. Wie häufig am heutigen Tage selbst gemacht! Naja, zumindest auf den Knopf hab ich gedrückt. Auch hier wurden Maschinen und Materialien vorgestellt. Besonders interessant war die Abfallkiste, die von den 72er Fans prompt geplündert wurde, um so an erste Teile der Avia B.534 zu kommen. Eigentlich sollten diese den Beteiligten einen Schauer über den Rücken jagen, wenn sie im Materialvorbereitungsraum geschreddert worden wären. C'est la vie!
Der Stationswechsel wurde übrigens halbstündig mit lauter Sirene angekündigt und nach 15minütiger Übergangszeit ging es dann weiter. An dieser Stelle gleich mal ein Lob an Eduard und die Verantwortlichen: Die gesamte Organisation des Wochenendes war hervorragend(!!!). Überall in den Wartezonen gab es Getränke die natürlich irgendwann auch durchlauferhitzt waren... Womit wir auch zum Nächsten kurzen Abschnitt kommen: der modernen Kläranlage. Jan meinte, dass das Wasser sauberer bei Eduard raus kommt, als es angeliefert wird. Spaß beiseite: Gerade der Ätzprozess macht aber eine solche Einrichtung zwingend notwendig, da hier doch einiges an Abwasser produziert wird.
Als nächstes ging es zur Designabteilung für die Fotoätzteile. Dazu werden Foliensätze erstellt, mit denen die Platinen beidseitig belichtet werden, teilweise auch mehrfach bzw. mit mehreren Schutzlackschichten, um die entsprechende Detaillierung des Metalls zu erreichen. In dieser Abteilung werden auch die PE-Sätze probeweise in die Modelle gebaut, um zu sehen, ob alles passt. Niemand sollte entmutigt sein, wenn seine Modelle nicht ganz so sauber aussehen, hier sind Profis am Werk. Und zwar für alle Bereiche, denn bei der Konstruktion wird thematisch nicht nach Flugzeugen, Schiffen oder Panzern aufgeteilt. Einige der neuesten Sätze waren auch gleich zu bewundern. Weiterhin werden hier auch die Bauanleitungen entworfen. Dies ist übrigens ein recht aufwendiger Prozess, was man beim Betrachten der Blätter gar nicht sofort vermuten würde.
Nach einem kurzen Abstecher in die Marketingabteilung, wo Jan noch einige Dinge erledigen musste, ging es dann wieder in den Keller zur Ätzteilabteilung.
Hier zeigte uns Martin Nademlejnski, wie die beschichteten Metallplatten mit Hilfe der Foliensätze belichtet, dann entwickelt und entlackt werden. In einer Art Produktionsstraße werden dann die überflüssigen Bereiche herausgeätzt, die Platinen gespült, vom Schutzlack befreit und nochmals gespült. Wegen der gefährlichen Substanzen schritt hier nicht jeder selbst zur Tat, sondern es wurde „nur“ alles gezeigt. Der Boden besteht in dieser Abteilung aus säurebeständigen Platten, die auf Rahmen aufliegen. Für mich war das nichts, denn das ewige Geschaukel machte mich seekrank. Leider habe ich Jans Vorführung der Spülanlage im Falle einer Kontaktaufnahme mit den Säuren bzw. Laugen fotografisch verpasst.
Als Nächstes ging es zur Druckabteilung, wo ein Teil der Ätzbögen farbig bedruckt wird. Auch hier wurde alles gezeigt, aber nicht selbst durchgeführt. Wahrscheinlich gäbe das auch zu viel Ausschuss und wäre zu teuer. Als Abschluss erhielt dann jeder ein Tütchen mit den Ätzteilen für die Hellcat und die Masken, welche Eduard wohl nicht in Obrnice fertigt. Wie im Fluge war der Vormittag vergangen und es ging wieder ins Kulturzentrum zum Essen fassen. Wer mich kennt, kann nachvollziehen, dass ich nach dem Teller Gulaschsuppe mit Brot nicht pappsatt war. Aber es war völlig ausreichend, um den Nachmittag zu überstehen. Nach der Mittagspause ging es also wieder über den Platz zu eduard.
Steffen Arndt, Barsinghausen (Dezember 2014)
Fotos: Volker Helms/ Steffen Arndt